Der ungleiche Kampf im Schlafzimmer

Der ungleiche Kampf im Schlafzimmer (IHausH)

Dieses Abenteuer fand vor einigen Jahren statt.
Insekten sind wichtige Tiere im Haushalt der Natur. Draußen im Freien habe ich nichts gegen sie - doch kommen sie in die Wohnung gekrochen, geflattert, gebrummt oder geflogen - flippe ich aus.

Samstag abends gegen 23 Uhr, sagte ich meinem Mann: "Ich bin müde, gehe ins Bett". Gesagt - nicht getan! Ich reiße meine müden halbgeschlossenen Augen vor Entsetzen auf. Einen Meter vor mir am unteren Rand der weißen Tüllgardine sitzt ein riesiges pelziges Ungeheuer. Wie gelähmt starre ich auf das Gräßliche, das mein allmahlich wieder arbeitende Vertand als eine "harmlose" Hummel identifiziert ("harmlos" für die Glücklichen,'die unter keiner Insekten-Phobie innerhalb der Wohnung leiden!)

Alle meine Selbstbeherrschung nehme ich zusammen und gehe im Zeitlupentempo auf das regungslos verharrende Tier zu. Immer noch im Zeitlupentempo, den starren Blick auf das Ungeheuer gerichtet öffne ich engelsleise einen Fensterflügel, hebe mit allergrößten Vorsicht die Gardine, hänge sie nach draußen - der Pelz hat sich nicht bewegt - und schüttle plötzlich und heftig die Gardine mit der jetzt nach draußen hängenden Hummel.

Doch, o Schreck, was tut das blöde Tier? Es läuft in Windeseile die Gardine hinauf! Jetzt setzt Paniik ein: "Karl", schreie ich in höchsten Tönen, "komm mal her - hier im Schlafzimmer ist eine Hummel!" Mein lieber Mann kommt angestürzt, mit einer Zeitung bewaffnet und fragt nur: "Wo?" Wortlos deute ich auf den oberen Abschnitt der Gardine. Mit vereinten Kräften schütteln wir sie hin und her, auf und ab, und siehe da...die Hummel fliegt, doch nicht nach draußen, sondern nach drinnen in unser trautes Schlafgemach.

Ich rette mich zu Tür und rufe meinem Mann zu: "Sieh zu, wie du sie rauskriegst!" Peng! Tür zu - erstmal gerettet! Mit angehaltenem Atem lausche ich dem gedämpften Klatschen der Zeitung, dazwischen leise Flüche meines Mannes...Endlich, nach ewigen Minuten - die Tür öffnet sich und mein Guter verkündet: "Du kannst reinkommen, ich glaube, sie ist weg."

Ich glaube, sagt der Mensch, was heißt "ich glaube?" Misstrauisch suche ich zentimeterweise den Fußboden nach der Getöteten ab, hebe zufällig den Blick...Da kommt sie langsam unter dem Kopfkissen hervorgekrochen...Mein markerschütternder Schrei läßt meinen Mann sichtbar zusammenfahren...Mit deutlich erhobener Stimme fährt er mich an, ich solle nicht so hysterisch sein und mich nicht so blöd anstellen. Ich schließe erneut schnell die Tür, nicht ohne dem erfolglosen Jäger zuzurufen: "Sieh zu, wie du damit fertig wirst, ich komme nicht herein, bis das Biest weg ist!"
Nach wieder endloser Zeir ruft mein Liebster: "Komm jetzt rein - sie ist in der Lampe."
Aus dem normalen tiefen Gebrumm war jetzt ein fast schrilles Geräusch durch ihr hastiges Herumfliegen geworden, bis sie sich erschöpft am Boden der Lampe niederließ.

"Ich hole eine Leiter", sagte ich entschieden, "und versuche den Stoff oben an der Lampe zu erweitern." "Das kommt überhaupt nicht in Frage", war die energische, keinen Widerspruch duldende Antwort meines Mannes. "Du stehst sowieso immer wackelig auf der Leiter, wenn das Biest rauskommt, wirst du wieder hysterisch und fällst runter." Ganz so unrecht hatte meine bessere Hälfte nicht. Andererseits war auch er auf Grund seines nicht besonders guten Gesundheitszustandes noch unsicherer auf der Leiter als ich. Was tun?

"Hummeln stechen nicht," sagte mein Mann plötzlich. "Klar stechen sie", behauptete ich, holte das Lexikon (damals hatten wir noch kein Internet) und las meinem Liebsten nur die letzten Zeilen vor:...."das Gift der Hummel wirkt ähnlich dem der Bienen und Wespen, eher stärker. Hummeln sind jedoch von allen Stechimmen am wenigsten stechfreudig. Hummelstiche sind daher fast unbekannt..." "Außer sie sind in einer Lampe gefangen und kommen wider Erwarten doch irgendwie raus," fügte ich hinzu.

Inzwischen war nicht nur die Hummel erschöpft, sondern auch mein Mann und ich. Rein ins Bett, Licht aus, ich ziehe zur Sicherheit die Bettdecke bis über beide Ohren und laushe auf das wieder einsetzende Brummen - über dem Lauschen bis ich wohl eingeschlafen.

Normalereise ist der Sonntagmorgen zum gemütlichen Ausschlafen bestimmt. Normalerweise...Doch dieser Sonntagmorgen fand mich und meinen Mann nach unruhigem Schlummer beim ersten Morgengrauen wach und nach der Lampe starrend, wo unser nächtliche Besuch schon fleißig in der Lampe herumlief, immer im Kreise - bis es ihr wahrscheinlich zu dumm wurde, denn plötzlich lief sie von der Mitte der Lampe zum äußeren Ende zu, versuchte ein paar Krabbelschritte auf die nach oben führende Stoffseite...."Mein Gott, sie schafft es," summte ich hoffnungsfroh....

Doch diese Art zu krabbeln fand sie wohl zu anstrengend - und so kreiste sie wiedr unten am Lampenstoff. "Ich kann das nicht mehr mit ansehen, ich stehe jetzt auf," sagte ich meinem Mann. Fast war ich fertig mit meiner Morgentoilette, da rief mein Guter: "Komm schnell, sie ist jetzt AUF der Lampe!" Die schönste Liebeserklärung hätte nicht lieblicher in meinen Ohren klingen können. Ich stürze ins Schlafzimmer, reiße blitzschnell alle Fenster auf, die Gardinen zurück....und mit tiefem und ärgerlichem Gebrumm fliegt unser liebes Ungeheuer in die sonntägliche Morgensonne.

Eine Geschichte von: IHausH

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