Die Hypermoral

Der Philosoph Alexander Grau beschreibt in seinem Buch »Hypermoral«, wie anscheinend in modernen westlichen Gesellschaften Moral eine gesellschaftliche Monopolstellung erlangt hat. Dies hat zur Folge, dass moralische Argumente in der politisch-öffentlichen Debatte oft wissenschaftliche, technische und ökonomische Sachargumente zurückdrängen. Dadurch wird die Diskussion emotional aufgeladen und unsachlich.

Hinzu kommt, dass es, nach Grau, einfacher ist, moralisch anklagend zu argumentieren als pragmatisch und sachlich. Der Moralist befindet sich nämlich immer im Vorteil – er kann sich als empathischer Menschenfreund präsentieren, demgegenüber ist das technokratisch anmutende Sachurteil im Nachteil.

In seinem moralischen Wohlfühlbecken, so Grau, vergisst der Moralist, sich mit der rationalen Argumentation auseinanderzusetzen. Jedes Gegenargument wird als massiver Angriff erfahren, der zudem als irrational und unmenschlich diskreditiert wird. Ein wirklich vorurteilsfreies Gespräch über die Sache ist nicht mehr möglich.

In den letzten Tagen, beim Hören der Nachrichten, erinnere ich mich wieder an diese Gedanken.

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Kommentare

  1. Norman Mailer, der Schriftsteller gestorben am 10. November 2007 hat das schon zu seinen Lebzeiten erkannt:

    «Früher haben die Deutschen rassische Überlegenheit in Anspruch genommen. Jetzt haben sie die moralische Überlegenheit für sich entdeckt.»

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