Katze Nr. 3

Ich, die niemals “so ein Katzenvieh” im Haus haben wollte und nun schon zwei von “diesen süßen Exemplaren” adoptiert hatte, bemerkte an einem Spätherbstabend, während einer Kochorgie, dass ich durch die Terrassentür beobachtet wurde.
So richtig erkennen konnte ich bei der Dunkelheit nichts.
Vielleicht war es Dankwart, der Igel, der sich über die Reste vom Katzenfutter hermachte und deshalb noch nicht sein Winterlager aufgesucht hatte. Aber hatten Dankwarts Knopfaugen die Magie, mich von der Terrasse aus so anzugucken, dass ich mich davon in der Küche beobachtet fühlte? Ich sah nach.
Ein Kätzchen!!! Gott, und was für ein hübsches Kätzchen! Genau solch ein Kätzchen finde ich überhaupt das allerschönste: Hellbraun/gelblich/weiß und etwas schwarz gestreift. Ein Tiger!!
Ausschließlich der Name “Rudi” würde zu ihm passen!
Außer mir vor Wonne rief ich Herrn Gatte, der ihn sich ansah und nicht umhin kam: Das war mal ein hübscher Bursche - wenn es denn einer war.
Bestimmt hatte er ein Zuhause und war jetzt nur mal kurz weg um die Gegend zu erkunden. Als ich die Terrassentür öffnete verschwand Rudi schlagartig. Aber nur, bis ich wieder in der Küche werkelte. Dann setzte er sich vor die Glastür und sah mir zu.
Aha, Katzenfernsehen!
Rudi schien heimatlos, vielleicht sogar ausgesetzt worden zu sein.
Es gelang mir auch in den nächsten Wochen nicht, mich ihm weniger als auf drei Meter zu nähern. Das Futter, das ich ihm hinstellte, verschlag er viel zu gierig, und nur, wenn ich mich in die Küche zurück gezogen hatte.
Rudi schien schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht zu haben.
Er schlug nach allem was sich bewegte. Die beiden anderen Katzen hatten Angst. Ihre Ruhe war dahin, ihr Revier von einem Machorüpel neu besetzt.
Einmal beobachtete ich sogar, wie Rudi unser Sorgenkind Lucky (Katze Nr.2) sexuell belästigte!! Lucky, nie was anderes als eine Jungfrau gewesen, wusste gar nicht wie ihr geschah, wehrte sich aber erfolgreich.
Nun musste was mit Rudi geschehen. Auf jeden Fall musste er kastriert werden. Zum Arzt würde ich mit ihm fahren, aber ihn in die Transportbox zu bekommen - das war doch wohl Männersache.
Alles war abgesprochen, der Plan stand. Jetzt musste gehandelt werden.
Rudi war ausgehungert; hatte seit zwei Tagen nichts im Magen. Nur so konnte ich ihn mit etwas Futter in die Küche locken. Als ich die Tür schnell hinter ihm schloss, fing das Drama an: Er war außer sich! Raste kreuz und quer und an den Tapeten hoch bis auf die Hängeschränke. Und Herr Gatte stand da mit seinen rieseigen Lederhandschuhen und staunte. Rudi sauste weiter durch den Raum und schrie und schimpfte nach Leibeskräften. Ich meinte einige derbe Schimpfwörter dabei von ihm gehört zu haben.
Herr Gatte schrie gegen Rudis Geschrei an: “Die große Gummimatte!! Schnell!!”
Ich war früher mal die Zweitschnellste der Schule. Schnell bin ich immer noch, aber besonders schnell in Ausnahmesituationen!!
Zack - stand ich mit der großen Gummimatte parat, die mir sofort vom Gatten entrissen und über den flüchtenden Rudi zuerst geworfen und dann gewickelt wurde. Wie in einem Trichter saß Rudi in der Matte und wurde so in die Transportbox bugsiert.
Gewonnen.
Stunden nach dem Eingriff holte ich ihn aus der Arztpraxis ab.
Zerreißt es einem nicht immer wieder das Herz, wenn man solch ein Geschöpf so mitgenommen und wehrlos da liegen sieht?
Ich hatte ein ganz schlechtes Gewissen.
Gemeinsam fuhren wir nach hause.
Die Katzenkiste stellte ich neben den warmen Kachelofen und legte mich daneben. Das bereitstehende Futter brachte Rudi relativ schnell auf die Pfoten.
Es war wie im Märchen: Rudi, der zuvor entweder nach mir geschlagen oder mich gebissen hatte wenn ich ihm zu nahe kam, aus diesem Rudi hatte der Tierarzt ein sanftes, verschmustes Lämmlein gemacht.
Rudi ging mir nicht mehr von der Hacke.
Er ist ein richtiger Genießer geworden, sucht den Körperkontakt und sabbert, wenn er gestreichelt wird.
Ich sag doch: Zu und zu süß! Solch ein ‘Katzenvieh’…

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Kommentare

  1. Gute Geschichte geschrieben.Da hat Rudi geahnt daß er an der richtigen Tür gelauert hat. Und trotz Gummimatte ein süßes Katzenvieh wurde. Bei mir hätte Rudi keine Chance gehabt. Natal,mein Dackel (Mutter Langhaar mit Stammbaum,Vater unbekannt ) hätte ihn ganz sicher nicht rein gelassen weil er wusste daß sich bei mir die Haare sträuben in Nase und Ohren wenn ich nur Katze höre. Deshalb kann ich auch keine solche Story schreiben. Gruß, Schowi90

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