Windjammer
Sieben auf einen Streich
22. Juli 2019 in Weblogs
Sieben auf einen Streich (RockyP)
Bei sommerlichen Temperaturen kann sich jeder glücklich schätzen, wer seine wohlverdiente Freizeit entweder auf dem Balkon, Terrasse oder im Garten, bei einer Tasse Kaffee oder Tee genießen kann. Denn schon nach wenigen Handgriffen stehen alle benötigten Dinge bereit, damit sich Leib und Seele wohlfühlen können. Man kann das bunte Treiben der Vogelwelt bestaunen und die zurzeit laut piepsenden Kohlmeisen Kinder, welche laufend um Futter betteln und Mama und Papa Meise, die pausenlos damit beschäftigt sind, die Schnäbel ihrer hungrigen Kinder mit frischem Futter zu versorgen. Der Meisenknödel am Futterhäuschen ist da schon eine große Hilfe; es ist so eine Art gedeckter Tisch für Vögel, da gerade zur Brutzeit viel Futter benötigt wird.
Mein Gedeck ist auf dem Terrassentisch angerichtet und für den Nachmittagskaffee ist ein leckeres Stück Schwarzwälder Kirschtorte angesagt, dessen verzierte Oberfläche einem Kunstwerk gleicht. Diesmal hat sich der Konditor mit seinem Meisterwerk echt selbst übertroffen. Der Anblick ist ein wahrer Augenschmaus, das Auge isst ja immer mit. Doch just in dem Moment, wie ich den ersten Bissen zu Munde führen will, stelle ich fest, Kuchengabel vergessen! Na so was – aber keine Panik, auf zum Küchenschrank. Vorsichtshalber deckte ich mein Tortenstück mit einer Papierserviette ab, man weiß ja nie was sich so alles für mein Tortenstück interessieren könnte. Es gibt sehr gefräßige Insekten und die sind nicht so meins.
Gerade heute sind besonders viele Flugobjekte unterwegs, es ist eine richtige Inversion an Fliegen vor Ort, die mit lauerndem Blick nur auf mein Tortenstück fixiert sind. Fast alle haben die gleiche Größe und sind sehr angriffslustig. Und wie ich mir gerade noch einen Kopf mache, über wieso und warum, klingelt das Haustelefon – das auch noch! Jetzt macht meine vorsorgliche Abdeckung der Torte schon Sinn, dachte ich so bei mir, denn was würde sonst mit ihr geschehen, wenn sie schutzlos den Untieren ausgesetzt wäre? Von all diesen Dingen hatte der Anrufer natürlich keine Ahnung, auch dass mein Wohlbefinden schon im Keller angekommen war und ich langsam am Hungertod sterbe.
Nach einer gefühlten Stunde bin ich bewaffnet mit einer Kuchengabel endlich zurück auf der Terrasse. Bei der Vorstellung auf den kommenden Genuss läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen. Serviette entfernen und los geht`s. Aber das dachte ich auch nur! Das Biest von Papierserviette hatte sich und dermaßen auf der schön garnierten Oberfläche festgesaugt und verklebt, da blieb nur die Wahl zwischen Mülltonne, Serviette mitessen, oder in mühevoller Kleinarbeit die Papierreste mit der Kuchengabel entfernen. Alles sehr ärgerlich und so richtig toll sieht jetzt mein malträtiertes Tortenstück auch nicht mehr aus, da das Auge immer mitisst. Der liebliche Geruch der Kirschen ist trotz verhunzter Oberfläche geblieben und ich denke mal, was lecker riecht, wird auch so schmecken.
Das müssen sich wohl auch die Fliegen und Wespen gedacht haben und starteten einen Großangriff auf mein freiliegendes Tortenstück. Natur ist an sich ganz schön, aber nicht, wenn sie von allen Seiten angeflogen kommt und sich speziell nur auf meinen Teller konzentriert. So etwas kann ich nun gar nicht ab. Doch ich traue meinen Augen nicht, es kommt noch schlimmer.
Es ist kaum zu glauben, jetzt setzte sich doch wahrhaftig so ein gefräßiges Flugobjekt auf mein Handy, will es am Ende noch weitere Verwandte zur Verköstigung herbeirufen? Ich traue dem Viehzeug fast alles zu, nur nichts Gutes. Sieben auf einen Streich zur Strecke bringen, wie damals das tapfere Schneiderlein, das habe ich zwar nicht geschafft, doch ich war bemüht mein Bestes zu geben, um mein Tortenstück zu verteidigen. Die Mistviecher haben mir zwar meine Schwarzwälder Kirschtorte nicht gegönnt, aber sie hat mir trotzdem noch geschmeckt. Vielleicht bin ich ja beim Verzehr meiner Esssachen etwas eigen, aber ich teile nicht gerne mit Ungeziefer.
Ein Text von: RockyP
Krankenversicherungskarte
3. Mai 2019 in Weblogs
Krankenversicherungskarte (RockyP)
ch weiß nicht, wem das Folgende so wie mir schon passiert ist? Es gibt gewisse personenbezogene Dokumente, welche nicht jeden Tag gebraucht werden. Aber wenn sie gebraucht werden, dann sollte man sich wenigstens erinnern, wo sie abgeblieben sind, sonst steht echt ein Malheur ins Haus, was man schnell ändern muss, denn ohne Ausweispapiere geht heute nichts mehr.
An sich bin ich kein Mensch der das Wartezimmer beim Hausarzt aus lauter Langweile füllt; es muss schon ein triftiger Grund für einen Besuch vorliegen. So wie dieser: denn laut Unterlagen der Arztpraxis wurde mir nahegelegt, mich doch mal wieder einem Gesundheitscheck bei Frau Doktor zu unterziehen.
»Wie sieht es aus mit morgen 8.00 Uhr, nüchtern, ohne Frühstück und Kaffee«, war die Ansage am Telefon von der Arztpraxis. Na toll – wahrscheinlich will man bei mir Blut abzapfen. Das ist zwar nicht so schön, aber ich werde wohl auch diese Tortur überstehen, wenn ich morgen früh zeitig meinem Federkissen entfliehen kann. Ohne Kaffee als Muntermacher sehe am frühen Morgen nicht so gut aus und werde wohl wie im Somnambulismus durch die Gegend wandeln.
Nur so zur Sicherheit wollte ich mal nach meiner Krankenversicherungskarte schauen, weil ich sie schon lange nicht mehr in der Hand gehabt hatte. Denn ohne diese Krankenkarte läuft heutzutage gar nichts mehr. Morgen kann ich sie so schön in die oberste Tasche meines Freizeithemdes deponieren und brauche die dicke Geldbörse nicht in der Hosentasche mitzuschleppen. Gedacht – getan – doch dann fing das Dilemma für mich an!
Nachdem ich die Börse auf den Tisch gelegt hatte, um nach dem wichtigen Dokument zu schauen, fielen mir wieder die zahlreich gesammelten Kunden- und Visitenkarten diverser Geschäfte auf, welche sich mit der Zeit ansammeln. Diese musste ich unbedingt mal sichten und aussortieren. Einige davon waren bestimmt überflüssig und polsterten nur das Volumen der Geldbörse auf und mindern damit den Tragekomfort.
Jetzt hatte ich aber eh keine Lust dazu, mal sehen, wie es morgen aussah. Im Moment brauchte ich nur meine Krankenkarte. Ein Blick ins betreffende Steckfach vom Portemonnaie war schockierend, gähnende Leere. Vielleicht ist sie in ein anderes Fach geraten – keine Panik. Mit spitzen Fingern wollte ich sie aus dem nächsten Fach zupfen. Dort waren alle möglichen Dinge deponiert, aber nicht was ich suchte.
Selbst nach akribischer Durchsuchung der gesamten Geldbörse blieb sie verschwunden. Langsam glaubte ich, mich laust der Affe, genau das hat mir heute noch zu meinem Glück gefehlt. Ich werde fahrig und zappelig, das olle Ding muss doch irgendwo zu finden sein. War es aber nicht. Wo ist das verflixte Teil geblieben und wann habe ich sie zuletzt gebraucht? Das waren alles Fragen, auf denen ich mir im Moment keinen Reim machen konnte.
Dann kam die Überlegung, wo und wann habe ich die Karte zuletzt gebraucht? Gute Frage. Aber warum war sie nicht in meinem Portemonnaie? Sie kann sich doch nicht so mir nichts in Luft auflösen.
Wer jetzt folgendes liest, der denkt, der Typ hat einen an der Klatsche. Denn ich habe nochmals alle möglichen Ecken der Wohnung und meine Garderobe zigmal abgesucht. Dann endlich stinksauer die Suche in der Wäschekollektion abgebrochen.
Womöglich hat die heimtückische Waschmaschine mal wieder zugeschlagen und sie gefressen oder geschreddert. Ich weiß nicht wie sie es macht, aber sie hat so eine Macke. Mit meinen Socken geht sie auch nicht zimperlich um. Egal wie viel gleiche Paare ich dort einfüge, es kommt fast immer eine ungerade Anzahl wieder zum Vorschein. Es ist allerneuste Technik, Made in China. Und wahrscheinlich haben die Chinesen da so einen kleinen Maschinisten eingeschleust, der meine Socken geil findet und sich öfter mal einzelne einverleibt.
Jetzt will ich es wissen, eventuell erwische ich den kleinen Komiker ja mal? Neugierig meinen Kopf in die Waschtrommel gesteckt und geguckt, vielleicht finde ich wenigstens noch Reste der Plastikkarte? Nein, weder ein Maschinist, noch einzelne Teile Plastik, oder verschluckte Socken sind zu sehen. Doch eine zündende Idee kam mir noch bei Betrachtung der leeren Wäschetrommel mit ihren vielen Löchern!
Und dieser Geistesblitz bezog sich auf meinen Industriestaubsauger, ein total gefräßiges Ungeheuer mit großem Appetit, der alles ohne Hemmungen verschluckt, was im Weg liegt. Habe den Inhalt ausgeschüttet, alles durchwühlt, viel Staub geschluckt aber nichts gefunden. Weg ist weg und bleibt auch weg. Mich trifft es hart, womit habe ich das verdient?Für heute habe ich fertig – ich bin total am Ende.
Das menschliche Gehirn ist komplexes Organ und zumindest bei mir taten sich am anderen Morgen einige Erinnerungslücken auf. Vor einem Monat habe ich meinen neuen Personalausweis zu den restlichen Ausweispapieren hinzugefügt und die Fächer neu sortiert, könnte da eventuell? Doch wo habe ich das gemacht? Das kann nur im Ferienhaus gewesen sein; muss dort sowieso mal wieder nach dem Rechten schauen, also auf zum Frühsport.
Die 25 Kilometer hin und wieder zurück, um mir Gewissheit zu verschaffen, waren für heute unumgänglich. Man sagt: Ordnung ist das halbe Leben. Aber, das heißt auch: Wer ordentlich ist, ist nur zu faul zum Suchen. Das Letzte betraf jetzt mich, doch da musste ich durch. Hunde ins Auto und zur Fahrt zum Ferienhaus im Auenwald gestartet. Meine Vierbeiner freuten sich natürlich wie Bolle, denn eine Autofahrt zum Ferienhaus ist für sie mit viel Freilauf ohne Leine verbunden.
Meine Freude hielt sich vor Ort allerdings in Grenzen, da auch dort, trotz intensiver Suche, die Krankenkarte verschwunden blieb.Das hilft alles nichts, morgen früh musste ich ohne dieses Dokument zum Arzt. An der Rezeption meinen Verlust vorgetragen. Verlegt, verloren keine Ahnung, war mein Spruch, denn ich wusste ja wirklich nicht, wo sie abgeblieben war. »Ist nicht so schlimm«, war die Antwort, »sie waren ja dieses Quartal schon hier.«
Also rein ins volle Wartezimmer und mir die Piepser der Smartphones angehört. Sechs von acht Personen waren mit ihren Handys am daddeln. Man glaubt es kaum, was diese Dingern, in einem an sich ruhigen Raum, für einen Krach machen. Es hatte so den Anschein, als würden die Handys miteinander kommunizieren, frei nach dem Motto: künstliche Intelligenz. Wir piepsen und plaudern, wann und wo wir wollen. Uns kann keiner!
Nach einer halben Stunde wurde ich zumindest von den Hörqualen im Wartezimmer erlöst. Eine Arzthelferin erlöste mich vor einem bevorstehendem Tinnitus. Nach einem Piks der Kanüle wurde ich für heute entlassen und konnte den restlichen Tag genießen.
Doch so richtig Freude konnte ich dem Tag noch nicht abgewinnen, mich wurmte immer noch der Verlust meiner Krankenkarte. Wie bekam ich eine neue Karte und an wen konnte ich mich wenden?
Über 65 Jahre bei der Innungskrankenkasse in NRW versichert und habe die letzten fünfzehn Jahre vor der Rente sogar dort als Angestellter gearbeitet und trotzdem weiß ich nicht, in welcher IKK ich momentan versichert bin. In der ersten Zeit bekam ich vom Arbeitgeber zumindest noch Grüße zu besonderen Anlässen, doch nach meinem Umzug ins andere Bundesland, schlief alles ein.
Danach bot mir die Kasse innerhalb von NRW einen Standortwechsel an, um mir eine bessere Versorgung in Kassennähe zu gewährleisten. Eine Stadt wurde vorgeschlagen, welche immer noch 95 Kilometer von meinem jetzigen Wohnort entfernt ist, dem habe ich widersprochen. In einer fremden Stadt aufzuschlagen, in welcher ich niemanden kenne, kam mir nicht in den Sinn, dann lieber bei Bedarf die alte Heimat ansteuern, um dort gleichzeitig Freunde besuchen zu können.
In der Folgezeit, begrüßten mich immer wieder fremde Städte in NRW, zu meiner neuen Mitgliedschaft. Man hat mich wie eine Schachfigur hin und hergeschoben. Meine Anrufe in endlosen Warteschleifen führten zu keinem Ergebnis. Fakt ist schließlich, dass ich momentan nicht weiß, in welcher Stadt von NRW ich wirklich versichert bin.
Bei allen Fragen wenden sie sich an den Arzt oder Apotheker. Genau das werde ich machen, denn mittlerweile habe ich mein Portemonnaie erneut gecheckt und die Krankenversicherungskarte sprang mir förmlich entgegen. Kein Ton ihrerseits einer Entschuldigung und wieso und warum sie sich so lange vor mir versteckt hat. Aber ich bin nicht nachtragend und habe ihr verziehen.
In der Arztpraxis haben sie ein Kartenlesegerät. Vielleicht erfahre ich so, wo ich versichert bin. Ich denke, nach 65 Jahren Kassenzugehörigkeit, ist das mein gutes Recht.
Ein Text von: RockyP
Wie aus Fridolin Blacky wurde
11. März 2019 in Weblogs
Wie aus Fridolin Blacky wurde (RockyP)
Ein Leben ohne Hunde soll ja rein theoretisch möglich sein, auch ich habe es immer mal wieder versucht, doch gelungen ist es mir nie. Neben meinen weißen Hirtenhunden, den  odhalanern, teilten im Laufe der Zeit auch andere Hunderassen das Miteinander mit meiner Familie, ich denke, sie haben sich alle bei mir wohlgefühlt.
So hat wohl jeder Tierfreund im Laufe seines Lebens tolle und schöne Erlebnisse mit dem besten Freund des Menschen gesammelt, die für ihn immer unvergessen bleiben. So ist auch meine Erinnerung an den kleinen schwarzen Wirbelwind noch gegenwärtig, welcher unverhofft in mein Leben trat.
Für den Welpen war es von Anfang an klar, hier bin ich und hier bleib ich, denn hier gefällt es mir! Von Anfang an hat dieser kleine Rüde versucht, mit seiner Intelligenz und seiner akrobatischen Fähigkeit, eindeutige Akzente zu setzen. Und er hat es auch immer wieder geschafft, mich zu überraschen.
Als Welpe war Fridolin ein Mitbringsel der Schwiegereltern, aus dem Fundus "Tiere in Not". Man hatte den kleinen Hund bei einer Wohnungsauflösung von Mietnomaden einfach ohne genügend Futter und Wasser alleine in der Wohnung zurückgelassen. Eine Mutmaßung, wo mit sich dieser kleine Kerl in der Zeit bis zur Auffindung beschäftigt hat, um überleben zu können, haben wir erst später herausgefunden.
Dieser Welpe war ein kleines flauschiges Fellbündel mit gelockten schwarzen Haaren und langen Hängeohren. Laut Aussage des Tierheimes sollte die Mutter eine mittelgroße Pudeldame sein und der Vater aus dem Geschlecht Senfhund, in dem so im Laufe der Zeit einige Hunderassen ihren Senf beigetragen hatten. Doch bevor ich das Glück hatte Fridolin kennenzulernen, hatten die Kinder den Kleinen schon in Blacky umgetauft, da der Name durch die tiefschwarze Fellfarbe vorprogrammiert war.
Nun suchte dieser kleine Welpe ein neues Zuhause, mit der Hoffnung, es bei uns gefunden zu haben. Meine Kinder waren total begeistert und hatten sich mit dem wuscheligen Fellknäuel schon total angefreundet, denn sie wollten ihn natürlich behalten. Nun musste nur noch ich, von der sehr wichtigen Anschaffung eines Wachhundes überzeugt werden, denn so wurde ich aufgeklärt: Ein neu erbautes Haus brauchte unbedingt ein Wachhund.
Um seine Fähigkeiten als Bewacher unter Beweis zu stellen, hatte man ihm ein erstes Dressurstück beigebracht; er musste aufpassen, ob sich hinter dem bodentiefen Terrassenfenster etwas Fremdes bewegte, was dort nicht hingehörte. Sobald er Aufmerksamkeit zeigte, gab es ein Leckerchen. Da es unter Umständen lange dauern konnte, bis sich auf der Terrasse etwas Fremdes zeigte, wurden kurzer Hand Nachbars Kinder angeheuert, um dort Randale zu machen.
Der Kleine hatte seine Aufgabe schnell begriffen und die Leckerchen neigten sich dem Ende zu. Nachbars Kids erregten nach kurzer Zeit durch Lärm und übertriebenen Tumult den Unmut meiner Schwiegereltern. Und nachdem sie im Garten einige neu gepflanzte Stauden und Blumen geplättet und eingeebnet hatten, wurde der Test mit einer Tüte Süßigkeiten beendet.
Bei meinem Eintreffen im Wohnzimmer freute sich Blacky erst mal wie Bolle und begrüßte mich wie einen alten Bekannten. Gut  freundlich und lieb war er ja, aber ein Wachhund? Doch mit meinem Veto und den Hinweis auf seine Größe stieß ich auf erheblichen Widerspruch der Kinder. »Du kommst ja auch durch eine andere Tür und nicht über die Terrasse, das haben wir nicht geübt,« wurde ich von meiner Tochter belehrt, dabei kullerten ihr schon dicke Tränen über ihre Wange.
Gut, das Argument mit der Tür war logisch und wie sollte ich tränenden Kinderaugen widerstehen. Und genau zur Bestätigung von Töchterchen Tinas Aussage, fetzte dieses kleine Schlitzohr in Richtung Fensterfront los, obwohl dort nichts zu sehen war, bellte er kurz und kam schwanzwedelnd zurück um seine Belohnung abzuholen.
Dumm war der Zwerg ja nicht, er hatte auf jeden Fall in kurzer Zeit gelernt, wie man auf sehr einfache Weise zu einem Leckerchen gelangt. Ein richtig kleines Schlitzohr.
Am nächsten Morgen, beim ersten Gassigehen, kam ich dem Geheimnis seiner Beschäftigung in der Messie-Wohnung einen Schritt näher. Da er beim Laufen seine Nase nur auf dem Boden bzw. in die Grasnarbe steckte und dort nach diversen ausgespuckten Kaugummis suchte. Bis zu diesem Tag war mir nie bewusst, wie viele von den Dingern achtlos entsorgt wurden.
Am Sonntag, in der folgenden Woche, stand ein Städtebesuch in Köln an, mit dem Ziel etwas zur Prägung des Welpen beizusteuern. Dazu gehörte, unseren Blacky auch für längere Autofahrten zu begeistern, weil es mit einem längeren Gassigang verbunden war.
Gleichzeitig wurde er dadurch mit dem Lärmpegel einer Großstadt konfrontiert, er lernte andere Hunde kennen, was wiederum seine Sozialisierung zu den Vierbeinern förderte. Und genau das, war eigentlich die Grundidee zum Großstadtbesuch, aber meistens kommt es anders als gedacht.
Der Straßenlärm in Köln war ja noch okay, aber alles andere nicht. Auf dem Weg zum Kölner Dom haperte es schon mit Blackys Leinenführung, aber auf der Domplatte hörte sie ganz auf. Das ganze Pflaster war mit festgetretenen Kaugummis total versiegelt. Unser Blacky drehte völlig ab, mit so vielen Leckerchen zu seinen Pfoten, das war Neuland für ihn.
Es war unmöglich den Kleinen an der Leine zu führen, denn seine Aufmerksamkeit galt nur den festgetretenen Gummis. Für ihn war es wohl das Paradies auf Erden. Laufen war out, ab sofort versuchte er mit seinen Zähnen, die weißen leckeren Kaugummireste von der Pflasterung zu lösen, und aufzufressen.
Für mich war es ein fürchterlicher Anblick, so auf der Stelle rumzustehen und dem Hund bei der Reinigung des Pflasters zuzusehen. Also auf den Arm mit dem Zwerg und ihn durch Köln getragen. An sich lag es nicht Sinn der Sache meinen Hund zu tragen, doch in diesem Fall war es die einfachste Lösung der Fortbewegung.
Na ja, Streicheleinheiten von Passanten gab es in dieser Position reichlich, da man sich nicht bücken brauchte, um ihn zu streicheln. Doch zur Sozialisierung mit fremden Hunden hat es leider nicht beigetragen, die waren aus seiner Sichtperspektive immer tief unter ihm. Wer etwas Positives bei diesem Ausflug gelernt hat, das waren wir Zweibeiner. Denn eins war uns sofort klar, seine Sucht nach Kaugummi musste geändert werden, doch diese Prozedur war sehr mühevoll und hat sehr lange gedauert.
Eine weitere Marotte zeichnete unseren Pudelmix aus und das war seine Abneigung gegen Wasser. So Schlechtwetterperioden mochte er gar nicht. Ganz allgemein gilt der Pudel ja als wasserscheu und unser Schatz bestätigte das in jeglicher Form. Egal ob Wasserpfützen oder feuchtes Gras, für unseren Blacky bedeutete es, betreten verboten, die Fußballen mussten trocken bleiben.
Im Haus sprang er sogar über feuchte Aufnehmer, jegliche Berührung mit dem nassen Element war für ihn der reinste Horror und tabu. Und wurde er beim Gassigehen mal mit nassen Rasen konfrontiert, lief er, um seine Notdurft zu entrichten, zur akrobatischen Hochform auf. Es wurde ein zirkusreifer Stand auf beiden Vorderpfoten hingelegt. In dieser Position balancierte er locker ein bis zwei Meter zum Lösungsort ohne die Balance zu verlieren; um dann gezielt nur die Stelle zu berieseln, welche er sich ausgesucht hatte. Lustig anzusehen war das allemal.
Ganz demonstrativ zeigte er seine Aversion gegen Nässe bei Regenwetter. Die Familie war sich einig, dass er ohne Blickkontakt um zig Zimmerecken wusste, ob es draußen regnete oder die Sonne schien. Selbst Lockrufe konnten ihn bei schlechtem Wetter nicht bewegen den Garten zu betreten, er blieb seelenruhig in seinem Körbchen liegen, auf freiwilliger Basis war er nicht bereit auch nur eine Pfote vor die Tür zu setzen. So dringend konnte keine Notdurft sein, um nicht noch eine Warteschleife einzulegen, bis das Umfeld wieder erträglich und abgetrocknet war.
Heikel wurde es immer, wenn wir selbst bei Regenwetter weg mussten und Blacky nicht alleine zu Hause bleiben sollte; in solchen Fällen ließ er sich auch gerne tragen, das heißt: Tragen war ein Muss.
Eigenartigerweise liebte er dagegen den weißen Schnee, vielleicht war es der Farbkontrast, der ihn anlockte. Bei seiner ersten Begegnung mit der weißen Pracht ist er direkt aus dem Auto in eine hohe Schneeverwehung gesprungen und war in den Massen verschwunden. Frauchen geriet total in Panik, unser Hund war weg. Ohne groß zu überlegen, sprang sie hinterher und steckte dann selbst bewegungslos bis zur Hüfte in der Schneewehe fest.Jetzt musste ich eine mühevolle Rettungsaktion starten und erst mal Frauchen befreien. Bei Blacky zahlte sich seine schwarze Fellfarbe im Schnee aus, er war als kleiner dunkler Punk zu erkennen, so konnte ich bei der Rettungsaktion sicher sein, ihn nicht zu verletzen. Es hat mich einigen Aufwand gekostet, beide dort auszubuddeln.
Blacky muss die Rettungsaktion wohl Spaß gemacht haben, denn kaum saß er trocken abgerubbelt im Auto auf seiner Decke, sprang er erneut in den Schneehaufen. Doch diesmal hat er sich selbst befreit.
Manchmal neigte er auch zu total krasser Übertreibung. Von der Tiefgarage führte eine lange steile Steintreppe mit über fünfzig Stufen zum Haus. Und im Winter wurden diese wegen Glättegefahr mit Hagelsalz abgestreut. Um Blackys kleine Fußballen vor den Salzkörnern und Schneematsch zu schonen, wurde er kurzerhand von mir auf den Arm genommen und über die Treppenanlage nach oben geschleppt. Das fand er total cool und praktisch, endlich hatte er seinen eigenen Treppenlift und brauchte die olle Treppe mit eigener Kraft nicht mehr erklimmen.
Tage später war der Schnee verschwunden, die Treppenstufen abgetrocknet und die Sonne lachte voll vom Himmel. Und wie das so ist im Leben, die schönen Dinge werden immer besonders gut abgespeichert; so auch bei meinem Hund. Auf dem Heimweg konnte er plötzlich nicht mehr laufen und legte demonstrativ an der untersten Stufe vor der großen Außentreppe ein Stopp ein, er wollte weiterhin über die Stufen nach oben getragen werden. So Herrchen, da stehe ich, bis hier hin und nicht weiter, bitte tragen.
Was soll ich sagen: Ich habe erst mal meinen Kopf geschüttelt und musste ihn an diesem Tag regelrecht mit der Leine über die Treppenstufen nach oben ziehen.
Diese kleinen Marotten von Blacky waren an sich immer willkommene Einlagen, welche den sonst so tristen Hundealltag stets etwas auflockerten und ihm eine besondere Note gaben, langweilig wurden die Spaziergänge mit ihm nie. Aber besonders in Wald und Flur konnten seine Eskapaden gewaltig meine Nerven strapazieren, wahrscheinlich machten sich hier die vielen gemischten Gene seines Vaters bemerkbar. Man hatte urplötzlich einen ganz anderen Hund an der Leine, dessen Nase nur noch vom Jagdtrieb gesteuert wurde.
Blacky in freier Wildbahn abzuleinen, den Fehler habe ich einmal gemacht und es bitter bereut, danach war ich stinksauer auf meine eigene Dummheit. Ich kannte meinen Hund und hätte es besser wissen müssen was passiert, wenn ich ihn ohne Leine freilaufend führte. Und besonders peinlich empfand ich es in meiner damaligen Situation, weil just an diesem Tag dort andere Hundeführer zugegen waren und mit wohlgemeinten, nach ihrer Ansicht guten Ratschlägen zur Hundeerziehung nicht sparten. Es war von Schleppleine, Klicker und einem Teletakt die Rede.
Teletakt ist so eine Art Hundehalsband, welches als Erziehungshilfe gedacht ist. Durch einen Sender werden vom Hundehalter bei dem Tier impulsartige Stromschläge ausgelöst, so ungefähr wie beim Weidezaun. Und welches Geschöpf ist schon erpicht auf solch eine Behandlung.
Nur an einen Campingstuhl für mein Hinterteil und ein kühles Getränk für meinen Gaumen hat keiner gedacht und das hätte ich dringend für die lange, nicht eingeplante Wartezeit gebraucht, welche jetzt anstand.
Natürlich war ich froh, dass einerseits nach einer Stunde mein Blacky als ein dunkler Punkt am Horizont wieder auftauchte, doch anderseits auch stark frustriert; so eine ungewollte Zwangspause voller Ungewissheit, macht einfach keinen Spaß und zerrt an den Nerven.
Doch an diesem Tag habe ich aus meinem Fehler gelernt. Einen Campingstuhl habe ich mir allerdings nie mitgenommen, doch es blieb die Erkenntnis: Beim nächsten Mal bin ich schlauer, da bleibt Blacky an der kurzen Hundeleine.
So sammelt der Hundehalter beim Zusammenleben mit dem besten Freund des Menschen einiges an Erfahrungswerten. Hat immer einen guten Freund an der Seite, der stets zu einem hält und seinen Menschen so akzeptiert, wie er ist.
Ein Text von: RockyP
Rockys Träumerei
8. Mai 2018 in Weblogs
Rockys Träumerei (RockyP)
Mit dem Wohnmobil unterwegs, bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein um die Freiheit zu genießen, ist einfach nur schön. Und heute standen wir am Meer, mit endlosem weißen Sandstrand, indem einige Badegäste ihre Strandburgen bauten. Was will man mehr von so einem schönen Tag, hier machen wir für heute Rast. Also Badehose raus und ab in die erfrischenden Fluten.
Doch oh Schreck, die Badehose war weg. Sie schlummert noch zu Hause friedlich im Schrank, obwohl sie dringend gebraucht wurde. Was war zu tun? Da ich nicht alleine am Strand war, konnte ich den aufkeimenden FKK-Gedanken vergessen. Sonst war der Ärger mit den Anwesenden und der Polizei schon vorprogrammiert. Also musste ich Wohl oder Übel auf die erfrischenden Fluten verzichten.
Komisch, plötzlich steht am Wohnmobil eine riesige Badewanne randvoll mit sauberem Wasser gefüllt und lädt zum Bad ein. Das lässt man sich nicht zweimal sagen, also rein ins kühle Nass. Nur vier junge Badenixen, welche sich unweit von mir kichernd im Sande aalen, hatten wohl mein Adamskostüm bemerkt und waren in Begriff sich zu mir in Bewegung zu setzen. Schnell das Badetuch genommen, alles notdürftig verhüllt und zur Flucht ins WoMo angesetzt. Nur die Tür war verschlossen. Wie so oft hatte das Türschloss echt die Gabe, sich selbst zu verriegeln. Und nun?
Leicht beschürzt und barfuß startete ich die Suche nach meiner Frau inmitten shoppender Passanten. Allerdings waren meine Bemühungen vergebens, ich erntete nur spöttische Blicke wegen des unpassenden Outfits. Doch eine Dame hatte offensichtlich Gefallen an mir gefunden, sie lächelte mich verheißungsvoll an und zog mich mit ihren Blicken aus. Es war für mich eine peinliche Situation, zumal sie sich penetrant an meine Fersen heftete, ein Entkommen war fast unmöglich.
Doch dieses Katz und Mausspiel musste ein Ende haben. Einige Haken geschlagen und mit Hechtsprung durchs offene Heckfenster im Auto gelandet. Zwei Sekunden später kam besagte Dame schon suchend um die Ecke getigert. Glück gehabt. Ich holte sehr tief Luft; wurde wach und der Traum war zu Ende.
Ein Text von: RockyP
Rockys Podhalaner Welpen im Gartencenter
1. März 2017 in Weblogs
Rockys Podhalaner Welpen im Gartencenter (RockyP)
Zurzeit herrscht richtiges Schmuddelwetter. Selbst meine Podhalaner schauen unlustig drein und versuchen ihre Pfoten durch Lecken zu säubern. Bei Frost blieb wenigstens das Fell sauber und weiß. Doch jetzt - egal wohin ich mit den Hunden gehe, sie sehen anschließend aus wie Schlammteufel. Auch das wird sich ändern, nur bei der derzeitigen Wetterlage wird es noch etwas dauern. Der Frühling lässt noch auf sich warten. Das brachte mich auf die Idee, es sollte wenigstens in der Stube frühlingshaft aussehen, eine Schale mit Frühlingsblumen muss her. Ein Gedanke - ein Entschluss, warum eigentlich nicht sofort? Aber wohin mit dem jungen Familienzuwachs, zwei kleine Podhalaner-Welpen? Alleine zu Hause lassen, war mir zu riskant. Also habe ich sie kurzerhand ins Auto gepackt und ab ging die Post, über eine teilweise stark verschmutzte Fahrbahn, zum Gartencenter.
Der Unfall war vorprogrammiert. Zwei Damen, welche den Gegenverkehr total ignorierten, weil sie ihre Blicke nur aufs Smartphone richteten, steuerten ihren Wagen direkt auf mich zu. Selbst mein Ausweichmanöver konnte den Crash nicht verhindern. Hier bewahrheitete sich wieder das Handyverbot, was hier total ignoriert wurde. So kam, was kommen musste, ein dumpfer metallischer Knall und zwei Einkaufswagen prallten aufeinander. Zum Glück war nichts Schlimmes passiert, bis auf aufkreischende Frauen war alles Okay. Nach den ersten Schrecksekunden und Entschuldigungen entdeckten sie meine Podhalaner-Welpen. Das seidig weiße Fell wurde gestreichelt, Fragen zu Rasse gestellt und dann setzten wir alle wieder entspannt unsere Shoppingtour fort.
Bei der Ankunft am Gartencenter stand ich vor der Alternative meine zwei 9 Monate alten Welpen entweder im Auto zu belassen, das war allerdings mit dem Risiko verbunden, dass sie ihre Langeweile durch Anknabbern von Sitzpolster abreagierten. Oder ich konnte mir je 10 Kilo quicklebendigen Hund unterm Arm klemmen, um mir die Frühlingsblüher anzugucken. Beide Ideen waren nicht gut. Die Entscheidung fiel auf einen Einkaufswagen, dort hockten sie sicher auf einer Decke und wurden von mir chauffiert. Obwohl der Wagen fürchterliche Randale auf den Pflastersteinen machte, fanden sie die Fahrt nach den ersten zehn Metern cool, denn es gab allerhand aus der erhöhten Perspektive zu beobachten. Selbst beim nachfolgenden Crash zeigten sie keine besondere Reaktion.
In solchen Einkaufszentren begegnet man sich mindestens zwei Mal und so sah ich die Damen kurz darauf wieder. Sie winken mit den Händen und kamen freudig erregt auf mich zu, diesmal allerdings ohne Blickkontakt aufs Handy. Mit Blick auf ihren Einkaufswagen zeigten sie mir stolz ihren neusten Einkauf. »Ihre kleinen Welpen haben uns auf eine grandiose Idee gebracht«, sagte eine der Damen, und zeigte stolz auf ein seltsames Gebilde.
»Jetzt haben wir auch zwei Hunde, die so ähnlich aussehen wie ihre. Sie können zwar nicht bellen und haben kein Fell, dafür haaren sie auch nicht und sind absolut stubenrein.« Ich glaube, so richtig erst war diese Aussage nicht gemeint, denn beide waren herzhaft am Lachen. Im Einkaufswagen lagen neben Blumen zwei aus Draht und Blech geformte, angerostete Gartenstecker. Selbst mit sehr viel Fantasie und Wohlwollen konnte ich keine Ähnlichkeit zu einer Hunderasse feststellen, geschweige der Rasse Podhalaner zuordnen. Diese rostigen Drahtgebilde waren wohl als Staudenhalter für langstielige Blumen im Garten gedacht. Auf dem angehefteten Flyer stand: Rostoptik ist eine gewollte Patina und verleiht dem Utensil das besondere Flair.
Ehrlich gesagt finde Rost nicht besonders prickelnd, denn Korrosion hat schon manchen schönen Gebrauchsgegenstand zerstört. Doch jeder hat seine besonderen Vorlieben und über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Einen Hund als Gartenstecker zu kreieren ist schon mutig. Stell mir gerade meine Podhalaner vor, wie sie kniend mit ihren Pfoten eine Blumenstaude umklammern. Ein Garant, für ein gutes Gedeihen der Staude, wäre das sicher nicht.
Ein Text von: RockyP
Der Wolf im Schafsfell
2. Dezember 2016 in Weblogs
Der Wolf im Schafsfell (RockyP)
Laut Wetterbericht sollte es heute den ganzen Tag heiter bis wolkig sein. Mit einer Regenwahrscheinlichkeit von zehn Prozent. Soweit es Sonne und Wolken betraf, hatte der Wetterfrosch mit seiner Prognose recht und die heiteren zehn Prozent durchnässten gerade mein T-Shirt, welches jetzt wunderbar auf der nackten Haut klebte. Und bevor der Abend auf meiner Gassirunde noch mehr Überraschungen parat hatte und ich weiterhin kalt duschen musste, beschloss ich, den direkten Heimweg durch das nächste Pättken anzutreten. (Pättken ist ein mundartlicher Ausdruck für einen schmalen Verbindungspfad) So hatte ich mir meinen schnellen Heimweg zumindest vorgestellt, jetzt musste ich es nur in die Tat umsetzen.
Doch schon nach wenigen Metern wurde meine Überlegung durch ein eigenartiges Geräusch gestoppt. Meine beiden Podhalaner blieben abrupt stehen, lauschten und hinderten mich am weitergehen. Am Verhalten meiner Hunde merkte ich, dass sie selbst versuchten, diese seltsamen Geräusche einzuordnen. Dazu muss man bedenken, dass ein Hirtenhund bei Dämmerung ein ganz anderes Verhalten anzeigt als am Tage. Im Dämmerlicht, des mit hohen Hecken umsäumten Pättken, hatte ich den Eindruck, dass die Hunde gegenseitig mit gerunzelter Stirn fragende Blicke austauschten. Doch dann erfolgten urplötzlich laute spitze Schreie von einer Frau und einem Kind. Nur das Wort Wolf war deutlich aus dem Gekreische zu verstehen. Jetzt war Hilfe erforderlich. Und wir eilten an den Ort des Grauens.
Meine Podhalaner zogen mich mit Gewalt nach vorne, um zu erkunden, was dort los war. Ich hatte Mühe Schritt zu halten. Gut, dass sie angeleint sind, schoss es mir durch den Kopf. Eine ängstliche, hysterisch, schreiende Frau mit Kind und zwei anstürmende weiße Riesen, das hätte einfach nicht zusammengepasst. Die Panik wäre perfekt gewesen. Doch an der nächsten Wegkrümmung lüftete sich das Geheimnis der Hilferufe. Der Wolf lag leblos mit lang ausgestreckten Gliedern mittig im Pättken und verkörperte keinen besonders angriffslustigen Eindruck.
Da der Wolf laut Medienberichten wieder in aller Munde ist, hatten zwei Kids im Rahmen einer schulischen Projektwoche den Versuch gestartet, einen Wolf als Gruselobjekt zu basteln. Nach meiner Meinung ein misslungener Versuch, da er so wie er dalag, sich schon langsam auflöste. Doch alles liegt wie immer im Auge des Betrachters. Mein Rüde Endros teilte meine Ansicht und hob verächtlich sein Hinterbein. Jetzt hatte dieses Wolfsgebilde wenigstens den Geruch eines Canis Lupus.
Die Kids waren da wohl anderer Meinung und um die Wirkung ihrer Bastelkunst zu testen, hatten sie das zottelige Objekt im Dämmerlicht so postiert, dass man fast schon drüber stolperte. Säbelzahntiger nannten sie ihre Bastelkunst und das zottige Gebilde sollte ja nur Angst und Schrecken verbreiten; dieses war ihnen auch leidlich gelungen. Und durch die ängstlichen Schreie von Mutter und Kind wurde ihr makaberer Scherz noch bestätigt. Sie freuten sich wie die Schneekönige über ihren gelungenen Streich.Als Korpus für ihre Idee diente ein altes mit Schafsfell bespanntes Schaukelpferd. Eine Rute fehlte zwar ganz, aber dafür hatten sie sich beim Kopf mehr Mühe gegeben. Aus den Augenhöhlen flackerte blaues LED Licht, welches die langen weißen Holzzähne im Maul anstrahlte. Und ein altes Handy mit Stimmverzerrer lieferte die passende Tonuntermalung.
Die hysterisch schreiende Frau mit Kind hatte sich mittlerweile beruhigt und ging ihrer Wege. Am Ende meines Fußweges wartete allerdings die Polizei. Ein besorgter Nachbar hatte sie alarmiert. Und schon stand ich in Verdacht, meine Hunde seien schuld an ihrem Einsatz. Sie überzeugten sich dann selbst vom Bastelwolf und schmunzelten über diesen Dummjungenstreich. Genau zwei Tage später stand in den Lokalnachrichten unserer Stadt Folgendes zu lesen: "Wolf im Schafsfell löste bei Mutter mit Kleinkind einen Schock aus"! Ob die Jugendlichen mit ihrer Bastelei das Ziel im Schulprojekt erreicht haben, das entzieht sich meiner Kenntnis. Doch der Zeitungsartikel vom bösen Wolf hängt bestimmt eingerahmt über ihrem Bett.
So erlebt von Rocky und seinen Podhalanern.b 🙂
Ein Text von: RockyP
Besuch im Pfannkuchenhaus
27. Juli 2016 in Weblogs
Besuch im Pfannkuchenhaus (RockyP)
Ich hasse es wie die Pest, irgendwo in einer Lokalität rumzusitzen und auf eine Verabredung zu warten, welche nicht kommt. Es sieht immer so aus wie bestellt und nicht abgeholt. Heute saß ich schon geschlagene 30 Minuten in der Warteschleife und das dritte Glas Wasser blubberte im Bauch. Ich hasse diese Plörre, wenn ich sie nur so zum Zeitvertreib in mich reinschütten muss. Dazu war das Lokal noch gerammelt voll und Gäste standen in der Warteschleife.
Einige dieser Aasgeier umkreisten schon seit Minuten den Tisch, um mir den Platz streitig zu machen. Mein Blick wandert immer wieder zur Tür, doch alles, was da kommt und geht, war mir unbekannt. So unauffällig wie es nur geht schaue ich auf meine Uhr - alles Okay der Zeiger dreht sich weiter und die Zeit schreitet voran. Von meinen zwei Bekannten, mit denen ich mich verabredet hatte, ist nichts zu sehen.
Einer von diesen penetrant aufdringlichen Tischsuchern hatte sich hinter meinem Rücken aufgebaut, hüstelt so ab und an und nervte mich kolossal. Ich schlürfe weiter mein Wässerchen und versuche betont, gelangweilt dreinzuschauen. Na ja, so ganz will es mir nicht gelingen. Da klingelt mein Smartphone. Es ist Hans, er steckt im Stau und kommt eine halbe Stunde später. Immer dasselbe, konnte er nicht eine halbe Stunde früher abfahren, um pünktlich zu erscheinen?
Der aufdringliche Aasgeier, welcher hinter meinem Stuhl rumturnte, hatte Verstärkung bekommen. Jetzt waren es schon zwei, welche mich nervten und mich liebend gerne vom Stuhl geschuppt hätten. Mein Bekannter hatte schon längst das Gespräch beendet, doch das wussten die Stinker hinter mir nicht. Das Handy klebte an meinem Ohr. »Ja mein Schatz«, hauchte ich in die Muschel. »Der Tisch ist reserviert. Ich freue mich auf dich bis gleich!« Mit einem tiefen Seufzer legte ich das Handy beiseite. Die Aasgeier beendeten darauf die Tischblockade und räumten das Feld.
Jetzt galt es die Nerven zu behalten und vor allen Dingen keinen Harndrang verspüren. Das war so an sich im Moment das Schlimmste, was passieren konnte. Denn der freie Tisch würde in meiner Abwesenheit bestimmt einige Besucher auf sich ziehen. Doch alles blieb paletti. An sich war es untypisch, dass mich auch der zweite Bekannte heute versetzte. Pfannkuchenessen mit Blaubeeren war angesagt, wer lässt sich so was entgehen?
Langsam keimte in mir ein Verdacht - Pfannkuchenhaus? Mein Blick erkundete vorsichtig die Speisen der Nachbarn. Pfannkuchen waren nicht dabei. Hatte ich mich im Lokal geirrt? Ich hatte. Da bimmelte erneut das Handy. »Wo bleibst ihr denn um Himmelswillen, ich sitze mir schon Blasen am Hintern und warte auf euch.« Es war Paul und ich der Unfehlbare hatte mich im Lokal geirrt. »Ober bitte zahlen«, rief ich durchs Lokal. Jetzt musste ich Vollgas geben, wer weiß, wie es Paul im Pfannkuchenhaus erging. Das Navi im Auto sagte: »Noch 20 Minuten bis zum Ziel.«
Ein Text von: RockyP
Podhalaner im Herbststress
30. Juni 2016 in Weblogs
Podhalaner im Herbststress (RockyP)
Eigentlich schade: Der goldene Oktober ist wohl endgültig vorbei. Heute zeigte sich der Himmel hier von seiner ganz schlechten Seite, mit tief hängenden Wolken, Wind und Regen. Viel schlechter kann es kaum noch werden. Selbst meinen Podhalanern behagte das Wetter nicht, sie schauten kurz nach draußen, schüttelten sich und liefen zurück ins Haus. Nur Rüde Endy legte sich mitten auf die Türschwelle zum Garten, um Wache zu halten. Einer aus dem Rudel muss ja schließlich auf Hab und Gut von Frauchen und Herrchen aufpassen. In dieser Hinsicht ist auf ihn absolut Verlass, denn ihm entgeht in seinem Umfeld so leicht nichts. Ungebetene Gäste würde er sofort in ihre Schranken weisen. Leider gibt es aber immer wieder Ignoranten, welche sich nicht einschüchtern lassen. Und dieser Lapsus wäre dem heutigen Eindringling fast zum Verhängnis geworden. Denn vier Hirtenhunde, die bellen - können auch beißen!
Was ein Tier nicht so toll findet, erfreut oft andere. Vom nassen Rasen wurde eine Drossel angelockt. Welche nun mit allen möglichen Tricks versuchte, die Regenwürmer aus dem Boden zu locken. Die anderen Piepmätze hatten sich ins schützende Blätterdach der Bäume verkrochen, es war kein Vogel zu sehen oder zu hören. Zu meinem Erstaunen gab es auch hier Ausnahmen. Drei Turteltauben trieben trotz Regen, auf dem Blechdach der Garage ihr Unwesen. Sie waren total krass drauf. Hieben mit den Schnäbeln aufeinander ein, dass die Federn nur so flogen. Die Liebe der Täubin war gefragt. Sie hockte abseits, und schaute dem Machtkampf der rivalisierenden Streithähne interessiert zu. Das Geflatter und Rumgehopse machte tierischen Lärm. Allerdings konnte ich mir keinen Reim darauf machen, warum zu dieser Jahreszeit noch balzende Vögel anzutreffen waren? Das muss sich auch Endy gedacht haben. Er quittierte das Getöse mit Knurrlauten, aber leider erfolglos.
Endys Knurrlaute konnte ich verstehen, der Taubenlärm war schon nervig. Dazu noch zur Mittagszeit, wo alles ruhebedürftig ist. Um dem Ganzen zu entgehen, spielte auch ich mit dem Gedanken mich ins Haus zurückzuziehen, um mich etwas aufs Ohr zu legen. Das trübe Wetter machte mich lustlos und müde. Meine Gartenarbeit würde mir schon nicht weglaufen, selbst wenn ich ihr achtlos den Rücken kehrte. Bisher hatte sie das noch nie getan. Unkraut und unbezahlte Rechnungen sind treue Wegbegleiter, sie gehen nicht verloren, sie kommen immer in voller Größe wieder. Von idyllischer Ruhe, Anbetracht des Spektakels auf dem Garagendach, konnte sowieso keine Rede mehr sein; doch jetzt war es auch mit dem Rest der Ruhe vorbei. Endy sprang urplötzlich mit allen Vieren in die Höhe und raste, ohne einen Laut zu geben, in den hinteren Teil des Gartens.
Irgendwie müssen die Hundedamen im Haus seinen überstürzten Aufbruch in den Garten bemerkt haben. Und ich dachte sie genießen ihre tägliche Mittagsruhe und schlafen. Doch kaum hatte ich die Tür geöffnet, flitzten sie laut bellend an mir vorbei. Ihre feinen Ohren können unwichtige Geräusche ausfiltern und nur auf besondere Laute reagieren. Telepathische Fähigkeiten, um sich zu verständigen, schließe ich mal aus. Denn bei Gefahr in Vollzug heißt es: Einer für alle - und alle für einen. Besonderen Aktionen werden vom Rudel gemeinsam durchgeführt. Bei derartigen Aktivitäten ist es ratsam, den eigenen Standort tunlichst nicht mittig in ihrer Anflugschneise zu wählen, sonst steht man auf sehr wackeligen Beinen.
Eine große frei stehende Konifere mit tief hängenden Zweigen war ihr Ziel. Dort hielt sich etwas versteckt. Der Jagdtrieb des Hirtenhundes ist zwar nur minimal ausgeprägt, aber trotzdem vorhanden. Jetzt belagerten sie von alles Seiten stumm die Konifere in Erwartung eines Ereignisses. Ich erwog gerade meine Hunde abzurufen, da löste sich die Situation von selbst. Einer Wildkanine war der Aufenthaltsort unter den Zweigen wohl doch zu mulmig geworden, deswegen versuchte sie ihr Heil in der Flucht. Osa hatte es zuerst bemerkt, dass sich da etwas aus dem Staub machen wollte, sie reagierte sofort. Auch die Anderen gaben jetzt lautstark Stoff um die Beute einzuholen. Quer durch den Garten ging die wilde Jagd bis zur Einzäunung. Und dort schlüpfte das Langohr durch eine etwas größere Lücke im Maschendrahtzaun in die Freiheit.
Osa hat sie trotzdem erwischt und mit einem Biss ihre Blume gepflückt. Der Rest der Kanine konnte entkommen und läuft jetzt schwanzlos durch die Gegend. Igittigitt, so etwas Fieses und Widerwärtiges hatte sie ja nie im Maul gehabt. Osa spuckte den Schwanzstummel im hohen Bogen wieder aus. Die Grimassen, welche sie zog, sprachen Bände. Ihr ganzer Körper schüttelte sich vor Ekel. Dabei versuchte sie, ihre Schnute im Gras zu säubern. Jetzt lag das Corpus Delicti reglos auf dem Rasen und ich war bemüht, die Hunde vor einer näheren Inspektion abzuhalten. Ein allgemeines "AUS" reicht in so einer Situation nicht. Sie wollen einzeln mit ihrem Namen angesprochen werden, sonst reagieren sie nicht. Leider ist es mir nicht gelungen, meine Hunde so schnell namentlich abzurufen. Hündin Ewa war schneller: Ein Happs - und die Blume war weg.
Ein Text von: RockyP
Eisiger Podhalaner-Spaziergang
4. Februar 2016 in Weblogs
Eisiger Podhalaner-Spaziergang (RockyP)
Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass Hündinnen läufig werden.An sich ist es ein wiederkehrendes Ereignis, was für mich keine besonderen Probleme aufwirft, da ich meinen eigenen Rüden im Griff habe. Schwierigkeiten bereiten mir nur die Halter, welche ihre freilaufenden aufdringlichen Hunde nicht abrufen können. Diese Rüden lassen selbst dann nicht locker, wenn die Hündin sie abbeißt und sie sich dabei blutige Ohren holen. Um dieses Desaster nach Möglichkeit einzuschränken, gestalte ich meine Gassirunde zu den Zeiten, an denen nicht so viele Hundehalter unterwegs sind. Trotzdem lassen sich so ab und an unliebsame Begegnungen nicht vermeiden.
Laut schallte der Ruf: »Jonathan«, den steilen Wall am See hinunter. Doch Jonathan reagierte nicht. Er hatte sich über die vereiste Grasnarbe zu uns in Bewegung gesetzt. Seine, für den kleinen Hund sehr langen Ohren, flatterten bei jedem Bewegungsablauf auf und nieder und waren wohl auf Durchzug gestellt, was seinen Namen betraf. Der Geruchssinn des Kleinen war einsame Spitze. Auf gut 80 Meter Entfernung hatte sein kleines Näschen den Duft meiner läufigen Podhalaner-Hündin aufgenommen. Das war schon eine großartige Leistung.
Offenbar litt dieser Taschenknirps an totaler Selbstüberschätzung. Sein Widerrist reichte nicht einmal bis zum Sprunggelenk meiner Hündin. Da hatte er sich viel vorgenommen, aber über den gewaltigen Größenunterschied schien er sich aber im Moment keinen Kopf zu machen. Er war so euphorisch drauf, dass er sich schon im freien Luftraum in Stimmung brachte. Während sein Herrchen oben von der Deichkrone weiterhin seine Lunge strapazierte und lauthals Jonathan brüllte. Die Schreierei seines Namens ignorierte der Kleine total. Vielleicht dachte er auch so bei sich: »Wie ich heiße weiß ich selber, hilf mir lieber bei meinem Problem, was sich hier auftut.«
Meine beiden Hündinnen reagierten ganz entspannt, was mich eigentlich verwunderte. Sonst ist es genau das Gegenteil, alles wird weggebissen. Vielleicht tat der Kleine ihnen auch leid. Was so in Hundeköpfen vorgeht, lässt sich nicht immer genau ergründen. Da aber von der Deichkrone nur gerufen wurde und ansonsten keine weitere Reaktion erfolge den Taschenknirps zu holen, setzte ich meine Gassirunde fort, denn langsam wurde es mir kalt. Freund Jonathan schloss sich spontan unserem Spaziergang an. So leicht kann man auf den Hund kommen, nun hatte ich drei Hunde bei mir. Zwei freilaufende Hunde und meine Osa angeleint. Von der Deichkrone waren die Ruffetzen des Hundenamens immer leiser zu vernehmen.
Weil sich meine alten Socken, welche ich vorsichtshalber wegen der vereisten Fußwege über meine Schuhe gestülpt hatte, langsam auflösten, trat ich kurz darauf den Rückweg an. Nur weiß ich nicht, wer krasser drauf war: der liebestolle Hund oder sein Herrchen? Bei meiner Rückkehr stand er noch immer an der gleichen Stelle, angelehnt an einer Bank und winkte uns zu sich. Dachte er allen Ernstes, ich würde den eisigen Hang hochkraxeln und ihm seinen Hund bringen? Das konnte es nicht sein! Doch an der nächsten Weggabelung legte ich zwangsläufig erneut Rast ein. Mit drei Hunden konnte ich den Heimweg nicht antreten. Und so nach einer gefühlten Stunde in eisiger Kälte kam endlich dieser Hundefreak und holte kommentarlos seinen Jonathan ab. Kein Dankeswort für meine Wartezeit - kein Gruß - nichts. Was soll man dazu noch sagen!
Ein Text von: RockyP
Brief des Teufels an seine Großmutter
4. Februar 2016 in Weblogs
Brief des Teufels an seine Großmutter (RockyP)
Dear Grandmama!
Nun verweile ich schon geraume Zeit auf der trostlosen Mutter Erde, darum möchte ich Dir wie versprochen, kurz meine gewonnenen Eindrücke von den Erdmenschen schildern: Hier ist es öde, einsam und langweilig ohne Dich. Und außerdem noch lausig kalt. Habe Heimweh und sehne mich heiß und innig nach der gleißenden Glut des Höllenfeuers. Ich muss unbedingt mal wieder richtig relaxen und das geht nur bei dir in der Hölle. Hier komme ich einfach nicht zur Ruhe, es gibt zu viel zu tun.
Was Deine Sorge, bezüglich des Nachschubs von sündigen Seelen für das Fegefeuer angeht, weil diese vielleicht eines Tages mangels Masse einmal ausbleiben könnten, ist völlig unbegründet. Da Geld und Politik bekanntlich stark den Charakter verderben, gibt es hier mehr als genug von sündigen Geschöpfen, welche sich vorzüglich als Brennmaterial für das Fegefeuer eignen. Ich habe sogar den Eindruck, dass diese Erdlinge direkt erpicht darauf sind, von uns geröstet zu werden. Viele von ihnen sind so was von krass drauf und auf dem besten Wege ihre Mitmenschen auszurotten. Ideen dazu haben sie reichlich.
Ich liebe diese Teufelsbrut, welche sich gegenseitig die Köpfe einschlagen und dann Fotos davon ins Internet stellen. An sich könnte ich meine Hände ruhig in den Schoß legen und zugucken, sie regeln alles von ganz alleine ohne mein Zutun. Der Autoverkehr auf der Erde hat auch rapide zugenommen und die stinkenden schwefeligen Abgase setzen bei mir Glückshormone frei, es riecht hier fast wie in der Hölle.
Die Bäume entlang der Landstraße sind als Sauerstoffspender gedacht. Aber sie üben auf viele Autofahrer eine magische Anziehungskraft aus, sodass sich ihre Karossen immer wieder dezent um ihre Baumrinde wickeln. Die jammernden Angehörigen stellen dann Holzkreuze am Unfallort auf. Aber es ist sinnlos, in den Himmel kommen die Verkehrsrowdys nicht, da ich ihre Seelen schon längs fürs Fegefeuer einkassiert habe.
Es gibt zwar Samariter in Form von Polizei und Radarfallen, welche die Raser zur Vernunft bringen sollen. Das lässt sich leider nicht verhindern. Allerdings fallen die paar einsichtigen Fahrer kaum ins Gewicht, es ist wie ein Tropfen auf einem heißen Höllenstein. Wie schon "Johann Wolfgang von Goethe" einst schrieb: »Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie am Kragen hätte.« Und daran hat sich bis zum heutigen Tage nichts geändert. Uns kann es egal sein, wie die sündigen Seelen ins Fegefeuer gelangen, solange unsere Glut nicht ausgeht. Es lebe die Hölle.
Schutzengel schwirren hier auch vereinzelt rum, allerdings haben sie gegen mich keine Chance was List und Tücke anbetrifft, darin bin ich ein Meister. Bisher konnte ich ja nur verdeckt recherchieren, damit mein Pferdefuß, Hörner und Schwanz nicht so krass auffallen. Aber damit ist jetzt Schluss, denn auf der Erde ist die "Närrische Zeit" angebrochen. Die Menschen nennen sich Narren und benehmen sich auch so. Sie verkleiden sich mit allerlei Firlefanz und da passt mein Outfit wunderbar zur Szene. Ich habe auf Kostümbällen schon zweimal den ersten Preis für das beste Kostüm gewonnen. Daran kannst du erkennen wie dumm und leichtgläubig sie alle sind. Das erleichtert manche Dinge.
Bei Zwistigkeiten brauche ich nicht mehr großartig einzugreifen, außer hier und da so einen kleinen Anstupser, um die anstehende Freveltat etwas zu beschleunigen. Aber an sich schaffen es diese Erdlinge von ganz alleine, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und ich kann mich ganz entspannt zurücklehnen.
Daher schätze ich die Rohstoffbeschaffung für unser Höllenfeuer recht positiv ein. Sie ist für Jahre gesichert. Die Tendenz an sündigen Seelen nimmt von Stunde zu Stunde rapide zu. Ich mache mir nur Sorgen, dass unser alter Ofen diese freigesetzten Kapazitäten in Zukunft nicht mehr so zügig bewältigen kann und wir in ein neues Fegefeuer investieren müssen.
Einige der Erdlinge haben es sogar besonders eilig im Fegefeuer zu brutzeln und setzen ihrem Leben selbst ein Ende. Ich freue mich schon, sie eigenhändig auf den Grill zu legen, um sie zu kokeln.
Das Ozonloch im Himmel und somit die globale Erderwärmung wird allerdings durch unser zusätzliches Fegefeuer demnächst noch größer, aber das soll uns nicht stören. Hauptsache ist, wir haben es schön heiß in der Hölle. Ich hoffe liebe Großmutter, du bist mit meinen Recherchen auf der Erde zufrieden. Ich werde dich auch in Zukunft stets auf dem Laufenden halten.
Sei aufs Schwefeligste geküsst, von Deinem Beelzebub Luzifer.
Ein Text von: RockyP
Der blaue Brief
29. Oktober 2014 in Weblogs
Der blaue Brief (RockyP)
Heut zutage ist es relativ leicht, so richtig Dampf abzulassen. Denn wenn man sich über eine Firma so richtig maßlos geärgert hat, schickt man ihnen eine gepfefferte E-Mail und wartet den Erfolg ab. Beim Adel herrschte früher die Sitte, den Fehdehandschuh vor dem Kontrahenten auf den Boden zu werfen. Was dann meistens im Morgengrauen mit einem Duell geahndet wurde. Noch heute gibt es den sogenannten blauen Brief, dabei muss er nicht mal blau sein, es kommt auf den brisanten Inhalt an. Zu meiner Schulzeit reichte schon ein morgendliches Zuspätkommen für einen Eintrag ins Klassenbuch. Bei zwei Einträgen war dann ein blauer Brief an die Eltern fällig.
Vor einigen Wochen habe ich einen blauen Brief, in Form einer E-Mail, an den Hersteller meiner Pralinen geschickt, weil ich im wahrsten Sinne mit der haarsträubenden Beilage der Pralinenschachtel nicht zufrieden war. Und dazu ausgerechnet meine Lieblingspralinen. Ein Packzettel besagte: "Sollten sie Beanstandung zum Inhalt dieser Verpackung haben, so melden sie sich unter Angabe der Details und Verkaufsdatum direkt an uns." Nun bin ich ja an sich nicht so besonders pingelig, aber wenn sich direkt unter der aufwendigen Abdeckung riesig, lange, blonde Haare schlängeln, hält sich auch mein kulinarischer Gaumenschmaus in Grenzen.
Was erwartete ich? Eigentlich nicht viel, alles würde wohl im Sande verlaufen. Meine Wut und Enttäuschung war eh verrauscht. Denn das eigentliche Corpus Delicti, die 10 Zentimeter langen blonden Haare, konnte ich ja virtuell nicht verschicken, sie waren schon längst beim Restmüll gelandet. Doch kurze Zeit später kam eine Mail des besagten Herstellers mit einer Entschuldigung: "Trotz sorgfältiger Qualitätskontrolle könne es immer mal zur Panne kommen. Bitte vernichten sie den Verpackungsinhalt. Ein Entschädigungspaket mit schokoladigem Inhalt sei bereits auf dem Weg zu mir." So lautete die vielversprechende Mail an mich.
Ehrlich, damit hatte ich nicht gerechnet. Und so wartete ich voller Ungeduld auf das angekündigte Paket. Schon bei dem Gedanken an die versprochene Köstlichkeit lief mir das Wasser im Mund zusammen. Doch der Postwagen brachte in den folgenden Tagen nur überflüssige Reklame für die Papiertonne. Da hatte ich gelesen: Es verschwinden täglich bei der DHL diverse Pakete. Sollte meine versprochene Köstlichkeit auch ein weiterer Minuspunkt für die Statistik der Post sein und wie oft hatte ich mich früher schon über diesen Paketdienst geärgert? Trotz Anwesenheit lag ein Zettel im Briefkasten. "Wir konnten sie nicht erreichen. Paketabholung am Postamt, aber nicht vor ."Blöder Zusteller!
Irgendwann hatte ich die Faxen dicke. Doch bevor ich eine weitere Wutmail zum Hersteller schicke, habe ich unseren Postmann direkt angesprochen, um den Verbleib des Paketes zu ergründen. Wie sich doch die Dinge im Leben fast wiederholen. »Ich habe Ihnen einen Zettel in den Briefkasten, gelegt. Mit dem Vermerk: Ihr Paket liegt im Papiercontainer!« Oh wie geil ist das denn? Schnellen Fußes zum blauen Container, welcher gegen Mittag geleert wurde. Da lag es friedlich schlummernd und lachte mich an. Glück gehabt. Ich war wieder mit der Welt versöhnt. In meiner ersten Entrüstung habe ich mich zwar bei dem Hersteller über die haarige Beilage beschwert, gegessen habe ich die Pralinen aber trotzdem mit vollem Genuss.
Ein Text von: RockyP