spät dran

So langsam hört es auf zu regnen. Ich bin spät dran. Eigentlich müßte ich bereits angekommen sein. Es sind höchstens noch 30 Kilometer und meine Schwester wird sich schon Sorgen machen. Mein Rudolf, das alte Renntier, hat es mittlerweile auch aufgegeben, Rauchzeichen zu geben. Bringt auch nichts, meine Schwester kann es auf 30 kilometer eh nicht sehen.

Ich beschließe, erst einmal ein Warndreieck aufzustellen. Habe keine Lust in die Kaffeekasse der Polizei einzuzahlen. Dann bekommt Rudolf Wasser und ich versuche ihn zu überreden. Nee, Rudolf hat keine Lust mehr. Die Kopfdichtung ist es nicht. Es klingt irgendwie so, als wenn der Zahnriemen gerissen ist. Rein rechnerisch hätte der aber mindestens noch 20.000 Kilometer halten müssen, rein theoretisch.

Ich greife mir einen größen Putzlappen, postiere mich am Rand der Autobahn und beginne den Lappen durch die Luft zu wedeln. Komisch, bei der Formel 1 nehmen die Fahrer sofort das Gas weg. Hier nicht. Das liegt sicher daran, daß mein Putzlappen nicht schwarz-weiß kariert ist.

Nach langer langer Zeit begreift jemand, das da jemand ist, der ein Problem hat und der Hilfe braucht. Ich bekomme ein Handy und gebe dem ADAC mein Problem und meine Koordinaten durch. Man verspricht mir umgehend einen Abschlepper zu schicken. Nun heißt es warten. Nach reichlich einer halben Stunde fliegt Christopher vorbei. Ich finde das sehr aufmerksam, spekuliere schon darauf, daß vielleicht Notrationen abgeworfen werden. Christopher beachtet mich nicht, fliegt einfach weiter. Es ist nichts mit einer leckeren Notration.

Nach einer Weile taucht ein kleiner gelber ADAC-Opel auf. Nee, er sei nicht die versprochene Hilfe, sei nur zufällig vorbei gekommen und wolle mal sehen, ob er etwas für mich tun kann. Ich finde das sehr nett, obwohl es hier auch keine Notration gibt. Wir begucken uns das Malheur. Der nette Herr vom ADAC folgt meiner Diagnose, das da nicht mehr zu löten ist, gibt mir noch ein paar gute Ratschläge und fährt weiter.

Dann endlich, mittlerweile guckt die Sonne durch die Wolken und versucht den Regen aufzuschleckern, kommt der versprochene Abschlepper und bald darauf bin ich in Dresden am Ziel. Anders als ich es mir vorgestellt hatte, aber immerhin.

Meine Familie hatte mich schon zur Fahndung ausgeschrieben. Alle sehen mich von komisch, belustigend bis mitleidig, verächtlich an. Ein Exot! Jemand, der ohne Handy durch die Gegend fährt, das beschäftigt die Gemüter. Ein Außenseiter der Gesellschaft. Das mein Auto breit ist, das ist kein Thema.

Der Urlaub kann beginnen. Frankreich, ich komme. Morgen!

Übrigens
Goethe war 1786 in Italien und hatte auch kein Handy dabei! Oder?

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