Podhalaner im Herbststress

Podhalaner im Herbststress (RockyP)

Eigentlich schade: Der goldene Oktober ist wohl endgültig vorbei. Heute zeigte sich der Himmel hier von seiner ganz schlechten Seite, mit tief hängenden Wolken, Wind und Regen. Viel schlechter kann es kaum noch werden. Selbst meinen Podhalanern behagte das Wetter nicht, sie schauten kurz nach draußen, schüttelten sich und liefen zurück ins Haus. Nur Rüde Endy legte sich mitten auf die Türschwelle zum Garten, um Wache zu halten. Einer aus dem Rudel muss ja schließlich auf Hab und Gut von Frauchen und Herrchen aufpassen. In dieser Hinsicht ist auf ihn absolut Verlass, denn ihm entgeht in seinem Umfeld so leicht nichts. Ungebetene Gäste würde er sofort in ihre Schranken weisen. Leider gibt es aber immer wieder Ignoranten, welche sich nicht einschüchtern lassen. Und dieser Lapsus wäre dem heutigen Eindringling fast zum Verhängnis geworden. Denn vier Hirtenhunde, die bellen - können auch beißen!

Was ein Tier nicht so toll findet, erfreut oft andere. Vom nassen Rasen wurde eine Drossel angelockt. Welche nun mit allen möglichen Tricks versuchte, die Regenwürmer aus dem Boden zu locken. Die anderen Piepmätze hatten sich ins schützende Blätterdach der Bäume verkrochen, es war kein Vogel zu sehen oder zu hören. Zu meinem Erstaunen gab es auch hier Ausnahmen. Drei Turteltauben trieben trotz Regen, auf dem Blechdach der Garage ihr Unwesen. Sie waren total krass drauf. Hieben mit den Schnäbeln aufeinander ein, dass die Federn nur so flogen. Die Liebe der Täubin war gefragt. Sie hockte abseits, und schaute dem Machtkampf der rivalisierenden Streithähne interessiert zu. Das Geflatter und Rumgehopse machte tierischen Lärm. Allerdings konnte ich mir keinen Reim darauf machen, warum zu dieser Jahreszeit noch balzende Vögel anzutreffen waren? Das muss sich auch Endy gedacht haben. Er quittierte das Getöse mit Knurrlauten, aber leider erfolglos.

Endys Knurrlaute konnte ich verstehen, der Taubenlärm war schon nervig. Dazu noch zur Mittagszeit, wo alles ruhebedürftig ist. Um dem Ganzen zu entgehen, spielte auch ich mit dem Gedanken mich ins Haus zurückzuziehen, um mich etwas aufs Ohr zu legen. Das trübe Wetter machte mich lustlos und müde. Meine Gartenarbeit würde mir schon nicht weglaufen, selbst wenn ich ihr achtlos den Rücken kehrte. Bisher hatte sie das noch nie getan. Unkraut und unbezahlte Rechnungen sind treue Wegbegleiter, sie gehen nicht verloren, sie kommen immer in voller Größe wieder. Von idyllischer Ruhe, Anbetracht des Spektakels auf dem Garagendach, konnte sowieso keine Rede mehr sein; doch jetzt war es auch mit dem Rest der Ruhe vorbei. Endy sprang urplötzlich mit allen Vieren in die Höhe und raste, ohne einen Laut zu geben, in den hinteren Teil des Gartens.

Irgendwie müssen die Hundedamen im Haus seinen überstürzten Aufbruch in den Garten bemerkt haben. Und ich dachte sie genießen ihre tägliche Mittagsruhe und schlafen. Doch kaum hatte ich die Tür geöffnet, flitzten sie laut bellend an mir vorbei. Ihre feinen Ohren können unwichtige Geräusche ausfiltern und nur auf besondere Laute reagieren. Telepathische Fähigkeiten, um sich zu verständigen, schließe ich mal aus. Denn bei Gefahr in Vollzug heißt es: Einer für alle - und alle für einen. Besonderen Aktionen werden vom Rudel gemeinsam durchgeführt. Bei derartigen Aktivitäten ist es ratsam, den eigenen Standort tunlichst nicht mittig in ihrer Anflugschneise zu wählen, sonst steht man auf sehr wackeligen Beinen.

Eine große frei stehende Konifere mit tief hängenden Zweigen war ihr Ziel. Dort hielt sich etwas versteckt. Der Jagdtrieb des Hirtenhundes ist zwar nur minimal ausgeprägt, aber trotzdem vorhanden. Jetzt belagerten sie von alles Seiten stumm die Konifere in Erwartung eines Ereignisses. Ich erwog gerade meine Hunde abzurufen, da löste sich die Situation von selbst. Einer Wildkanine war der Aufenthaltsort unter den Zweigen wohl doch zu mulmig geworden, deswegen versuchte sie ihr Heil in der Flucht. Osa hatte es zuerst bemerkt, dass sich da etwas aus dem Staub machen wollte, sie reagierte sofort. Auch die Anderen gaben jetzt lautstark Stoff um die Beute einzuholen. Quer durch den Garten ging die wilde Jagd bis zur Einzäunung. Und dort schlüpfte das Langohr durch eine etwas größere Lücke im Maschendrahtzaun in die Freiheit.

Osa hat sie trotzdem erwischt und mit einem Biss ihre Blume gepflückt. Der Rest der Kanine konnte entkommen und läuft jetzt schwanzlos durch die Gegend. Igittigitt, so etwas Fieses und Widerwärtiges hatte sie ja nie im Maul gehabt. Osa spuckte den Schwanzstummel im hohen Bogen wieder aus. Die Grimassen, welche sie zog, sprachen Bände. Ihr ganzer Körper schüttelte sich vor Ekel. Dabei versuchte sie, ihre Schnute im Gras zu säubern. Jetzt lag das Corpus Delicti reglos auf dem Rasen und ich war bemüht, die Hunde vor einer näheren Inspektion abzuhalten. Ein allgemeines "AUS" reicht in so einer Situation nicht. Sie wollen einzeln mit ihrem Namen angesprochen werden, sonst reagieren sie nicht. Leider ist es mir nicht gelungen, meine Hunde so schnell namentlich abzurufen. Hündin Ewa war schneller: Ein Happs - und die Blume war weg.

Ein Text von: RockyP

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