Vergebung funktioniert nicht auf die schnelle Tour

Vergebung funktioniert nicht auf die schnelle Tour. Um seinen Stasi-Spitzeln zu vergeben, hat er mindestens zehn Jahre gebraucht. Das sagt der evangelische Pfarrer Theo Lehmann (Chemnitz) in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).

Der 85-jährige Lehmann war einer der bekanntesten Pfarrer in der DDR. Zu den Gottesdiensten des sächsischen Jugendevangelisten in der Chemnitzer Lutherkirche kamen zu DDR-Zeiten bis zu 3.000 Personen. Lehmann zufolge saß die Enttäuschung über den Verrat sehr tief. Einer, der ihn bespitzelt habe, sei sein bester Freund gewesen. Als Pfarrer habe er sich eine Menge auf seine Menschenkenntnis eingebildet, so Lehmann. Er habe gewusst, dass es in seinem Freundeskreis eine undichte Stelle geben müsse: „Ich bin alle einzeln durchgegangen. Dass der Spitzel direkt neben mir saß, hätte ich nie gedacht.“ Die Stasi habe es fertiggebracht, einen Menschen in zwei Hälften zu teilen: „Das eine war Dieter, der Freund, der mir jeden neuen DDR-Witz erzählte. Das andere war Dieter, der Spitzel.“

Die DDR war eine Diktatur
Nach Worten Lehmanns ist es heute schwierig, Jugendlichen eine Vorstellung zu vermitteln, wie das Leben in der DDR gewesen ist. Kinder sollten unbedingt wissen, dass es sich um eine Diktatur gehandelt habe. Daraus habe die SED selbst keinen Hehl gemacht. Sie habe offiziell von einer „Diktatur des Proletariats“ gesprochen. In der DDR sei das Leben bis in die persönlichsten Bereiche hinein beeinflusst worden. Der Staat sei allgegenwärtig gewesen.

Zudem sei die DDR eine Mangelgesellschaft gewesen, in der ständig gemeckert wurde über alles, was es gerade nicht zu kaufen gab. Heute lebe man in einer Überflussgesellschaft, und es sei jedem selbst überlassen, welchen Beruf er ergreife, wohin er verreise und welche Bücher er kaufe.

Lehmann: Sprechverbote nehmen aktuell zu
Ferner kritisierte Lehmann die Zunahme von Sprechverboten in der heutigen Zeit: „Man braucht nur öffentlich zu sagen, dass man mit der AfD einen Kaffee getrunken hat, schon geht der Sturm los.“ Lehmann verteidigte seine Teilnahme an Pegida-Märschen in Chemnitz. Er habe dort Israel-Fahnen gesehen, aber keine Faschisten. Die Spaziergänge durch die Stadt seien friedlich verlaufen, es habe immer „Keine Gewalt“ geheißen. Lehmann: „Ich habe nichts gefunden, was abzulehnen wäre.“ Zwar seien Menschen dabei gewesen, die ihm nicht gefallen hätten, aber in seiner Kirchengemeinde gefielen ihm auch nicht alle Leute.

Unverständlich sei für ihn, dass die AfD Leute wie den Landesvorsitzenden der AfD Thüringen, Björn Höcke, nicht aus der Partei rausschmeiße. Dieser sei ihm genauso suspekt wie der Pegida-Chef Lutz Bachmann. Lehmann: „Mit solchen Menschen möchte ich nicht am Tisch sitzen.“ Dennoch seien Pegida und AfD die Einzigen, die gegen die Islamisierung Deutschlands protestierten. Dies tue sonst keine Kirche und keine Partei. Ausländerfeindlichkeit und Dialogverweigerung träfen auf ihn nicht zu, so Lehmann. Er denke jedoch, dass vom Islam eine große Gefahr ausgehe.

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