Der Übergang in die Pflege kann sowohl für die Pflegeperson als auch für die Familie eine herausfordernde Zeit sein. Die Angst, die Selbstständigkeit im Alter zu verlieren und sich auf andere verlassen zu müssen, kann zu Unsicherheit und Unwohlsein führen. Für diese Problematik gibt es einen Ansatz in der Altenpflege, der darauf abzielt, diese Sorgen zu mindern und den Übergang zu erleichtern. Diese Methode wird als "aktivierende Pflege" bezeichnet.
Aktivierende Pflege ist ein Prinzip, das sich darauf konzentriert, Pflegebedürftigen dabei zu helfen, ihre verbleibenden Fähigkeiten optimal zu nutzen und so ihre Unabhängigkeit im eigenen Umfeld zu fördern. Es geht nicht nur darum, für die Grundbedürfnisse zu sorgen, sondern den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit zu betrachten und ihn dabei zu unterstützen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen.
In diesem Artikel werden wir das Konzept der aktivierenden Pflege im Pflegealltag näher betrachten. Wir werden erörtern, was es bedeutet, wie es in der Praxis angewendet wird und wie es dazu beitragen kann, die Lebensqualität von Pflegebedürftigen zu verbessern. Egal, ob Sie ein pflegender Angehöriger sind, der nach Wegen sucht, die Selbstständigkeit Ihres Liebsten zu fördern, oder jemand, der sich auf die Pflege vorbereitet und mehr über seine Optionen erfahren möchte - dieser Artikel hat die Absicht, Ihnen hilfreiche und praktische Informationen zur Verfügung zu stellen.
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Definition: Was ist aktivierende Pflege?
Aktivierende Pflege ist ein ganzheitlicher Pflegeansatz in der Pflegepraxis, der darauf abzielt, die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden von Pflegebedürftigen zu fördern und zu erhalten. Im Kern geht es darum, durch spezifische Pflegemaßnahmen vorhandene Fähigkeiten der Pflegeperson zu stärken und neue Fähigkeiten zu erlernen, anstatt sich nur auf die Unterstützung bei Alltagsaufgaben zu konzentrieren.
Was gehört zur aktivierenden Pflege?
Aktivierende Pflege ist ein Ansatz, der darauf abzielt, die Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und das Wohlbefinden von Pflegebedürftigen zu fördern und zu erhalten. Das Pflegekonzept umfasst eine Vielzahl von Techniken und Methoden (Pflegehandlungen), die auf die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen zugeschnitten sind. Im Allgemeinen gehört zur aktivierenden Pflege:
Körperliche Aktivität: Es werden Übungen und Bewegungen eingesetzt, die auf den Fähigkeiten und Bedürfnissen des Einzelnen basieren, um die körperliche Fitness und Mobilität zu fördern.
Geistige Stimulation: Aktivitäten wie Gedächtnistraining, Puzzles oder Spiele können eingesetzt werden, um kognitive Fähigkeiten zu fördern und zu erhalten.
Emotionale Unterstützung: Die Pflegekraft bietet emotionale Unterstützung und ermutigt die Pflegebedürftigen, über ihre Gefühle zu sprechen und positive Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Soziale Interaktion: Aktivitäten, die die Interaktion mit anderen fördern, können dazu beitragen, Isolation zu vermeiden und das Gefühl der Zugehörigkeit zu stärken.
Förderung der Selbstständigkeit: Die Pflegekraft ermutigt und unterstützt die Pflegebedürftigen dabei, so viel wie möglich für sich selbst zu tun, auch bei Alltagsaufgaben wie Essen, Anziehen und Baden. Dabei steht das Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" im Vordergrund.
Individualisierte Pflegeplanung: Die aktivierende Pflege erfordert eine individuell angepasste Planung, die auf den spezifischen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Vorlieben des Pflegebedürftigen basiert.
Diese Methoden und Techniken der aktivierende Pflege sind flexibel und können an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Pflegebedürftigen angepasst werden. Der Schlüssel zur aktivierenden Pflege ist die Konzentration auf das, was der Pflegebedürftige noch kann, und nicht auf das, was er oder sie nicht mehr kann.
Schlüsselkomponenten der aktivierenden Pflege
Aktivierende Pflege als Pflegeform beinhaltet eine Vielzahl von Techniken und Ansätzen für Pflegebedürftige. Zur Durchführung gehören körperliche Aktivitäten, geistige Stimulation, emotionale Unterstützung und soziale Interaktion. Auch die Förderung von Selbstständigkeit bei täglichen Aktivitäten wie Essen, Trinken, Anziehen und Baden ist ein zentraler Bestandteil.
Vorteile und Bedeutung der aktivierenden Pflege
Die Vorteile der aktivierenden Pflege sind vielfältig. Durch die Förderung der Selbstständigkeit und Aktivität kann sie helfen, das Selbstwertgefühl der Betroffene und die Lebensqualität zu verbessern. Sie kann auch dazu beitragen, den Verlust von Fähigkeiten zu verlangsamen und das Wohlbefinden zu fördern. Zudem kann sie dazu beitragen, das Risiko von gesundheitlichen Komplikationen zu verringern, die oft mit längerer Inaktivität und Pflegebedürftigkeit einhergehen, wie z.B. Muskelschwund oder Druckgeschwüre.
Nachteile der aktivierende Pflege in der Praxis
Trotz dieser vielen Vorteile gibt es auch einige mögliche Nachteile. Aktivierende Pflege kann anfangs mehr Zeit und Ressourcen erfordern als traditionelle Pflegeansätze. Außerdem kann es manchmal schwierig sein, den richtigen Grad an Aktivität zu finden, der für den Einzelnen geeignet ist, ohne ihn zu überfordern oder zu unterfordern.
Vorteile der aktivierenden Pflege | Nachteile der aktivierenden Pflege |
---|---|
Förderung und Erhalt der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Pflegebedürftigen | Benötigt möglicherweise mehr Zeit und Ressourcen als traditionelle Pflegemethoden |
Verbesserung der Lebensqualität und des allgemeinen Wohlbefindens | Kann eine Herausforderung darstellen, das richtige Maß an Aktivität für den Einzelnen zu finden |
Verzögerung des Verlusts von körperlichen und geistigen Fähigkeiten | Eventuelle Über- oder Unterforderung des Pflegebedürftigen |
Prävention von gesundheitlichen Komplikationen durch Bewegung und Aktivität | Erfordert eine individuelle Anpassung der Pflege an die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Einzelnen |
Förderung der sozialen Interaktion und Vermeidung von Isolation | Kann für Pflegekräfte anfangs schwierig sein, sich an den aktivierenden Ansatz zu gewöhnen |
Steigerung des Selbstwertgefühls und der Selbstwahrnehmung des Pflegebedürftigen |
Maßnahmen der aktivierenden Pflege in der Pflegpraxis
In der Praxis kann aktivierende Pflege viele Formen annehmen, abhängig von den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Einzelnen. Einige Beispiele für Maßnahmen können körperliche Übungen, Gedächtnistraining, Kunst- und Musiktherapie oder auch die Teilnahme an sozialen Aktivitäten sein.
Beispiel: Die belebende Waschung
Ein spezielles Beispiel ist die "belebende Waschung". Hierbei wird der Waschvorgang nicht nur als reine Körperpflege betrachtet, sondern als eine Möglichkeit, körperliche und geistige Aktivität zu fördern. Das kann durch die Anleitung und Ermutigung zur Selbsthilfe während des Waschens geschehen oder durch die Nutzung der Gelegenheit für eine angenehme Kommunikation und soziale Interaktion.
Spezielle Konzepte der aktivierenden Pflege
Einige spezielle Konzepte sind die rehabilitativ-aktivierende Pflege und das Bobath-Konzept. Rehabilitativ-aktivierende Pflege konzentriert sich darauf, Menschen nach einer Krankheit oder Verletzung zu helfen, ihre körperliche und geistige Gesundheit wiederherzustellen. Das Bobath-Konzept ist ein therapeutischer Ansatz, der speziell zur Behandlung von Menschen mit neurologischen Erkrankungen entwickelt wurde, wie z.B. Schlaganfall oder Multiple Sklerose.
Das Bobath-Konzept
Das Bobath-Konzept ist ein multidisziplinärer therapeutischer Ansatz, der in den 1940er Jahren von dem Ehepaar Berta und Karel Bobath entwickelt wurde. Es wird insbesondere zur Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Zerebralparese eingesetzt.
Die Hauptprinzipien des Bobath-Konzepts sind:
Individuelle Behandlung: Jeder Patient ist einzigartig und benötigt eine individuell zugeschnittene Therapie.
Ganzheitlicher Ansatz: Das Konzept sieht den Patienten als Ganzes und berücksichtigt sowohl physische als auch psychosoziale Aspekte.
Normalbewegung: Durch die Verbesserung der Bewegungskontrolle und der Koordination soll der Patient zu normalen Bewegungen geführt werden.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Pflegekräfte und andere medizinische Fachleute arbeiten zusammen, um eine konsistente und effektive Therapie zu gewährleisten.
Im Bobath-Konzept spielt die Analyse und Behandlung abnormaler Bewegungsmuster und Haltungen eine zentrale Rolle. Der Therapeut versucht, durch manuelle Führung, spezielle Handgriffe und bestimmte Positionierungen des Patienten, normale Bewegungsmuster zu fördern. Hierbei steht die Aktivierung der Eigenwahrnehmung des Patienten im Vordergrund.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Bobath-Konzepts ist die Einbeziehung des Patienten und seiner Familie in den Therapieprozess. Sie werden angeleitet und ermutigt, aktiv an der Therapie mitzuwirken und sie in den Alltag zu integrieren.
Aktivierende Pflege bei Demenz
Aktivierende Pflege kann bei Menschen mit Demenz sehr sinnvoll sein. Es handelt sich dabei um einen Ansatz, der darauf abzielt, die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden der betroffenen Person so weit wie möglich zu erhalten und zu fördern.
Förderung der kognitiven Fähigkeiten: Aktivierende Pflege kann dazu beitragen, das Fortschreiten kognitiver Defizite zu verlangsamen. Durch das Einbeziehen der betroffenen Person in Aktivitäten, die Denkprozesse anregen, wie zum Beispiel Puzzles, Gedächtnisspiele oder das Führen von Gesprächen, kann das Gehirn stimuliert und die geistige Fitness verbessert werden.
Erhalt der motorischen Fähigkeiten: Körperliche Aktivitäten, wie etwa Gehen, Tanzen oder leichte Gymnastik, können dazu beitragen, die Mobilität und Koordination der betroffenen Person zu erhalten. Dies kann wiederum dazu beitragen, die Selbstständigkeit zu fördern und Stürze zu vermeiden.
Soziale Interaktion: Menschen mit Demenz leiden oft unter Einsamkeit und Isolation. Aktivitäten, die soziale Interaktion fördern, können dazu beitragen, diese Gefühle zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.
Förderung des Wohlbefindens und der Lebensqualität: Durch das Einbeziehen der betroffenen Person in Aktivitäten, die ihr Freude bereiten und zu denen sie in der Lage ist, kann das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität verbessert werden.
Aktivierende Pflege bei Demenz - Pflegemodell nach Böhm
Ein spezielles Gebiet, in dem die aktivierende Pflege eine wichtige Rolle spielt, ist die Pflege von Senioren mit Demenz. Hier kann das Pflegemodell nach Böhm eingesetzt werden, das eine Kombination aus aktivierenden und beruhigenden Strategien beinhaltet, um das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu fördern.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktivierende Pflege ein kraftvolles Werkzeug sein kann, um die Selbstständigkeit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Pflegebedürftigen zu fördern. Aktivierende Pflege erfordert möglicherweise mehr Ressourcen und eine sorgfältige Anpassung an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten, aber die potenziellen Vorteile können diesen Aufwand mehr als rechtfertigen.
Fragen & Antworten
Was ist eine kompensatorische Pflege?
Die kompensatorische Pflege ist ein Ansatz in der Pflege, bei dem Pflegekräfte und Therapeuten den Pflegebedürftigen dabei helfen, den Verlust oder die Verschlechterung bestimmter Fähigkeiten zu kompensieren. Das kann durch den Einsatz von Hilfsmitteln, Prothesen oder bestimmten Techniken geschehen, um die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Person so weit wie möglich zu erhalten. Es geht darum, alternative Strategien und Anpassungen zu finden, um den Alltag trotz körperlicher oder geistiger Einschränkungen zu bewältigen.
Wie schreibt man einen Maßnahmenplan?
Ein Maßnahmenplan oder auch Pflegeplan in der Pflege wird durch die Identifikation der Pflegebedürfnisse eines Patienten erstellt, gefolgt von der Festlegung spezifischer Ziele, die auf diese Bedürfnisse abzielen. Daraufhin werden bestimmte Pflegeinterventionen geplant und dokumentiert, die darauf abzielen, diese Ziele zu erreichen. Der Plan enthält auch Informationen darüber, wer die Interventionen durchführt und wann sie überprüft werden. Es ist wichtig, dass der Maßnahmenplan regelmäßig überprüft und angepasst wird, um auf Veränderungen im Zustand des Patienten zu reagieren.
Warum ist es wichtig ressourcenorientiert zu pflegen?
Die ressourcenorientierte Pflege ist wichtig, weil sie den Fokus auf die Stärken und Fähigkeiten des Pflegebedürftigen legt, anstatt nur auf seine Defizite und Einschränkungen. Dieser Ansatz fördert das Selbstwertgefühl, die Unabhängigkeit und die Lebensqualität der betroffenen Person und kann zu einer effektiveren und ganzheitlicheren Pflege beitragen.
Was ist die kurative Pflege?
Die kurative Pflege konzentriert sich auf die Behandlung und Heilung von Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen.
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