Der Bestseller

Hochspannung, signalisiert mein ganzes Gehabe, wie ich so – man ist fast versucht zu sagen: feierlich – das Briefpaket auf den Wohnzimmertisch platziere. Zittrig, die Hände. Klebrig feucht, die Handflächen. Alles in Allem nervöse Unruhe in angespannter Situation, jeden Moment bereit, entweder in die eine oder in die andere Richtung zu eskalieren. Die erste Honorarabrechnung für meinen Roman war mir eben per Post ins Haus geflattert, oder wem der Ausdruck net passt –eingetrudelt, beziehungsweise zugestellt- worden. Che sarà sarà nennt sich das Produkt, seineszeichens mein Erstlingswerk. Schildert Aufstieg und Fall einer begnadeten Journalistin. Facettenreich durchsetzt von so mangifaltiger Schilderung aus alter und neuer Zeitrechnung, quasi selber Erlebtes mit eingeflochten. Hervorragend, die geschilderte Dramaturgie - dünkt mir jedenfalls. Che sarà. Was geschehen muss, geschieht auch. Die Übersetzung in reindeutsche Version passt zwar nicht ganz, sinngemäß dürfte die Aussage in ungefähr aber stimmen.
Gewaltsam zwinge ich mich zur Ruhe. Was gibt es da zu zittern…? Fast hysterisch, der Ausbruch plötzlich einsetzender Euphorie. Na klar! Das kann ja nur positives Echo sein! Hab den Roman doch selber mindestens zehn- nein hundertmal gelesen. Naja, in Ermangelung des für ein umfassendes Lektorat fehlenden Kleingeldes, war der Hunderterkonsum notwendig geworden. Lernte dabei so manche tückische Redewendung fürchten. Es stimmt schon: Deutsche Sprache, Schwere Sprache… auch für einen Bestsellerautor. Dass ich einer der ganz großen Romanschreiber bin, nein sein muss, war mir spätestens nach der neunundneunzigsten Korrektur klar. An der Spitze der Top Ten! Unbeschreiblich, dieses Hochgefühl.
Im Rausch unmittelbar bevorstehender Triumphtiraden klingt der ratschende Laut zerreißenden Papiers, als ich das Kuvert öffne, fast wie ein Posaunenstoß. Der aus dem geöffneten Briefkuvert fallende, winzige Beleg – obwohl er nur ganz leise in meiner Hand knistert – hingegen wie ein Dolchstoß. Auf dem Stück Papier steht nämlich:„…Verkaufte Bücher: Ein Exemplar; Honorarnote: 1,74 Euro inklusive Mehrwertsteuer…!“

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