von roklei

Fensterln

21. Februar 2011 in Weblogs

Fensterln (belami)

Sie war jung. Sie war schlank. Sie war schwarzhaarig. Sie war begehrenswert. Sie war einfach ein romantisches Liebesmärchen. Wenn ihre nachtschwarzen Augen, die vor Lebenslust blitzten, mich aus halbgesenkten Wimpern anschauten, war es um mich geschehen.
Ich schmolz einfach dahin.

Ich war auch jung, ich war ebenfalls voller Lebenslust, und ich war selig wie ich sie so im Walzertakt in meinen Armen hielt. Erst vor ein paar Minuten hatten wir uns kennen gelernt. Sie hatte laut "Auweh" geschrien als ich ihr unabsichtlich bei einem zu rasanten Rock and Roll Schritt voll auf die Zehen getreten war. Ihr Tanzpartner, ein bulliger Halbstarker mit Schwalbenschwanzfrisur wollte sofort auf mich los, doch sie schob ihn einfach beiseite, stellte sich breitbeinig vor mich hin und sagte: "Lass mal sehen Kleiner ob Du nen zünftigen Rock zu tanzen imstande bist, oder ob Du nur auf Zehen herumtanzen kannst." Meine verlegen gemurmelte Entschuldigung nahm sie kommentarlos zur Kenntnis, zog mich einfach am Arm auf die Tanzfläche. Ich folgte willig, suchte bislang vergeblich nach einer Erklärung warum sie mich ´Kleiner´ genannt, wo ich doch immerhin 183 Zentimeter maß.Der Rock war für mich kein Problem, zumal ich erst kürzlich erfolgreich die Tanzschule absolviert hatte.
Wir lernten zwar nur den Boogie Woogie, jedoch gleichen sich im Takt- und Tanzschritt Rock und Boogie so ziemlich. Ist er ja so quasi ein Vorläufer des Rock ´n´ Roll und stammt vom Swing ab, dessen Wurzeln in den Musikkneipen amerikanischer Ghettos liegen, so jedenfalls wurde es mir erklärt.Kurzum, wir wiegten uns nach der eher schweißtreibenden Rockeinlage im Dreiviertel Walzertakt.
Genossen sichtlich den zauberhaften Melodienreigen des James Last, um anschließend Wange an Wange der Stimme des Ivo Robic zu lauschen. "Rot ist der Wein." tönte es schmachtend aus der Musikbox. Der Tanzabend schien wunderbar, doch dann ein erschreckter Blick auf die Uhr, ein leises "Servus", weg war sie.

In den folgenden Nächten saß ich gelangweilt herum. Tanzte nur unlustig. Betrank mich meist. Sah sie nicht mehr wieder, bis sie eines Tages wie herbeigezaubert neben mir an der Theke lehnte. Die nachtschwarzen Augen blitzten verwegen. Wortlos zog sie mich auf die Tanzfläche, schmiegte sich an mich, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. "Kommst Du heute Nacht zu mir Fensterln?" Flüsterte sie. Ich spürte ihren bebenden Körper hautnah, vermeinte wie ein Meteorit zu verglühen. Durchsuchte das halbe Dorf vergeblich nach einer Leiter. Ihr wurde das dann doch zu langatmig, ließ kurzerhand ein verknotetes Leintuch in den Garten herab. Ich enterte die dargebotene Aufstiegshilfe, war auch fast schon oben, da ratschte es. Das Leintuchseil riss.
Als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, fand ich mich inmitten verschiedenster Salatsorten im Gemüsebeet wieder. Glatte drei Meter abgestürzt, vom schon zum Greifen nahen siebenten Himmel, mitten hinein in ein Chaos aus Kraut und Rüben.Böse Zungen behaupteten später, dass mich ihr Vater gefunden- und gesagt hätte:"Was machst Du da im Krautgarten? Kannst eh bei der Tür reingehen!"

Ein Text von: belami

von roklei

Das O - Bein Syndrom

19. November 2009 in Weblogs

Das O - Bein Syndrom (belami)

In meiner Jugend bin ich fast jeden Tag auf den örtlichen Fußballplatz gepilgert, habe beinahe andächtig den Ballkünsten der Profis zugeguckt, rannte mit zunehmender Begeisterung buchstäblich dem runden Leder - im bundesstädtischen Dialekt bezeichnender Weise "Fetzenlaberl" genannt - hinterher.
Doch ich mochte rennen wie ich wollte, laufen bis mir im wahrsten Sinn des Wortes die Zunge raus hing, der Reifeprozess zu einer echten Sportgröße verzögerte sich, blieb schlussendlich aus.Mit fortschreitendem Alter zum Zuschauer degradiert, kehrte ich dann dieser Sportart fast gänzlich den Rücken, interessierte mich nur mehr am Rande dafür, zumal das Niveau des heimischen Spielerpotentials mehr als nur zu wünschen übrig ließ, wodurch der Verein in die unterste Kreisklasse absackte. Für mich ein Grund mehr via Television ins benachbarte Ausland zu gucken, wo zu jener Zeit attraktiver Fußball gespielt wurde.
Nun ergab es sich aber, dass ich nach langen Jahren wieder einmal auf den örtlichen Fußballplatz pilgerte, um mir ein Schülermatch anzugucken. Der Enkelsohn meines Schwagers hatte an diesem Tag seinen großen Auftritt: Er durfte von Beginn an - als Abwehrspieler nominiert - das Pokalspiel der Unter Zwölfjährigen mitgestalten. War für mich als Großonkel natürlich große Ehr und Selbstverständlichkeit, mit dabei zu sein.
Erinnere mich noch genau: Als ich den Platz betrete, empfängt mich frenetischer Jubel, der zwar nicht mir- aber den gerade auflaufenden Schülermannschaften gilt. Schnell suche ich nach einem geeigneten Sitzplatz. Komme rein zufällig neben einer fülligen Matrone zu sitzen, die da - mit Spruchband und Vereinskappe ausgerüstet - hochroten Kopfes dem allgemeinen Gebrüll mit schriller Stimme sein besonderes Flair verleiht. "Kernhof vor - noch ein Tor." Der guten Ladys Stimme überschlägt sich förmlich vor Begeisterung. Gerade setzt sie zu einer neuerlichen Tirade an, als urplötzlich und unvermittelt der Schlachtgesang mit einem schrillen Misston abbricht, denn gerade rollt der Ball durch die Beine des Torwartes ins eigene Tor. Wie ein Urschrei gellt die Stimme der Frau über den Platz; "Bub, halt die Haxen (Beine) zusammen! Um Gottes Willen nicht schon wieder.
Halt doch endlich Deine Füße zusammen." Zu spät. Gerade passiert der Spielball auf ähnliche Art die Torlinie ein weiteres Mal. Förmlich aufgelöst sinkt die Fußballmutti, ob des neuerlichen Patzers ihres Sprösslings total entnervt, vor ihrem Sitzplatz auf die Knie.
In einer der vorderen Reihen sitzt ein älterer Herr. Der dreht sich gemächlich um und sagt zu der deplaziert dasitzenden Frau:
"Siehste, hättest Du damals auch Deine Füße zusammen gehalten, müsstest Du Dich jetzt nicht so aufregen."

Ein Text von:belami

von roklei

Bauch hinein!

27. Oktober 2009 in Weblogs

Bauch hinein! (belami)

Herrlich, wunderbar, heiß, erlebnisreich war er, der Sommer 2009. Und obendrein mit zahlreichen Höhepunkten verbrämt. Aneinander gereiht, ein buntes Kaleidoskop unzähliger mehr oder minder erfreulicher Ereignisse, ungezählter mehr oder minder erfreulicher Begebenheiten. Eine davon sei hier stellvertretend erwähnt.

Schon am frühen Vormittag wabbert hochsommerliche Hitze durch Gassen und Wege, lastet eine sonnendurchglühte Dunstglocke über der kleinen Stadt. Wen wundert es da, dass das nahe gelegene Freibad schon am frühen Vormittag überbelegt ist. Und, obwohl der zu einem Badesee umfunktionierte Schotterteich an vielen Stellen arg verschlammt, drängeln Männlein wie Weiblein, wie Kids dem kühlen Nass entgegen, was angesichts subtropischer Temperaturen ja auch verständlich ist. Mitten unter ihnen, dränge auch ich mich der Erfrischung entgegen, komme jedoch nur ein paar Schritte vorwärts, um gleich wieder mit einer galanten Verbeugung der holden Weiblichkeit den Vortritt lassend. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, des ewig Nachgebens überdrüssig, lehne ich mich an die Wand der Umkleidekabinen und gucke dem Badetreiben zu. Hoch interessant, aber auch hoch pikant, liegt das badesüchtige Volk höchst dürftig - halt nur notdürftig würde ich es bezeichnen - bekleidet unter- oder neben dem Sonnenschirm. Oben ohne ist vornehmlich bei der jüngeren Generation In, bei mir erzeugt es naturgemäß Stielaugen. Naja, sieht man ja auch nicht alle Tage.

Linkerhand des Sees erweckt eine flüchtige Bewegung mein Interesse. Hockt da tatsächlich ein Mensch im halbhohen Gebüsch, den Feldstecher am Auge.
Was der wohl zu gucken hat, murmle ich halblaut im Selbstgespräch. "Na die Nackerten da drüben", antwortet ein Badegast grinsend, der meine halblaute Frage gehört.
"Sind FKKler." Just in dem Moment als ich antworten will, geht die Tür der Umkleidekabine, und heraus strömt eine Anzahl weiblicher Schönheiten. Sofort gehe ich in Angeberstellung, auf gut deutsch: Bauch hinein, Luft anhalten. Ich nenne das so, weil mein alter Körper ja doch nie und nimmer einen Waschbrettbauch zu fabrizieren imstande ist.
Kichernd huschen die Teenager vorbei. Dicht dahinter folgt ein etwa fünfjähriges Mädchen an der Hand eines graumelierten Mannes. "Guck Onkel", gluckst die Kleine, "der Mann hat aber einen Sonnenbrand, der ist doch butterrot im Gesicht." Schwupps, fährt der Bauch heraus, was die Kleine postwendend zu der Feststellung veranlasst: "Onkel, platzt jetzt der Mann wie der Froschkönig?" Schnapp, die Luft raus, den Bauch wieder einfahren. "Onkel, der Mann hat schon wieder so ein rotes Gesicht, und die Luft ist ihm auch ausgegangen." Schwupps, den Bauch raus. Da geht die Umkleide Kabinentür. Schnapp, Bauch rein und Luft anhalten.

Tritt eine silbergrau melierte Dame aus der Kabine, guckt mich an, tippt mir auf den Bauch. "Manno, kannste ruhig rauslassen, ich weiß Bescheid." Schwupps, traurig hängt der Bauch über die Badehose, verkriecht sich Momente später schamhaft in den ihn einhüllenden Bademantel.

Ein Text von: belami

von roklei

Grüß Gott

28. April 2009 in Weblogs

Grüß Gott (belami)

Juhuuu. Das Wasser war zwar noch eiskalt, doch wir konnten es kaum erwarten, wieder mal so richtig am- und im durch unseren Ort fließenden Fluss zu spielen. Ein paar Bretter aus der nahen Holzhütte, Nägel und eine Menge Fantasie, schon war ein - sich lustig in der Flussströmung drehendes Wasserrad fertig gebastelt. Doch da, unweit unseres Wasserrad Standortes plötzlich eine Gischtwelle. Kurz nur, die blitzende Erscheinung an der Wasseroberfläche, jedoch sofort in unseren Gehirnen richtig katalogisiert: Eine Forelle war da auf Beutefang. Vergessen war Wasserrad und Bachwaten. Uns hatte das Fischhunterfieber gepackt. Ärmel hochkrempeln, sachte unter den Stein greifen, schon hat die tastende Hand den Fisch geortet, packt zu, hält das so gefangene Schuppentier triumphierend in die Höhe.

"Was macht ihr da, Kinder?" Erschrecktes hoch blicken, hin zum Steg. Da stand doch wahrhaftig, wie hingezaubert, der Herr Gendarmerieinspektor auf der Brücke. "Hände waschen, Herr Inspektor", riefen wir wie aus einem Munde. "Aber geh. Und was hast Du da unter Deinem Hemd?" Gemeint war der Nachbarsjunge Edwin, unter dessen Hemd sich der Bauch des ansonsten spindeldürren Buben bedenklich wölbte, und er dieses Manko krampfhaft mit seinen Händen zu bedecken versuchte."Nichts, Herr Inspektor."
"Warum hältst Du dann Deine Hände vor den Bauch."
"Ich, ich hab Bauchweh, Herr Inspektor!" Da wurde es dem Gesetzeshüter nun doch zu bunt. Er brüllte: "Hände hoch." Schlagartig flogen unsere Hände gen Himmel. Auch die, des Nachbarjungen. Was zur Folge hatte, dass sich die vorhin krampfhaft zusammengehaltene Hemdbrust öffnete, und ein Fisch nach dem anderen - insgesamt waren es Vier - zurück in sein Element plumpste. Ergeben grabbelten wir aus dem nassen Element, um dem Herrn Inspektor auf den Gendarmerieposten zu folgen, wohl wissend, was uns nun als Strafe drohte: Das Dienstmotorrad putzen.

Einige Tage später. Wir wollten wieder mal eine Schwarzfischjagd riskieren und berieten gerade wie wir das Strafetat Motorrad reinigen vermeiden könnten, als der Herr Inspektor des Weges kam. Sofort verschwand jeglicher Gedanken an Schwarzfischerei. Stramm in Reih und Glied stehend, grüßten wir den Gesetzeshüter, die rechte Hand gen Himmel gestreckt: "Heil Hitler, Herr Inspektor!" Aber was war das? Irgendwas mussten wir falsch gemacht haben, denn der Herr Inspektor stellte sich mit in die Hüften gestützte Arme vor uns hin. Er dankte nicht, wie sonst üblich sondern sagte: "Kinder, ab Heute heißt das Grüß Gott!"

Ein Text von: belami

von roklei

Spuren im Schnee

27. März 2009 in Weblogs

Spuren im Schnee (belami)

Als Pensionär - in meiner Jugend nie gekannt - täglich ca 7 km zu Fuß unterwegs um Geist und Körper fit zu halten, wie mir von meinem Hausarzt verordnet- strebe ich eilenden Schrittes den wohlbekannten- schon x-mal beschrittenen Waldweg entlang. Kann es kaum erwarten, mich nach getaner Arbeit endlich meinem Liebling - einem 500 MHz Compi - zu widmen, mit ihm in die weite Welt hinaus zu surfen.

Urplötzlich stockt der eilende Fuß. Eine Spur. Unzweifelhaft von einem Hund stammend. Frisch in den Schnee getreten. Dass diese ekelhaften Köter auch auf dem einsamen Waldweg herumlaufen müssen! Frustriert sehe ich mich um. Nichts. Gott sei Dank. Hängt mir doch der eigene Hund mitsamt seinem durch Mark und Pein dringenden Gebell zum Hals heraus. Aber was soll´s: Frauchen hängt an ihrem "Liebling". Bessy wird die Hundedame liebevoll gerufen.

Auch die Kinder sind von dem Hunderl hellauf begeistert, während meine Wenigkeit schon starre Haare im Nacken bekommt, wenn irgendwo nur der Schatten dieses Tieres auftaucht. Sehr erfolgreich ist das Vieh obendrein noch. Hat schon Siegestrophäen eingeheimst. Mit dem Frauchen natürlich, denn die ist die treibende- agile Kraft.

"Agility" wird diese sonderbare Hundesportart übrigens auch genannt.Noch ganz in Gedanken, stehe ich, wie mir schien, einem urplötzlich aus dem Boden gewachsenen Hundevieh gegenüber. Kein Zweifel. Das ist ein Hund - keine Vision. Das rabenschwarze Tier knurrt leise, springt mich aus ungefähr zwei Metern Entfernung plötzlich an. Ich taumle entsetzt zurück - mit lautem krachen stürzt ein morscher, etwa armdicker Baumast genau auf die Stelle, an der ich Sekundenbruchteile vorher noch stand. Der hätte mich glattwegs erschlagen, wäre der Hund nicht gewesen. Ich sehe mich um. Nichts. Weit und breit kein Hund in der Nähe. Doch eine Vision? Nein. Die frische Spur im Schnee zeugt von Realität.

Seit diesem Erlebnis denke ich anders, wenn ich bei meinen täglichen Spaziergängen einer Hundespur ansichtig werde.

Ein Text von: belami

von roklei

Unterleibstritte

27. März 2009 in Weblogs

Unterleibstritte (belami)

Die Episode hat einen sehr ernsten Hintergrund. Man schrieb, ich weiß jetzt nicht mehr genau, aber wenn ich nicht irre war es kurz vor dem Kriegsende im Jahre 1945. Auf jeden Fall - kann mich noch genau erinnern - zog ein schier nicht enden wollendes, geschlagenes Heer durch unser kleines Dorf.
Mutlos resignierende Blicke musterten uns Jungs, die wir da aufgereiht, neugierig am Straßenrand standen, nicht ahnend welch Tragödie hier an uns vorbeizog.

Urplötzlich aufkommendes Sirenengeheul veranlasste uns, so schnell wie möglich von der Bildfläche zu verschwinden. Keine Minute zu früh, schon kündete ferner Motorenlärm anfliegende Kampfflugzeuge an. Zwei Jagdflugzeuge donnerten im Tiefflug, wie mir schien, durch das Dorf. Wie aufgefädelte Perlenketten, die abgeschossene Leuchtspurmunition. Dann krachte es gewaltig. Ziegelsteine fegten über unser Hausdach, Fensterscheiben gingen zu Bruch. Die den Abfangjägern nachfolgenden Bomber hatten unser Dorf bombardiert. Insgesamt fünf Bomben schlugen in unmittelbarer Nähe meiner Wohnstätte ein. Glücklicherweise explodierte nur eine davon. Riss einen tiefen Krater in die Fahrbahn. Sämtliche Kirchenfenster gingen zu Bruch. Zu Schaden kam aber niemand. Großes Glück hatte auch der ortsansässige Schreiner.
Er briet sich gerade ein saftiges Steak, als der Blindgänger unmittelbar neben der Wagnerei einschlug. Die Druckwelle war aber dennoch so gewaltig, dass das Steak wie von Zauberhand aus der Bratpfanne verschwand. Erst viel später entdeckte es der verdutzte Wagnermeister an der Zimmerdecke klebend.

Dem Flüchtenden Heer fast auf den Fuß folgend, die anrückende Besatzungsmacht. Mitten durch das Dorf, die Demarkationslinie. Herüben die Russen, drüben die Engländer. Eines Tages stand ein russischer Soldat plötzlich in unserer Wohnung. "Ich heute Nacht bei Dir schlafen", damit deutete er unmissverständlich in Richtung meiner Mutter.Meine Mama weinte den ganzen Tag über, zitterte vor Angst. Als die Nacht herein brach verrammelten wir Tür und Tor. Der Russe kam nicht, dafür gingen einige Stoßgebete gen Himmel. Erst viel später erfuhren wir, warum er nicht kam. Er konnte nicht. Belästigte mit einigen anderen Soldaten einige unserer Dorfmädels. Da sprangen ein paar beherzte, schon etwas ältere Dorfburschen hinzu und verprügelten die Ruskis, dass sie zerbeult und zerschunden das Weite suchten. Anderntags musste ich - vom Küchenfenster aus zusehend - miterleben, wie man die mutigen Jungs, die man am nächsten Morgen, in aller Herrgottsfrüh aus ihren Betten prügelte, mit gemeinen Fußtritten auf den Dorfplatz trieb- und dort zur Exekution an eine Hauswand stellte. Gewehrverschlüsse knackten, Kommandos ertönten... Plötzlich fuhr ein Jeep vor.
Aus dem noch fahrenden Fahrzeug sprang ein Uniformierter mit gezogener Pistole und schrie wild gestikulierend auf die Soldaten ein. Offenbar ein Vorgesetzter, denn Diese senkten daraufhin ihre schon zum tödlichen Schuss erhobenen Gewehre, rissen die Burschen von der Hausmauer weg. Traten ihnen gemein in den Unterleib und prügelten sie mit ihren Gewehrkolben brutal durch den Ort. Blutig und zerschunden retteten sich die Jungs schließlich in die Kirche.

Anderntags war dies Ereignis Gesprächsstoff Numero Eins in der kleinen Ortschaft. Und selbstredend auch unter uns Dorfjungen. "Wuiii, das muss furchtbar weh getan haben, diese Tritte in die Eier. die müssen alle Engel singen gehört haben!" Was der Nachbarsbub da soeben gesagt, ging mir vorerst nicht in den Kopf, bis mir dämmerte, was er mit "Eier" eigentlich meinte. Ein schneller Kniff zu den Hoden. Naja, es war nicht angenehm aber so schmerzhaft auch wider nicht, fand ich. Bis ich einige Zeit später eines Besseren belehrt wurde. Eine Radpartie stand an. In Ermangelung eines anderen Gefährts, schnappte ich mir das Damenrad meiner Mutter. Der Sattel war viel zu hoch und so musste ich Dreikäsehoch eben - in den Pedalen stehend - im Wiegeschritt das Gefährt in Gang setzen.
Der Nachbarsjunge war schon einige Längen vor mir.

Fazit: erhöhter Tritt in die Pedale. Doch dann strauchelte ich mit einem Fuß vom Pedal, und schon saß ich höchst unsanft- und vor allem -schmerzhaft auf dem Fahrradrahmen. Da wurde mir schlagartig klar, was der Nachbarsjunge damals gemeint hat. Ich hörte nämlich in diesem Augenblick auch - und das im wahrsten Sinn des Wortes - ,Alle himmlischen Heerscharen´ - sprich Engel singen.

Ein Text von: belami

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