Luther und die schöne Unbekannte

Zum Lutherjahr habe ich für unsere Senioren Theatergruppe der Friedenskirche Mannheim einen kleinen Sketch geschrieben. Ich habe zwar mit Kirche nichts am Hut, aber das Thema hat mich schon gereizt. Also:

Luther und die schöne Unbekannte

Luther steht mißmutig vor dem Kreuz und betet. Eine elegante Frau mit Hut nähert sich ihm leise von hinten. Luther bemerkt sie plötzlich und erschrickt.

Luther: Mein Gott, haben Sie mich erschreckt! Müssen Sie so schleichen?

Dame: Verzeihen Sie, aber ich trete nie sehr laut auf.

Luther mustert sie mit wohlgefälligem Blick.

Luther: Sind Sie zum Beten gekommen? Wie kann ich Ihnen helfen?

Dame: Mir? Gar nicht! Ich bin bereits auf dem rechten Weg. Und im Beten habe ich nicht so viel Übung. Aber vielleicht kann ich Ihnen helfen.

Luther: Dann sollten Sie damit anfangen, Soll ich Ihnen die Beichte abnehmen?

Dame: Zu gütig, aber soviel Zeit haben Sie nicht.

Luther seufzt und dreht sich resignierend wieder zum Kreuz. Plötzlich besinnt er sich und ruckt herum.

Luther: Was soll das heißen: „Vielleicht kann ich Ihnen helfen?“ Mir ist nicht zu helfen. Ich bin hier sehr gut versorgt.

Dame: Wirklich, Herr Luther?

Luther: Natürlich! Woher kennen Sie mich überhaupt?

Dame: Ich kenne die meisten Menschen. Also was bedrückt Sie?

Luther: Eigentlich nichts. Nur könnte es hier im Skriptorium etwas wärmer sein. Ich übersetze gerade die Bibel, müssen Sie wissen und da friert man sich den Ar…Allerwertesten ab. Außerdem taugt der Fraß hier im Refektorium nichts. Der Koch ist eine Ausgeburt der Hölle.

Die Dame kichert amüsiert. Sie antwortet geheimnnisvoll:

Dame: Na, das wüßte ich aber!

Luther: Außerdem habe ich wahnsinnige Kopfschmerzen. Als ob ein Dämon in meiner Stirn wohnt.

Dame: Da kann ich Ihnen helfen. Lassen Sie mich mal. Dämonen hören für gewöhnlich auf mich.

Die Dame nähert sich Luther und legt ihre Hand auf seine Stirn.

Luther: Phanstastisch! Wie haben Sie das gemacht? Das ist ja göttlich!

Dame: Nicht ganz! Ich kann Ihnen alles besorgen. Alles was sie brauchen und noch vielmehr: Einen Ofen, leckere Mahlzeiten jeden Tag…

Sie nähert sich ihm, schaut ihm tief in die Augen und flüstert:

Dame: …oder schöne Frauen…

Luther wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Luther: …und was wollen Sie dafür?

Dame: Ich habe etwas in Ihrem Buch geblättert als Sie gerade mal … naja … da waren, wo auch der Kaiser zu Fuß hingeht. Sie haben da aber gar nicht schön von mir gesprochen.

Luther: Von Ihnen! Hahaha! Das fehlte noch! Das Buch der Bücher handelt nicht von herausgeputzten Damen mit ulkigen Hüten.

Dame: Doch, doch. Besonders in der Offenbarung des Johannes oder im zweiten Korintherbrief.

Die Dame lächelt überlegen und listig und nähert sich Luther und will ihn mit ihrer Hand berühren, doch Luther begreift und springt davon.

Luther: Gottseibeiuns! Der Leibhaftige! Vade retro, satanas! Weiche von mir!

Luther beruhigt sich schnell und geht wieder auf die Dame zu. Er betrachtet sie von oben bis unten.

Luther: Nein, nein! Du bist nicht der Teufel! Den kenne ich. Der hat Hufe und Hörner, und … äh! … einen Schwanz.

Luther tritt noch näher und schnuppert.

Luther: Außerdem riecht er nach Schwefel und nicht nach Patchouli.

Dame: Ich bin eben kundenorientiert. Wenn man hinter den Seelen der Menschen her ist, muß man sich effiziente Akquisestrategien ausdenken, und damit bin ich sehr erfolgreich…

Luther: Bei mir nicht! Meine Seele kriegst Du nicht!

Dame: Was muß ich tun, damit Du mir Deine Seele überschreibst?

Luther sinniert, blickt zum Kreuz und wieder zurück zur Dame.

Luther: Bleibe ein ganzes Leben lang in dieser Gestalt und werde meine Ehefrau!

Sie starrt auf Luthers Bauch.

Dame: Nein! Nein!! Nein!!! Das ist zuviel! Das ist selbst für mich ein zu schweres Schicksal! Das ist Deine Seele nicht wert!

Sie rennt schreiend davon. Luther atmet auf.

Luther: Uff! Gut, daß sie nicht „ja“ gesagt hat. Da nehm ich wohl doch besser die Katharina. Die stellt sich wenigstens nicht so an…

Ähnliche Beiträge

Kommentare

Verstoß melden

Schließen