Nichts geht ohne Eisenbahn

Diese Nacht hat es gewittert – die ganze Nacht, ohne Pause. Das Meer war hell erleuchtet. Die Engel haben gekegelt was das Zeug hält. Unser Haus steht prädestiniert für einen Blitzschlag. Daran musste ich die ganze Zeit denken. Alleinlage auf einer Klippe. Gott sei Dank sind die Blitze alle ins Meer geschlagen.

In Riomaggiore grummelt es auch ohne Gewitter. Das dumpfe Dröhnen der Züge, wenn sie durch den Berg angeschnauft kommen, ist allgegenwärtig. Unser Haus steht fast senkrecht über dem Tunnel. Von früh morgens bis abends, ich schätze mal alle 30 Minuten, rollt ein Zug durch. Nicht dass es störend wäre – ein Haus direkt neben einer Eisenbahnstrecke wäre sicher viel extremer – aber Mangels anderer Geräusche von Kraftfahrzeugen fällt das doch auf. Langsam kann ich die Uhrzeit daran erkennen, wenigstens bei den drei bis vier Zügen, die wir ständig nehmen.

Die italienische Staatsbahn wird sehr gut angenommen, jedenfalls in der Ecke, wo wir jetzt gerade sind. Vor allem die Touristen halten sich an die einschlägigen Hinweise, um Himmelswillen nicht mit dem eigenen PKW anzureisen. Parkplätze sind Mangelware. Eine Stunde Parken kostet 3,50 €. Für das Geld fährt man mit der Bahn in ein Nachbardorf und wieder zurück. Dazu kommt, dass die Straßen eng, kurvenreich und steil sind. Wir wollten eigentlich mit dem Landrover anreisen. Gott sei Dank haben wir darauf verzichtet.

Einen Nachteil hat die Bahn hier aber doch. Als die Tunnel gebaut wurden, musste man sich überlegen, wie man die Dörfer an die Schiene anschließt. Von oben ins Tal rein, unten in den Bahnhof , kurz wenden und wieder hoch, das geht logischerweise nicht. Also hat man die Tunnel so gebaut, dass sie auf der einen Seite des Tals aus dem Berg kommen und auf der anderen Seite wieder im Berg verschwinden. In Riomaggiore gibt es zwei parallele Täler. In einem steht das Hauptdorf, im anderen befindet sich der Bahnhof. Beide Täler sind in Ihrer Sohle so breit, dass rechts am Hang ein Haus steht, dann kommt die Dorfstraße, die zum Meer hinunter führt und am linken Hang steht wieder ein Haus – ich schätze die Gesamtbreite mal auf maximal 40 Meter. Jetzt komme ich zu dem von mir empfundenen Nachteil:

Die Dörfer wurden beim Bau der Bahn, um es gelinde zu sagen, zerschnitten. Mitten in seiner schönsten Dorfstruktur kommt die Bahn aus dem Berg. Sie fährt im Hauptdorf dabei nicht im Freien sondern in einem extra gebauten Tunnel – ein riesiges und monströses Bauwerk, dass die gesamte Talsohle von rechts bis links einnimmt. Das Unterdorf ist dadurch vollkommen abgeschnitten und nur erreichbar, wenn man mittels Treppen über dieses Bauwerk steigt. Selbst wenn man wollte, mit dem Auto kommt man da nicht rüber. Ich nehme an, dass es Aufstände gegen diesen Bau gegeben hat. Das hätte man bestimmt besser lösen können. 3 Meter höher und die Bahn wäre auf einer Brücke über das Tal gefahren.

Die Architekten haben das Teil natürlich optisch aufgepäppelt, damit der Tourist nicht merkt, was hier abgeht. Treppen muss man im Ort sowieso immerzu steigen, da merkt man es vielleicht nicht, was da hingestellt worden ist. Aber ich glaube nicht, dass alle Einwohner mit dem Bauwerk einverstanden waren, als es gebaut wurde. Fairer Weise muss man aber sagen, dass die Anbindung an das Eisenbahnnetz eine unheimliche Erleichterung für die Beweglichkeit der Einwohner der Cinque Terre war.

Gerade rollt der 19.00 Uhr- Zug durch. Zeit, das Weblog abzuschicken.

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