von WKaiser

Betreuung für einen Menschen, von dem man geschieden ist

17. September 2009 in Weblogs

Vielleicht mag mein Beitrag, dem einen oder andern von Nutzen sein.
Ich habe in einem andern Beitrag erzähkt, dass meine geschiedene Frau seit einigen Wochen in einem Pflegeheim ist mit der Diagnose Alzheimer. Trotz der Scheidung, deren Gründe hier nichts zur Sache tun, habe ich nie aufgehört, diese Frau zu lieben, und ich fühle mich auch heute, gerade in dieser Situation, verantwortlich für sie.

Aus diesem Grunde, habe ich zusammen mit einem meiner Söhne, die Betreuung für meine Frau beantragt und auch zugesprochen erhalten. Ich selbst bin auch 76, so dass es sinnvoll war, gleich einem Sohn mit in die Betreuung zu nehmen, und zwar eigenständig, also nicht eine gemeinsame Betreuung. Und das hat sich als richtig herausgestellt, denn für das Gericht bin ich eine fremde Person, also nicht gleichgestellt mit einem Ehemann oder direktem Nachkommen. Dadurch habe ich nicht mehr die gleichen Rechte wie ein Ehemann oder ein direkter Nachkomme und muss dem Vormundschaftsgericht gegenüber weit mehr Rechenschaft ablegen. Das macht mich traurig, aber ich verstehe auch die Gründe der Behörden und finde es absolut richtig und begrüssenswert, dass diese hilflose und damit abhängige Menschen schützt. Und es hindert mich ja nicht daran, weiterhin ffür meine Frau da zu sein, solange es für sie wichtig ist, und dafür zu sorgen, dass es ihr gut geht.

von WKaiser

Gemeinschaftliches Wohnen im Alter

12. September 2009 in Weblogs

Seit vielen Jahren befasse ich mit der Idee, im Alter nicht alleine zu leben, sondern mit anderen Menschen zusammen. Aber nicht nur das, sondern diese Idee auch älteren Menschen zu vermitteln. Es gibt eine Reihe von Publikationen zu diesem Thema, auch Erlebnisberichte, eine Zeitlang war es auch ein Thema im Fernsehen.

In unserer Gegend wurde ein Verein gegründet und ich war lange im Vorstand dieses Vereins, bin aber dann letztlich gescheitert, und ich habe mich lange gefragt, woran lag das.

Ziel des Vereins sollte sein, alte und ältere Menschen zusammen zu führen, sie mit einander vertraut zu machen, eine Gemeinschaft wachsen zu lassen, um dann irgendwann ein Objekt zu suchen, in dem Menschen auch zusammen wohnen und leben konnten.

Wichtig war der Gedanke, dass ältere Menschen nicht in ihren Wohnungen und Häuschen vereinsamen, dass sie sich gegenseitig anregen, gemeinsam etwas unternehmen, was das Leben bereichert, Theaterbesuche, Kinobesuche, gemeinsam kochen und essen, Wanderungen, Lesungen, Tanzabende oder einfach Musik hören und vieles mehr: kurz, sich gegenseitig befruchten und das Leben im Alter bereichern.

Bald stellte sich heraus, dass es kaum Menschen zu geben scheint, die bereit sind, sich zu öffnen, andere an ihrem Leben teilhaben zu lassen, von ihren Freuden und Leiden zu erzählen, ihre Erinnerungen miteinander zu teilen. Ich kann mir kein Leben vorstellen, das es nicht wert ist, dass man davon erzählt, dass es Erinnerungen gibt, die nicht unterhaltsam oder lehrreich sind, denn nur wenn wir die Erfahrungen unseres Lebens mit anderen teilen, entsteht Vertrauen, entsteht eine Gemeinschaft. Das hat nichts mit simpler Neugier zu tun oder gar mit Voyarismus, eher oder vor allem mit Anteilnahme, Kennenlernen und vor allem Vertrauen zu tun.

Bald stellte sich heraus, dass die gemeinsamen Treffen für Viele nur den Sinn hatten, sich zwei Stunden im Monat zu unterhalten, Kaffe zu trinken und Kuchen zu essen, für andere, die darauf zu hoffen, einfach in diesem Rahmen zu billigem Wohnraum zu kommen. Das sind ja keine verwerflichen Vorhaben, aber es kam nie dazu, dass sich wirklich eine Gemeinschaft bildete, dass wir dem Ziel auch nur einen Schritt näher gekommen wären. Und das genügte mir nicht und mit meinen Mahungen ging ich den Anderen auf die Nerven. So platzte auch dieser Traum. Und eigentlich bleibt nur eine etwas bittere Erkenntnis, diese Idee scheint wiederum vom Geld abzuhängen, vielleicht ein wenig auch von der Bildung, sicher jedoch auch von der Erziehung und der Herkunft.Aber vielleicht irre ich mich.

von WKaiser

Sternschnuppen, Lichtblitze, Begegnungen

10. September 2009 in Weblogs

Es gibt kurze Begegnungen, die man ein Leben lang nicht mehr vergisst, zumindest kenne ich solche. Sie sind wie Sternschnuppen, hell leuchtend und verglühend, oder eben wie Lichtblitze, die einen Augenblick zum leuchten bringen.

Ich sass im Zug ins Tessin, eine geschäftsreise wie ich sie hin und wieder unternehmen musste. Ich las in meinen Papieren oder auch in einem Buch. Ich war allein im Abteil. Irgendwann stieg eine Frau ein und setzte sich etwas entfernt, doch jedes Mal, wenn ich aufsah, begegnete ich ihrem Blick. Nach einer Weile stand ich auf und setzte mich ihr gegenüber und wollte mit ihr reden. Leider sprach sie nur Italienisch und Französisch und ich Deutsch und Englisch. Ich stand auf, beugte mich über sie und küsste sie,und sie erwiderte den sanften Kuss. An der nächsten Haltestelle stieg sie aus.

Ich sass beim Frühstück in einem kleinen Londoner Hotel. Ich flog in dieser Zeit oft nach London, denn ich liebte diese Stadt, ihre Theater und Kinos, die Chinesischem Restaurants.

Nicht weit von mir entfernt sass eine Frau alleine an einem Tisch und die Bedienung gab sich alle Mühe zu erfahren, wie der Gast die Frühstückseier zubereitet haben möchte. Die Frau konnte offenbar kein Wort Englisch. Ich dolmetschte, sie mochte scrambled eggs, Rühreier. Grosse Erleichterung auf beiden Seiten.

Nach dem Frühstück holte ich in meinem Zimmer ein Buch, denn ich liebte es, im Hydepark auf einer Bank zu sitzen und zu lesen. An der Türe des Hotels stand wieder diese Frau, wir kamen ins Gespräch und sie erzählte mir, dass sie einen Wochenendflug gebucht hatte, aber da sie kein Wort Englisch konnte, hatte sie das Wochenende im Hotel verbracht und noch nicht einmal den Hydepark gesehen, der kaum 10 Minuten zu Fuss erreicchbar war.

Ich lud sie ein, mit mir ein kleines Stückchen London zu erkunden, denn mittags musste sie zurückfliegen. So zeigte ich ihr im Schnelldurchlauf den Hydepark, die Oxford Street, den Piccadilly Circus und irgendwo auf dem Weg assen wir zusammen eine Pizza, bevor ich sie zum Hotel zurück brachte. Der Bus, der sie zum Flughafen brachte, wartete schon. Wir küssten uns lange und innig, bevor sie einstieg und zum Abschied winkte. Ich wusste nur, dass sie Marianne hiess, katholisch und verheiratet war und als Sekretärin bei einem Bürgermeister am Bodensee arbeitete.

Ich hatte von Bekannten eine kleine Wohnung in Istanbul zur Benutzung erhalten, mitten in einem Wohngebiet, im dritten Stock eines Wohnblocks. Ich erinnere mich noch heute an die Nächte, die oft erfüllt waren vom Wehklagen der Klageweiber, wie auch an die frühen Rufe der Muezzin, immer ein wenig zeitversetzt, weil die Uhren verschieden gingen.

Ich verbrachte Stunden in den unzähligen Moscheen, die für mich eindeutig weiblich waren, einmal wegen der vielen kleineren und grösseren Kuppeln, die von oben betrachtet wie reife Brüste aussahen, aber auch wegen der Geborgenheit in den Moscheen, die nicht zu vergleichen ist mit unseren Kathedralen.

Eines Tages läutete es an der Türe und als ich öffnete standen zwei bildhübsche junge Frauen vor der Türe. Ein Schwall türkischer Worte
ergoss sich über mich, von denen ich kein einziges verstand. So konnte ich nur sagen: Ich verstehe kein einziges Wort. Da lachte die eine und meinte, ebenfalls auf Deutsch: Das ist ja wunderbar, ich kann auch kein Türkisch. Es stellte sich heraus, dass sie die Bewohner über mir besuchen wollte, die aber nicht anwesend waren. So zeigte ich ihr während der vier Stunden, die sie zwischen zwei Flügen Zeit hatte, meine Lieblingsmoscheen, nicht die Hagia Sofia, aber die Blaue Moschee und ein paar andere. Dann musste sie wieder zum Flughafen.

Während einigen Aufenthalten in Neuseeland traf ich eine wunderbare Frau. Sie war gescheit, konnte gut kochen, sie liebte das Kino, auch ein wenig frivole Filme und wir konnten uns auf langen Spaziergängen stundenlang unterhalten. Sie hatte Brustkrebs, der später auf das Rückenmark übergriff. Sie starb kurz nach meiner Abreise, und es treibt mir heute noch die Tränen in die Augen, wenn ich daran denke und mich frage, warum bin ich nicht noch die letzten Wochen geblieben.

von WKaiser

Haben wir uns so unser Alter vorgestellt?

9. September 2009 in Weblogs

Wir hatten noch viel vor. Ja, wir waren früher viel gereist. Meine Frau reiste mit dem Rucksack um die ganze Welt. Sie war auch in Südamerika, war begeister von Peru.Sie war begeistert von Irland, Griechenland, Grönland.

Ich selbst träumte manchmal davon, nach Neuseeland auszuwandern, fand aber auch Cornwall, Irland, die Bretagne oder Südfrankreich reizvoll und konnte mir vorstellen, dort das Alter zu verbringen. Ich fand auch Sri Lanka und Indien, die Philippinen spannend.

Im Alter wollten wir unsere Lieblingsländer nochmals gemeinsam bereisen und uns gegenseitig an die Orte führen, die uns besonders am Herzen lagen, obwohl wir uns vor 15 Jahren scheiden liessen.

Dann vor einem Jahr begann es. Meine Frau vergass alles sehr schnell, wurde sehr unruhig, arbeitete verbissen im Garten, ohne wirklich etwas zu tun. Sie ass kaum mehr, trank sehr wenig. bis dann vor zwei Monaten die Aggressionen einsetzten und sie immer weniger wusste, was sie tat, so dass ich sie notfallmässig in eine Psychiatrische Klinik einweisen lassen musste. Nun ist sie seit 3 Wochen in einem Pflegeheim und freut sich noch über meine täglichen besuche, und sie ist todtraurig, wenn ich wieder gehe, was mir jedes Mal fast das Herz zerreisst. Habe ich sie im Stich gelassen?

Ich bin 76 und wohne völlig einsam inn unserem Häuschen, 2 km vom nächsten Dorf entfernt. Noch kann ich autofahren, was wird im nächsten Winter? Zum Glück habe ich einen Sohn, der mich sehr unterstützt, aber doch sehr weit entfernt wohnt. Das Haus werde ich im nächsten Jahr verkaufen, wie auch die Eigentumswohnung meiner Frau, so dass ich mir eine wohnung in ihrer Nähe suchen kann.

Nein, so haben wir uns das Alter nicht erträumt, und wir teilen unser Schciksal mit vielen anderen Menschen.

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