Franz Josef Degenhardt: DEN FLUSS HINUNTER

Sie sind die Letzten vom Gonsbachtal,
und sie fahren den Fluss hinunter.
Es dämmert farbig und gar nicht fahl,
als ging's immer weiter munter.
Der Nachtvogel spannt seine Schwingen weit.
Er wird das Boot begleiten
in seiner Weisheit und Ratlosigkeit.
Der Troubadour spinnt seine Saiten.

Hockt achtern, der Troubadour, sein Gesang
leicht näselnd und tief von unten.
Dieser raue, nostalgische Klang
lässt einen den Wein so munden.
Die Fahrenden tafeln und singen mit,
die Speisen sind üppigst geraten.
Die Hunde am Ufer bellen ins Lied.
Sie riechen natürlich den Braten.

Vorbei an Kaimauern geht die Fahrt
aus Schädeln oder auch Steinen.
Im Weinhaus wird die Erinnerung verwahrt,
da hört man es lachen und weinen.
Das Rot im Wasser, von Blut eine Spur
aus vielen geschlagenen Schlachten?
Den wirklichen oder vielleicht auch nur
den geträumten und mutig erdachten?

Die Sonne steht längst hinterm Horizont.
"Da wird es dann weitergehen",
singt der Sänger. Und ob es sich lohnt,
müsse man dann einfach sehen.
Honig und Milch, so was fließe da noch.
Das wird allerdings bestritten,
das weiß der kluge Nachtvogel, doch
herrschen da keine Eliten.

Sie sind die Letzten vom Gonsbachtal,
und sie fahren den Fluss hinunter.
Ihre Lieder klingen so sentimental
und so melancholisch munter.
Sie fahren, und irgendwo mündet der Fluss
in die grenzenlosen Fluten.
Der Troubadour singt noch ein Lied zum Schluss.
Der Nachtvogel sucht neue Routen.

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