von Andreas61

Tagebucheintrag 31.10.2023

31. Oktober 2023 in Weblogs

Hmh, eigentlich hatte ich gedacht, ich wäre schon gelöscht worden. Aber okay, dann schreibe ich eben hier einfach weiter. Ich suche noch eine Form des Schreibens, wo ich versuche alles zu verarbeiten. Fast 3 Monate ist es nun her, seit dem meine Frau gestorben ist. Ich würde sie als schwerste Zeit meines Lebens betrachten. Auch wegen bürokratischer Begleitumstände, die zu erfassen, für mich ziemlich schwierig ist. Ich bin wohl ein Sonderfall, der zwischen die Mühlsteine diverser Organisationsformen gelandet ist und wo die eine Seite nur bedingt von der anderen Seite weiß. Und ich bin dann der Bote zwischen diesen Systemen.

Eben bedingt durch den Tod meiner Frau und unserer nicht leicht nachvollziehbaren Lebensläufe. Am Besten kommt man durchs Leben, wenn man genau der erwarteten Norm
entspricht.

Etwas hat dann jetzt eine kämpferische Seite in mir das Steuer übernehmen lassen.Ich dachte schon, diese Seite an mir wäre endgültig begraben gewesen. Aber etwas will noch nicht
aufgeben.

Herbst, Halloween. Im Garten erneuere ich immer ein kleines Licht für meine Fraus. Das spendet mir etwas Trost, ebenso wie meine Tiere.

Ja, Halloween. Für uns war das immer ein Ereignis. Weniger das kommerzialisierte Halloween, sondern mehr die Wurzeln, die weiter zurückgehen und noch keinen so

kommerzielen Charakter in sich trugen. Ging ja ursprünglich aus dem Fest Samhain hervor, ist ein keltisches Fest, hat also europäische oder irische Wurzeln. Ein Fest im Herbst, wo es meiner Frau wichtig war, dass ein Kürbis irgendwo steht und sie es entsprechend dekorieren kann.  Dieses Jahr ist nichts davon zu spüren. Kein Mysterium, sondern ja so etwas wie ein Wechsel , zwischen Hoffnungslosigkeit und etwas Anderem.

Die zwei Seiten arbeiten in mir und es kostet Kraft.

Die jetzuge Zeitumstellung war für mich gut. In der Zeit fühle ich mich heimischer, aber ansonsten komme ich mir auch verloren vor. Das stabiliserende Element fehlt.

Draußen ist es dazu furchtbar trüb und nass. Ich werde mich dann doch noch zu einem Spaziergang aufraffen. Ist ein merkwürdiges Gefühl, Strecken zu gehen, die wir früher zusammen gegangen sind. Es ist ein schreckliches Gefühl, weil ich den Verlust spüre. Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen. Und ich stehe immer noch fassungslos vor dieser Tatsache.

 

 

 

 

von Andreas61

Tagebuch Eintrag 21.10.2023

21. Oktober 2023 in Weblogs

Tja, jetzt bin ich also virtuell hier gelandet. Ich frage mich, was meine verstorbene Frau dazu gesagt hätte. Wahrscheinlich, dass ich der widersprüchlichste Mensch auf der Welt bin. Sie fehlt mir sehr, meine Frau. Und ich muss mich wieder mal neu erfinden, um zu überleben? Wollte ich das überhaupt noch? Will ich es überhaupt noch?  Das wird wohl die nächste Zeit ergeben. und wie ich die Dinge verarbeite.

Seniorenforum? Bin ich ein Senior? Arrgh, das Leben ist grausam. Wenn ich denke, dass ich alt bin, bin ich auch
alt. Warum sich durch Wörte vorgeben lassen, wer und wie man ist? Irgendwo las ich von einem 104jährigen, der des Lebens überdrüssig war und deswegen in die Schweiz gefahren ist. Nicht wegen der Schokolade, sondern weil er sich einschläfern lassen wollte. War ein Australier? Ich wäre ins Outback gelaufen. Mit 104 Jahren wäre das doch ein schöner Abschluss gewesen.

Ich wollte mich irgendwann in ferner Zukunft mit meiner Frau gemeinsam in den Niederlanden einschläfern lassen. Gemeinsam händehaltend. Daraus ist jetzt nichts geworden und ich bin zurückgeblieben. Warum war es nicht umgekehrt? Wieso hupfe ich noch auf diesem Planeten rum. Gibt es eine Mission für mich, von der ich nichts weiß? Diese Frage stelle ich mir ernsthaft.

Im Grunde bin ich so etwas wie ein Agnostiker, jemand der grob gesagt, der nur das glaubt, was beweisbar ist. Eine Diskussion über Gott bräuchte ich gar nicht anzufangen, weil man sich auf keine gemeinsame Definition einigen könnte.

Und jetzt bin ich in der Zwickmühle, weil ich meine eigene Einstellung nicht mehr akzeptieren kann. Ich kann nicht mehr davonlaufen.Diese lauwarme Einstellung, um sich selber in eine scheinbare Sicherheit zu wiegen.

Ich stehe vor der Gedenkstelle meiner Frau im Garten und frage Sie „Warum?“. Was soll das? Die erste Zeit nach ihrem Tod bin ich mehr verwirrt herumgestapft und hatte ähnliche Gedanken wie der 104-jährige Australier. Leider gibt es hier kein outback.

Und es gibt noch nicht mal Regelungen, sondern das übliche Wirrwarr. Wahrscheinlich braucht man erst eine Kopie aus dem Ausland, bis man sich auf etwas einigt. Fällt mir in diesem Land immer wieder auf.

Gut, zur Zeit sind diese Gedanken nicht mehr da. Ich befinde mich in einem mentalen Niemandsland und gehe zögerlich Schritt um Schritt. Ich bin also Senior. Irgendwie mag ich dieses Wort in keinster Weise. Was war dann der Australier? Und wieso fliegt er zum Einschläfern in die Schweiz? Das ist doch nicht klimafreundlich. 100 Jahre
Leben und dann noch flugtauglich? Wieso muss ich mich über alles lustig machen?

Es ist ein Schutzschild. Auch das möchte ich gerne ablegen. Gelegentlich gibt es Rückfälle.

So, das war also der erste Blogeintrag. Unten lese ich als Schlagwort Backen & Kochen. Okay. Wie man dem Eintrag entnehmen kann, habe ich die Neigung zum Schwurbeln. Also sorry, falls sich jemand angeschwurbelt fühlt. Ich versuche mich hier etwas reinzutasten.

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