Lebenslauf Kapitel 6

Kapitel 6

Die Schulzeit näherte sich dem Ende, ich bin nie sitzen geblieben, bekam immer die Tür ins Kreuz und war durch.
Aber jetzt ging es um das Abschlusszeugnis, um die Reife.
In der damaligen Zeit wurde noch in allen Fächern geprüft, nicht wie heute, wo man es sich aussuchen kann. Mathe war eine glatte 5. Damit hatte ich keine Chance. Aber Fremdsprachen lagen mir, und ich gab in den letzten Schuljahren Nachhilfestunden. Diese Tätigkeit wurde gewürdigt und meine Mathe 5 in eine 4 umgewandelt, sehr schmeichelhaft, aber ich hatte es geschafft. Hurrah!
1952 war es nicht leicht eine Lehrstelle zu erhalten. Auch wer nur Tankwart werden wollte, musste das Abitur haben. Ich hatte Glück, meinen Stiftzahn hatte ich zum Schulabschluss erhalten. Sprachen waren mein Hobby und so bewarb ich mich in einem Hotel, um das Hotelgewerbe zu erlernen. Das Hotel lag in einer Nebenstraße meines Zuhauses.
„ Hotel am Steinplatz“, ein führendes Künstlerhotel zu dieser Zeit. Inhaber der Innungsobermeister Herr Zellermayer . Wer sich von den Lebensälteren daran erinnern kann, er war in meiner Lehrzeit mit der Filmschauspielerin Winnie Markus verheiratet.
Wie üblich dachte ich erst als Page dann als Koch usw.
Nein, für einen Pagen war ich schon zu alt, also gleich ins Restaurant und die Kellnerlehre antreten. Mein Hinweis, ich würde gerne als Kochlehrling beginnen, wurde vom Tisch gewischt mit dem Bemerken ich wäre zu schmächtig für diesen Job. Gut, ich wog schließlich nur 56 Kilo.
Eine tolle Karriere vor Augen fing ich an. Und träumte.
Lehre beim Innungsobermeister, prima. In der Lehrzeit weiter Sprachen lernen. Geld sparen. Nach der Lehre zur Hotelfachschule nach Heidelberg, dort studieren und alle namhaften Häuser in Deutschland reißen sich um mich. Einige Jahre in Deutschland arbeiten, weiter Geld sparen und dann auf die Internationale Hotelfachschule in Genf gehen.
Wenn die beendet ist, mit Erfolg natürlich, dann Welt ich komme. Hotels in aller Welt wollen mich. Ich sah mich schon als Hoteldirektor.
Wie alle Träume nur Schäume.
Auch beim Obermeister waren die Arbeitsstunden für Lehrlinge zwar festgelegt, aber keiner hielt sich daran. Von Morgens um 06.00 bis 12.00 Uhr und abends noch einmal von 18.00 bis 22.00 Uhr. So stand es auf dem Plan. Die Wirklichkeit sah anders aus. Um 12 Uhr konnte ich nicht gehen, es war ja Mittagzeit und Stoßgeschäft, also wurde es 14 Uhr. Abends um 22 Uhr gehen, völlig unmöglich, die Kinos und Theater waren aus und die Gäste kamen. Es wurde manchmal sogar 01.00 Uhr bis ich gehen konnte. Lehrjahre sind keine Herrenjahre sagte mein Vater und ich fügte mich. Der Lohn betrug ohne Kost und Logis 20.-DM im Monat im ersten Lehrjahr. Prima. 20 DM musste ich meiner Mutter abgeben, mein Vater und mein Bruder waren arbeitslos.
Arbeit ohne Lohn, nichts mit Sparen. Sprachen weiterlernen ade. Hotelfachschule löste sich in Wohlgefallen auf.
Ein weiterer Lehrling war im zweiten Lehrjahr und der faselte etwas von der Bereitschaftspolizei. Dort ist man in einer Kaserne, weg von Muttern, und erhält jeden Monat alle 14 Tage 42.-DM. Na, das hörte sich doch gut an.
Meinem Vater diese Möglichkeit vorgetragen, der war gleich dafür, weil selber alter Staatsangestellter. Die Lehre gekündigt und mich bei der Bereitschaftspolizei beworben.
Prüfung und körperliche Untersuchung bestanden und nun bitte warten.
Einstellungstermine waren immer der 1. April und der 1. Oktober. Ich wartete auf meinen Termin am 1.Oktober 1952. Denkste. Da ich erst im November meinen 17 Geburtstag hatte,
musste ich bis zum April des kommenden Jahres warten.
Es begann gut ein ¾ Jahr Gammelzeit. Geld wurde durch Buntmetalldiebstahl und durch Schmuggel mit Zigaretten beschafft, aber auch Schneeschieben bei der Stadtreinigung, die Aushilfspersonal suchte in diesem Winter für 9.50 DMvon
06.00 bis 14.oo Uhr waren angesagt, Geld auch gleich ausgezahlt
Heureka der Tag war gelaufen. Und da nun mein Gebiss in Ordnung war, legte ich los.
Ich wollte nun alles nachholen was mir so lange versagt blieb. Es war nicht zu meinem Besten. Das weiß ich heute.
Kneipen mit Musik wurden meine zweite Heimat. Alkohol fing an eine Rolle zu spielen.
Jeder Motor braucht schließlich Sprit um zu fahren. So war meine Ausrede.
Auch die Mädchen, die ich nun kennen lernte waren nicht die, die ich meinen Eltern hätte vorstellen können.

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