Sturzprophylaxe: Risikofaktoren und Maßnahmen zur Prävention

Sturzprophylaxe

Stürze im Alter zählen zu den häufigsten Unfallursachen bei älteren Menschen und können schwerwiegende Folgen haben. Daher ist das Thema Sturzprophylaxe von großer Relevanz. Sturzprophylaxe bezeichnet eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, das Risiko von Stürzen, insbesondere bei älteren oder gesundheitlich eingeschränkten Menschen und bei Pflegebedürftigkeit zu minimieren. Es geht dabei nicht nur darum, Stürze zu verhindern, sondern auch, das Vertrauen in die eigene Mobilität zu stärken und damit die Lebensqualität zu erhöhen. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Einblick in das Thema, von der Definition über Risikofaktoren und Ziele bis hin zu praktischen Übungen und Hilfsmitteln.

Sturz - Eine Definition der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) definiert einen Sturz wie folgt: "Ein Sturz ist ein Ereignis, das dazu führt, dass eine Person unbeabsichtigt auf den Boden oder auf eine andere niedrigere Ebene kommt."

Es ist wichtig zu betonen, dass diese Definition nicht die Ursache des Sturzes, die dabei erlittenen Verletzungen oder den Ort, an dem der Sturz stattgefunden hat, einschließt. Der Fokus liegt auf dem unbeabsichtigten Charakter des Ereignisses und dem Ergebnis, nämlich dass die Person auf den Boden oder eine andere niedrigere Ebene gelangt.

Warum ist ein Sturz im Alter gefährlich?

Stürze im fortgeschrittenen Lebensalter stellen in der Geriatrie ein spezielles medizinisches Problem dar. Statistisch gesehen stürzt rund ein Drittel der über 65-Jährigen mindestens einmal jährlich, ein Phänomen, das als Alterssyndrom bekannt ist. Rund 20% dieser Stürze erfordern eine medizinische Versorgung. Der Sturz an sich ist oft ein Indikator für ein mögliches Defizit, dessen Ursachen möglicherweise nicht sofort ersichtlich oder bereits bekannt sind.

Knochenbrüche, auch Frakturen genannt, treten zwar nur in weniger als 10% der Sturzfälle auf, können aber zu langfristigen gesundheitlichen Problemen führen. Darüber hinaus können Stürze auch ohne resultierende Frakturen die Mobilität älterer Menschen beeinträchtigen, sei es durch Angst oder starke Schmerzen aufgrund von Prellungen, und damit eine erhöhte Pflegebedürftigkeit bewirken. Jeder Sturz sollte als Gelegenheit genutzt werden, um die Präventionsmöglichkeiten gegen weitere Stürze zu überprüfen, da diese letztlich zu einer Pflegebedürftigkeit führen könnten. Bei wiederholten Stürzen wird eine geriatrische Beurteilung empfohlen.

Rollstuhl nach Sturz
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Warum es wichtig ist, Stürze vorzubeugen

Die Folgen eines Sturzes können sehr unterschiedlich sein und hängen von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Gesundheit und Fitness der Person, der Höhe des Sturzes und der Art des Aufpralls.

1. Physische Verletzungen: Dazu gehören Prellungen, Schürfwunden, Verstauchungen, Knochenbrüche oder Kopfverletzungen. Besonders bei älteren Menschen können Knochenbrüche schwerwiegend sein, da sie oft länger brauchen, um zu heilen und die Mobilität stark einschränken können. Hüftfrakturen sind besonders gefährlich und können langfristige Folgen für die Mobilität und die Unabhängigkeit haben.

2. Psychologische Auswirkungen: Ein Sturz kann auch psychologische Folgen haben. Betroffene können Ängste entwickeln, wieder zu stürzen (sogenannte Sturzangst), was ihre Mobilität und Aktivitäten einschränken kann. Dies kann wiederum zu Isolation und Depression führen.

3. Langfristige Gesundheitsprobleme: Ein Sturz kann langfristige gesundheitliche Folgen haben, insbesondere wenn es zu ernsthaften Verletzungen kommt. Diese können die Lebensqualität und die Unabhängigkeit erheblich beeinträchtigen.

4. Tod: In extremen Fällen können Stürze tödlich sein, insbesondere wenn sie zu schweren Kopfverletzungen führen oder wenn eine sofortige medizinische Behandlung nicht möglich ist.

Es ist daher wichtig, geeignete Sturzpräventionsmaßnahmen zu ergreifen, um das Risiko von Stürzen und deren potenziell schwerwiegenden Folgen zu reduzieren.

Stürzen im Alter

Risikofaktoren von Stürzen im Alter

Die Risikofaktoren für Stürze lassen sich in inneren (intrinsische) und äußere (extrinsische) Faktoren unterteilen. Intrinsische Faktoren sind etwa alters- oder krankheitsbedingte Veränderungen wie Gleichgewichtsprobleme, verminderte Muskelkraft oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Extrinsische Faktoren können Stolperfallen im Haushalt oder schlechte Beleuchtung sein.

Sturzrisiko erkennen

Es gibt mehrere Anzeichen und Faktoren, die auf ein erhöhtes Sturzrisiko hinweisen können. Während einige davon mit dem Alterungsprozess oder bestimmten Gesundheitszuständen zusammenhängen, können andere durch die Umgebung beeinflusst werden. Schlüsselfaktoren, die auf ein erhöhtes Sturzrisiko hinweisen können:

1. Physische und gesundheitliche Zustände:

  • Gleichgewichts- und Gangprobleme: Schwierigkeiten beim Gehen oder Stehen, häufiges Stolpern oder unsicheres Gehen können auf ein erhöhtes Sturzrisiko hindeuten.
  • Schwäche, insbesondere in den Beinen: Mangelnde Kraft in den Beinen kann das Sturzrisiko erhöhen.
  • Chronische Gesundheitszustände: Bestimmte Krankheiten, wie Parkinson, Schlaganfall, Arthritis, Demenz und andere neurologische oder muskuloskelettale Störungen können das Sturzrisiko erhöhen.
  • Sehprobleme: Augenerkrankungen wie Katarakt oder Makuladegeneration, oder einfach eine schlechte Sehkraft, können das Sturzrisiko erhöhen.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente oder eine Kombination von Medikamenten, insbesondere solche, die Schwindel oder Schläfrigkeit verursachen können, erhöhen das Sturzrisiko.

2. Verhaltensfaktoren:

  • Unsicheres Verhalten: Risikoreiches Verhalten, wie das Erklimmen von Leitern oder das Gehen auf glatten Flächen, kann das Sturzrisiko erhöhen.
  • Unzureichende körperliche Aktivität: Ein inaktiver Lebensstil führt zu einem Verlust von Muskelkraft, Flexibilität und Gleichgewicht, was das Sturzrisiko erhöht.

3. Umgebungsfaktoren:

  • Haus- und Umgebungsgefahren: Schlecht beleuchtete Bereiche, lose Teppiche, unordentliche Böden, rutschige Oberflächen und fehlende Handläufe an Treppen und im Badezimmer erhöhen das Sturzrisiko.

Es ist wichtig, diese Anzeichen und Faktoren zu beachten und geeignete Maßnahmen zur Sturzprävention zu ergreifen. Dies kann regelmäßige körperliche Aktivität, eine Überprüfung der Medikamente, eine Augenuntersuchung und das Entfernen von Stolperfallen im Haus beinhalten.

Ziele der Sturzprophylaxe

Das Hauptziel der Sturzprophylaxe ist die Verminderung des Sturzrisikos. Aber auch die Erhaltung und Förderung der Mobilität und eine verbesserte Lebensqualität sind wichtige Ziele.

Training zur Sturzprophylaxe

Maßnahmen zur Sturzprophylaxe

Maßnahmen zur Sturzprophylaxe können präventiver, interventioneller oder nachsorgender Natur sein. Präventive Maßnahmen sind beispielsweise regelmäßige Bewegung oder die Beseitigung von Stolperfallen. Interventionelle Maßnahmen könnten nach einem Sturz z.B. eine Physiotherapie sein. Nachsorgende Maßnahmen zielen darauf ab, nach einem Sturz wieder Vertrauen in die eigene Mobilität zu gewinnen.

Sturzprophylaxe Maßnahmen

Sturzprophylaxe-Maßnahmen sind vielfältig und umfassen eine breite Palette an Ansätzen, die darauf abzielen, die Sturzgefahr zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen.

Körperliches Training und Übungen

Regelmäßige körperliche Aktivität ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Sturzprophylaxe. Übungen zur Stärkung der Muskulatur, zur Verbesserung des Gleichgewichts und zur Förderung der Koordination können das Sturzrisiko erheblich verringern. Gleichgewichtsübungen wie Tai Chi oder Yoga können ebenfalls hilfreich sein. Es ist wichtig, dass diese Übungen regelmäßig und unter Anleitung eines Trainers durchgeführt werden.

Medikamentenbewertung

Einige Medikamente können Nebenwirkungen haben, die das Sturzrisiko erhöhen, wie Schwindel, Benommenheit oder niedriger Blutdruck. Eine regelmäßige Überprüfung der Medikamente durch einen Arzt oder Apotheker kann dazu beitragen, das Risiko zu reduzieren.

Anpassung der Wohnumgebung

Eine sicherere Wohnumgebung kann Stürze verhindern. Dazu gehören das Beseitigen von Stolperfallen wie losen Teppichen, das Verbessern der Beleuchtung, das Anbringen von Handläufen an Treppen und im Badezimmer, und das Nutzen von rutschfesten Matten.

Seh- und Hörtests

Regelmäßige Seh- und Hörtests sind wichtig, um sicherzustellen, dass Seh- oder Hörprobleme, die zu einem erhöhten Sturzrisiko beitragen können, frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Verwendung von Hilfsmitteln

Geeignete Hilfsmittel können die Sicherheit erhöhen. Dazu gehören Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren, aber auch spezielle Schuhe oder Orthesen.

Ernährung und Hydratation

Eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Flüssigkeit sind wichtig, um den Körper gesund und stark zu halten. Eine gute Versorgung mit Kalzium und Vitamin D ist wichtig für die Knochengesundheit.

Alle diese Maßnahmen sollten individuell an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der jeweiligen Person angepasst werden und regelmäßig überprüft und angepasst werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten.

Einbeinstand

Beispiele - Übungen zur Sturzprophylaxe

Es gibt verschiedene Übungen, die die Sturzgefahr mindern können. Drei Beispiele:

Gleichgewichtsübungen

Eine Übung zur Förderung des Gleichgewichts ist beispielsweise der "Flamingo-Stand". Hierbei versucht man, so lange wie möglich auf einem Bein zu stehen. Man kann sich dabei anfangs an einem Stuhl festhalten und später ohne Hilfe üben.

Kraftaufbauende Übungen

Einfache Kniebeugen sind eine gute Möglichkeit, die Beinkraft zu verbessern. Wichtig ist, dass man bei der Ausführung auf eine korrekte Technik achtet, um Verletzungen zu vermeiden.

Flexibilitäts- und Koordinationsübungen

Tai Chi oder Yoga können hier besonders hilfreich sein, da sie sowohl die Flexibilität als auch die Koordination verbessern.

2 Sturzprophylaxe-Übungen im Sitzen

Übungen zur Sturzprophylaxe können dazu beitragen, Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht zu verbessern, was wiederum das Risiko von Stürzen reduziert. Hier sind zwei Übungen, die im Sitzen durchgeführt werden können:

1. Fußheberübung:

Setzen Sie sich gerade auf einen Stuhl, die Füße flach auf dem Boden und die Knie in einem 90-Grad-Winkel.

Heben Sie nun einen Fuß an, indem Sie die Zehen zu sich heranziehen. Versuchen Sie, den Fuß so hoch wie möglich zu heben, während die Ferse auf dem Boden bleibt.

Halten Sie die Position für einige Sekunden und setzen Sie dann den Fuß wieder ab.

Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Fuß.

Führen Sie diese Übung mehrmals auf jeder Seite durch.

Diese Übung stärkt die Muskulatur des Unterschenkels und verbessert die Fähigkeit, den Fuß beim Gehen richtig abzurollen.

2. Knieheberübung:

Setzen Sie sich gerade auf einen Stuhl, die Füße flach auf dem Boden.

Heben Sie ein Knie an, indem Sie den Fuß vom Boden abheben. Versuchen Sie, das Knie so hoch wie möglich anzuheben, ohne dabei den Rücken zu beugen.

Halten Sie die Position für einige Sekunden und setzen Sie dann den Fuß wieder ab.

Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Bein.

Führen Sie diese Übung mehrmals auf jeder Seite durch.

Diese Übung stärkt die Oberschenkelmuskulatur und verbessert die Balance und Koordination, was beim Gehen und Stehen hilft.

2 Balance-Übungen zur Sturzprophylaxe

Gleichgewichts- und Balanceübungen können wesentlich zur Sturzprophylaxe beitragen, da sie helfen, die Kernmuskulatur zu stärken und die Stabilität (Gleichgewichtssinn) zu verbessern. Hier sind zwei einfache Übungen, die Sie zur Verbesserung der Balance ausführen können:

1. Einbeinstand:

Stellen Sie sich in der Nähe einer stabilen Stütze (wie einem Stuhl oder einer Wand) auf, die Sie greifen können, falls Sie das Gleichgewicht verlieren.

Verlagern Sie Ihr Gewicht auf einen Fuß und heben Sie das andere Bein leicht vom Boden ab.

Halten Sie die Position so lange wie möglich, idealerweise 10 bis 30 Sekunden.

Wechseln Sie dann auf das andere Bein und wiederholen Sie die Übung.

Versuchen Sie, diese Übung mehrmals pro Tag durchzuführen.

2. Fersen- und Zehenstände:

Stellen Sie sich mit leicht gespreizten Beinen aufrecht hin, die Füße sollten hüftbreit auseinander sein.

Heben Sie langsam die Fersen vom Boden und kommen Sie auf die Zehenspitzen. Halten Sie diese Position für ein paar Sekunden.

Senken Sie dann langsam die Fersen und heben Sie die Zehen an, sodass Sie auf den Fersen stehen. Halten Sie diese Position wieder für ein paar Sekunden.

Wiederholen Sie diese Übung mehrere Male.

Denken Sie daran, dass es wichtig ist, Übungen zur Sturzprophylaxe immer sicher durchzuführen. Sollten Sie sich unsicher fühlen, bitten Sie jemanden, Sie während der Übungen zu unterstützen oder zu beobachten.

Sechs Empfehlungen für das Sturzprophylaxe-Training

Bevor Sie mit dem Training für Ihren Angehörigen beginnen, ist es ratsam, Unterstützung, beispielsweise durch eine Pflegekraft, in Anspruch zu nehmen.

  1. Kontinuität ist wichtig: Stellen Sie sicher, dass das Training regelmäßig stattfindet, idealerweise mindestens zweimal pro Woche.
  2. Nutzen Sie die aktivsten Zeiten Ihres Angehörigen, um das Training durchzuführen.
  3. Berücksichtigen Sie den Einfluss von Medikamenten, die möglicherweise das Gleichgewicht oder die Kraft beeinflussen könnten.
  4. Die Übungen sollten stets schmerzfrei sein.
  5. Vermeiden Sie Übungen, die Angst hervorrufen könnten. Sie sollten vielmehr Freude und Motivation fördern

Diese Tipps sollen dazu beitragen, das Training zur Sturzprophylaxe in der Pflege so effektiv und angenehm wie möglich zu gestalten.

Hilfsmittel zur Sturzprophylaxe

Hilfsmittel, um Stürze zu vermeiden

Hilfsmittel können ebenfalls dazu beitragen, Stürze zu vermeiden. Dazu gehören Gehhilfen oder Rollatoren, aber auch Anpassungen im Wohnumfeld wie rutschfeste Matten, Haltegriffe im Badezimmer oder ausreichende Beleuchtung. Moderne Technologien wie Alarmanlagen oder Hausnotrufsysteme können zusätzliche Sicherheit bieten.

Kostenübernahme der Sturzprophylaxe

In Deutschland können die Kosten für Maßnahmen zur Sturzprophylaxe von verschiedenen Stellen getragen werden, abhängig von der Art der Maßnahme und der individuellen Situation des Patienten.

1. Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): Die GKV übernimmt in der Regel die Kosten für medizinisch notwendige Behandlungen, die vom Arzt verordnet wurden. Dies kann auch Maßnahmen zur Sturzprophylaxe umfassen, wie Physiotherapie oder Ergotherapie. Auch spezielle Präventionskurse, die von der Krankenkasse anerkannt sind, können von der GKV ganz oder teilweise übernommen werden.

2. Pflegeversicherung: Wenn eine Pflegestufe vorliegt, können Hilfsmittel und Anpassungen in der Wohnung, die Stürze verhindern helfen, durch die Pflegeversicherung finanziert werden. Dies könnte zum Beispiel Haltegriffe im Bad oder ein Hausnotrufsystem sein.

3. Rehabilitation und Rentenversicherung: In einigen Fällen kann auch die Rentenversicherung zur Finanzierung von Rehabilitationsmaßnahmen, die auf die Verbesserung der Mobilität und die Verhinderung von Stürzen abzielen, herangezogen werden.

4. Selbstzahler: In manchen Fällen müssen Kosten für Sturzprophylaxe-Maßnahmen auch selbst getragen werden, besonders wenn es um Präventionsmaßnahmen geht, die nicht direkt von einem Arzt verordnet oder von der Krankenversicherung anerkannt sind.

Bitte beachten Sie, dass dies allgemeine Informationen sind und die genaue Kostenübernahme immer von der individuellen Situation, der Art der Maßnahme und den spezifischen Bestimmungen der jeweiligen Kranken- oder Pflegeversicherung abhängt. Es ist immer ratsam, sich im Voraus bei der entsprechenden Stelle über die Kostenübernahme zu informieren.

Der Expertenstandard in der Sturzprophylaxe

Der Expertenstandard in der Sturzprophylaxe ist ein Leitfaden, der Pflegekräfte dabei unterstützt, eine qualitativ hochwertige Pflege im Bereich der Sturzprophylaxe zu gewährleisten. Er enthält konkrete Empfehlungen und Richtlinien für die Praxis und ist ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung in der Pflege.

Die Zielsetzung des Expertenstandards Sturzprophylaxe in der Pflege

Der Expertenstandard "Sturzprophylaxe in der Pflege" wurde entwickelt, um die Qualität der Pflege in Bezug auf die Vorbeugung von Stürzen zu verbessern. Er stellt eine Art Leitfaden dar, der Pflegekräften dabei hilft, das Sturzrisiko effektiv zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Sturzprävention umzusetzen.

Die Hauptzielsetzungen des Expertenstandards

1. Risikobewertung: Ein zentraler Punkt des Expertenstandards ist die systematische und regelmäßige Bewertung des Sturzrisikos bei allen Pflegebedürftigen. Hierbei werden sowohl innere als auch äußere Risikofaktoren berücksichtigt.

2. Individuelle Pflegeplanung: Basierend auf der Risikobewertung soll ein individueller Pflegeplan erstellt werden, der spezifische Maßnahmen zur Sturzprävention enthält. Dies kann sowohl physische Maßnahmen wie Übungen zur Stärkung und Verbesserung der Balance beinhalten, als auch Anpassungen in der Umgebung und Aufklärungsarbeit.

3. Information und Aufklärung: Ein weiteres Ziel ist es, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen über das Sturzrisiko und mögliche Präventionsmaßnahmen aufzuklären. Dies kann dazu beitragen, das Bewusstsein für das Problem zu schärfen und aktiv zur Prävention beizutragen.

4. Qualitätsverbesserung: Der Expertenstandard zielt auch darauf ab, die Qualität der Pflege insgesamt zu verbessern. Durch die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Pflegepläne sowie durch Schulungen des Pflegepersonals wird ein hohes Niveau der Pflegequalität sichergestellt.

5. Dokumentation und Evaluation: Schließlich beinhaltet der Standard auch die Dokumentation und Evaluation der umgesetzten Maßnahmen. Dies ist wichtig, um den Erfolg der Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Zusammengefasst hat der Expertenstandard "Sturzprophylaxe in der Pflege" das Ziel, Stürze bei Pflegebedürftigen zu verhindern und die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern.

Physiotherapie zur Sturzprophylaxe

Anlaufstellen für eine Beratung zur Sturzprophylaxe

1. Hausarzt/Ärzte: Der erste Ansprechpartner ist in der Regel Ihr Hausarzt. Er oder sie kann Ihr Sturzrisiko einschätzen und entsprechende Empfehlungen geben, die auf Ihrer individuellen Gesundheitssituation basieren.

2. Physiotherapeuten und Ergotherapeuten: Diese Fachleute sind speziell in der Beurteilung und Verbesserung von Bewegung und Koordination ausgebildet und können spezifische Übungen und Strategien zur Sturzprävention empfehlen.

3. Pflegedienste und Pflegeheime: Viele Pflegedienste und Pflegeheime haben Fachpersonal, das in der Sturzprophylaxe geschult ist. Sie können Bewohnern und ihren Familien Beratung und Unterstützung bieten.

4. Beratungsstellen und Initiativen: Es gibt auch spezielle Beratungsstellen und Initiativen, die sich auf die Sturzprophylaxe konzentrieren. Ein Beispiel ist die Initiative "Sicher Leben" der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), die Informationsmaterialien und Tipps zur Sturzprävention bietet.

5. Gesundheitskurse und Gruppenangebote: Viele Sportvereine oder Volkshochschulen bieten spezielle Kurse für ältere Menschen an, die Übungen zur Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Balance beinhalten, wie z.B. Tai Chi, Yoga oder Wassergymnastik.

6. Apotheken: Einige Apotheken bieten auch Beratung zur Sturzprophylaxe an, insbesondere im Zusammenhang mit der Überprüfung von Medikamenten, die das Sturzrisiko beeinflussen können.

Bitte denken Sie daran, dass jede Beratung zur Sturzprophylaxe individuell auf Ihre spezifischen Bedürfnisse und Ihre aktuelle Gesundheitssituation zugeschnitten sein sollte.

Was sind Risikofaktoren für Stürze laut Expertenstandard Sturzprophylaxe?

Der Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege identifiziert eine Vielzahl von Faktoren, die das Risiko für Stürze bei Pflegebedürftigen erhöhen können. Diese umfassen individuelle, gesundheitliche und umgebungsbedingte Faktoren. Einige der wichtigsten Risikofaktoren laut diesem Standard sind:

1. Individuelle und gesundheitliche Faktoren:

  • Alter: Das Risiko von Stürzen steigt generell mit zunehmendem Alter.
  • Frühere Stürze: Personen, die in der Vergangenheit gestürzt sind, haben ein höheres Risiko, erneut zu stürzen.
  • Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen: Probleme mit der Balance, Schwäche, insbesondere in den Beinen, und Ganganomalien können das Sturzrisiko erhöhen.
  • Chronische Krankheiten: Bestimmte Krankheiten wie Parkinson, Schlaganfall, Demenz, Arthritis und andere neurologische oder muskuloskelettale Erkrankungen und Muskelschwäche können das Sturzrisiko erhöhen.
  • Sehstörungen/Sehschwäche: Probleme mit der Sehkraft erhöhen das Risiko von Stürzen.
  • Medikation: Die Einnahme bestimmter Medikamente, insbesondere solche, die Schwindel, Verwirrtheit oder Schläfrigkeit verursachen können, erhöhen das Sturzrisiko.
  • Inkontinenz: Menschen mit Harn- oder Stuhlinkontinenz haben ein höheres Sturzrisiko, insbesondere wenn sie schnell zur Toilette gehen müssen.

2. Umgebungsbedingte Faktoren:

  • Haus- und Umgebungsgefahren: Dazu gehören schlechte Beleuchtung, lose Teppiche, unordentliche Böden, rutschige Oberflächen und das Fehlen von Haltegriffen im Bad oder an Treppen.

Um das Sturzrisiko zu reduzieren, ist es wichtig, diese Risikofaktoren zu erkennen und entsprechende präventive Maßnahmen zu ergreifen. Das kann individuell angepasste Übungen, Anpassungen der Medikation, Augenuntersuchungen oder Anpassungen in der Wohnumgebung umfassen.

Pflegekurs

Sturzprophylaxe in Pflegekursen

Die Implementierung effektiver Sturzprophylaxe kann eine Herausforderung darstellen. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Ressourcen, die Unterstützung bieten: Pflegekurse liefern grundlegende Kenntnisse über Stürze und deren Prävention. Eine Konsultation mit Pflegefachkräften, die Sie bei der häuslichen Pflege Ihres pflegebedürftigen Familienmitglieds unterstützen, kann ebenfalls aufschlussreich sein. Gemäß dem Expertenstandard sind diese Fachkräfte sogar dazu angehalten, solche Beratungen durchzuführen. Zögern Sie nicht, die Unsicherheiten Ihres Angehörigen im Rahmen von Beratungsgesprächen nach § 37 Abs. 3 SGB XI zur Sprache zu bringen und um eine spezifische Schulung zu diesem Thema zu bitten.

Weiterführende Tipps

Gratis Broschüre "Wie vermeide ich Stürze? Ein Ratgeber für pflegende Angehörige, weitere Pflegepersonen und ihre Pflegebedürftigen" der Barmer Pflegekasse, Januar 2021.

Gratis Broschüre "Sicher leben auch im Alter. Sturzunfälle sind vermeidbar. Fit bis ins hohe Alter" von das Sichere Haus.

Fazit

Stürze im Alter sind gefährlich. Sturzprophylaxe ist daher ein wichtiges Thema, das eine proaktive Herangehensweise erfordert. Durch eine Kombination aus Bewusstsein für Risikofaktoren, gezielten Übungen und dem Einsatz von Hilfsmitteln kann das Sturzrisiko erheblich reduziert werden. Es geht dabei nicht nur um die Vermeidung von Stürzen, sondern auch um die Förderung eines unabhängigen und selbstbestimmten Lebens im Alter.

Fragen und Antworten

Falls jemand stürzt, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die Situation schnell einzuschätzen. Vermeiden Sie es, die gestürzte Person sofort hochzuziehen, denn plötzliche Bewegungen könnten mögliche Verletzungen verschlimmern.

Als Erstes sollte die Person, die gestürzt ist, gefragt werden, ob und wo sie Schmerzen hat und ob sie sich bewegen kann. Dies dient dazu, den Zustand der Person zu beurteilen und zu entscheiden, ob professionelle medizinische Hilfe benötigt wird.

Zeigen sich Anzeichen für ernste Verletzungen wie starke Schmerzen, sichtbare Brüche, starke Blutungen oder Bewusstlosigkeit, sollte sofort der Notarzt gerufen werden. Es ist besser, auf das Eintreffen des Rettungsdienstes zu warten, anstatt zu versuchen, der Person selbst aufzuhelfen, da dies zusätzliche Verletzungen verursachen könnte.

Wenn die Person in der Lage ist, sich zu bewegen und es keine Anzeichen für ernste Verletzungen gibt, können Sie ihr helfen, langsam und vorsichtig wieder aufzustehen.

Sturzprophylaxe ist bei Demenzkranken besonders wichtig, da sie aufgrund ihrer kognitiven Beeinträchtigung und möglicher Gleichgewichts- und Gangprobleme ein erhöhtes Sturzrisiko haben. Die kognitive Beeinträchtigung kann zu Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung von Hindernissen und angemessenen Reaktionen führen, während Gleichgewichts- und Gangprobleme die Stabilität beeinträchtigen können. Durch geeignete Sturzpräventionsmaßnahmen wie angepasste Umgebungen, regelmäßige körperliche Aktivität und die Vermeidung von Risikofaktoren kann das Sturzrisiko bei Demenzkranken reduziert werden.

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