Ein AOK Versicherter berichtet. November 2008

Ich bin der Karlah und jetzt 83 Jahre alt. Ich habe Europa schon im Krieg vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer gesehen und erlebt. Ein Erinnerungsstück hat man mir damals in Rumänien verpasst, eine Kugel aus einer russischen Maschinenpistole zwischen Harnleiter und Wirbelsäule. Mit meinem körperlichem Zustand bin ich zur Zeit recht zufrieden. Ich habe eine Ischämie ganz gut überstanden. An meinem Herzen sind zweimal neue Bypässe genäht worden. Ich habe die alte Alte-Männer-Krankheit an der Prostata mit der erforderlichen Behandlung. Mein Magen verträgt alles „wie ein hochherrschaftlicher Mülleimer“. Ich kann noch recht flink die Treppen laufen und alle meine Glieder recht gut gebrauchen, und Luft dazu bekomme ich genug.
Ich wurde 1942, nach der Berufsfachschule, Lehrling in einem Handwerksbetrieb.
Ihr wisst das, damals konnte man sich die Krankenkasse nicht aussuchen. Als ich mich 1954 selbstständig machte, hätte ich in eine private Versicherung abschließen können, aber damals war mein Geld noch knapp, und ich blieb freiwillig in der AOK.
Ich will hier über die Ischämie berichten. Im Februar 1993, seit drei Jahren hatte ich meinen Betrieb an meinen jüngsten Sohn übergeben, war ich an einem kalten Wintertag wie immer gegen sieben Uhr aufgestanden und trat im Unterhemd wie immer vor meinen Rasierspiegel. Über unserem Waschtisch hängt ein großer ovaler Spiegel mit der Breite waagerecht montiert. Links und rechts unmittelbar daneben zwei Wandlampen. Neben dieser Wandlampe hängt dort links mein Rasierspiegel, ein Hohlspiegel, ein Qualitätsprodukt der Firma Grohe, in der Höhe verstellbar, der Abstand zur Wandlampe sind knappe 30 cm. Ich stand also kurz vor diesem Spiegel mit dem Rasierer in der Hand und sah, das ich die Wandlampe rechts nicht mehr sah. Beim Frühstück besprach ich dieses Phänomen mit meiner Frau, um zwanzig nach Acht war ich in der Praxis des Hausarztes und hatte bald die Überweisung zum Augenarzt, der war mir altbekannt, er hatte meine Brille verschrieben. Wenn Sie ohne Termin zum Augenarzt gehen, brauchen sie nach Meinung der Damen dort einen dringenden Grund und sehr viel Durchsetzungs-vermögen. Ich saß also etwa 9 Uhr15 im Wartezimmer des Augenarztes auf einem Stuhl.
Um 11 Uhr15 wurde ich ins Sprechzimmer gelassen, der Arzt untersuchte mein rechtes Auge. Ohne Befund, das wird von ihrem Sehzentrum im Gehirn kommen, da müssen sie sehen, wo sie heute noch einen Termin bekommen für eine Untersuchung in der Röhre. Er
meinte das wäre an einem Freitagnachmittag wohl schwierig. Er telefonierte kurz mit meinem Hausarzt und dort konnte ich dann den Zettel für diese radiologische Untersuchung abholen. Für mich war das nicht schwierig. Ich habe es in der nahen Kreisstadt garnicht erst versucht. Es war 12Uhr. Von der nächsten Telefonzelle rief ich meine Frau an: Es ist eine ernste Sache, ich muß heute noch in die Röhre. Meine Frau holte mich an der Telefonzelle ab, sie hatte für mich zwei belegte Brötchen dabei und wir fuhren sofort weiter, neunzig Kilometer weit in die nächste kleinere Großstadt. Dort im Krankenhaus steht eine Röhre und sie wird von unserem ältesten Sohn bedient. Meine Frau hatte ihn schon angerufen und er hatte seinen Professor schon um diese sofortige Untersuchung gebeten. Schon vor Halb2 lag ich in der Röhre, das Ergebnis: Sie haben eine kleine Ischämie in ihrem Sehzentrum, da ist wohl irgend ein Blutgerinnsel hinauf geschossen, es muß sofort behandelt werden, sie müssen hierbleiben. Sofort wurde ein Venenzugang gelegt und schon hing ich an der Flasche. Unser Sohn, jetzt fünfzig Jahre alt ist Radiologieassistent, er leitet in diesem Krankenhaus schon seit cirka 1983 die Röntgenabteilung, er kennt alle diese Maschinen. Er steht tagtäglich mit seinem Professor vor den erzeugten Bildern und man diskutiert, was man sieht. Gemeinsam erstellen sie die jeweiligen Diagnosen.
Da lag ich also. Bitte rechnen sie mit: Um sieben Uhr15 stelle ich fest, mit meinem Auge stimmt irgend etwas nicht, um zwei Uhr15 gab es die Diagnose, das sind
sieben Stunden nach meinem ersten Erkennen der Krankheit. Allgemein ist bekannt, jede Minute zählt, nach höchstens 3 Stunden muß die Behandlung begonnen sein. Vormittags Infusion, Nachmittags Infusion, es zeigte sich keine Besserung. Ich fühlte mich körperlich nicht krank. Wenn keine Infusion anlag, marschierte ich strammen Schrittes über die Gänge, hin und her und her und hin. Wie ein Tiger im Käfig. So fühlte ich mich auch. So ging das 10 Tage und ich durfte mit meinem Sehschaden nachhause.

Das war eine der ärztlichen Fehlleistungen, von denen man jetzt schon mal öfter liest oder hört.

Karlah grüßt, er ist noch fit. 01.November 2008

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