Was ist Verhinderungspflege? Ein umfassender Leitfaden

Verhinderungspflege
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Die Betreuung von Pflegebedürftigen ist eine herausfordernde Aufgabe, die oft von Angehörigen übernommen wird. Doch was passiert, wenn diese Betreuungspersonen selbst verhindert sind? Hier kommt die Verhinderungspflege ins Spiel. In diesem Artikel gehen wir auf alle wichtigen Aspekte der Verhinderungspflege ein.

Definition von Verhinderungspflege

Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die greift, wenn die Hauptpflegeperson aufgrund von Krankheit, Urlaub oder anderen Gründen vorübergehend ausfällt. Sie unterscheidet sich von der Kurzzeitpflege, bei der es sich um eine vorübergehende Vollzeitbetreuung in einer Einrichtung handelt.
Die Regelung für den Anspruch auf Verhinderungspflege findet sich in § 39 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI).

Gründe und Notwendigkeit der Verhinderungspflege

Verhinderungspflege stellt sicher, dass Pflegebedürftige weiterhin versorgt werden, auch wenn ihre regulären Pflegepersonen kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Das kann durch Urlaub, Krankheit oder andere persönliche Verpflichtungen der Fall sein. Dieser Dienst ist ein essenzielles Sicherheitsnetz im Pflegesystem.

Arten der Verhinderungspflege

Man unterscheidet zwischen ganztägiger und stundenweiser Verhinderungspflege. Während die ganztägige Betreuung meist in einer Einrichtung stattfindet, wird die stundenweise Pflege zu Hause durchgeführt, oft von professionellen Pflegediensten oder qualifizierten Einzelpersonen.

Sie können Ersatzpflege stunden-, tages- oder wochenweise nutzen, abhängig von der benötigten Abwesenheitsdauer.
Jährlich stehen dafür bis zu 42 Tage oder 1.612 Euro zur Verfügung.

Stundenweise Verhinderungspflege:

Für Vertretungen unter acht Stunden pro Tag.
Wird nicht von den 42 Tagen abgezogen.
Gründe können Arztbesuche, Arbeit, Fortbildungen oder Freizeitaktivitäten sein.

Tageweise Ersatzpflege und wochenweise Verhinderungspflege:

Tageweise gilt für Vertretungen über acht Stunden.
Wochenweise betrifft Abwesenheiten von mindestens sieben Tagen.
Gründe sind Erholungspausen, Krankenhausaufenthalte oder Dienstreisen.

Leistungen und Umfang

Die Ersatzpflegekraft kümmert sich um die grundlegenden Bedürfnisse des Pflegebedürftigen, darunter Körperpflege und Ernährungshilfe. Sie übernimmt auch hauswirtschaftliche Aufgaben wie Einkaufen, Kochen und Reinigen. Zusätzlich sind Betreuungsleistungen, wie gemeinsame Spaziergänge oder Gespräche, enthalten. Medizinische Behandlungen (Behandlungspflege), z.B. Wundversorgung, gehören jedoch nicht dazu, da sie ärztlich verordnet und von Fachpersonal ausgeführt werden müssen.

Voraussetzungen und Anspruchsberechtigte

Um Anspruch auf Verhinderungspflege zu haben, muss die pflegebedürftige Person mindestens  Pflegegrad 2 bis 5 aufweisen. Bei Pflegegrad 1 übernimmt die Pflegekasse die Kosten für die Verhinderungspflege nicht. Zudem besteht nur ein Anspruch, wenn die Ersatzpflegeperson weder mit der pflegebedürftigen Person verwandt oder verschwägert ist oder in derselben Wohnung mit ihr lebt. Außerdem muss die pflegebedüftige Person mindestens sechs Monate lang in häuslicher Umgebung versorgt worden sein.

Hauptkriterien:

- Eine ehrenamtliche Person (Verwandter, Freund, Nachbar) sollte regelmäßig Pflege durchführen. Bei alleiniger Betreuung durch einen bezahlten Pflegedienst entfällt der Anspruch.
- Diese Pflegekraft ist aufgrund von Urlaub, Krankheit oder anderen Gründen zeitweise verhindert.
- Vor der ersten Verhinderung muss die Pflegeperson den Betroffenen mindestens 6 Monate zu Hause betreut haben.

Hinweis
Es ist ausreichend, wenn Pflegegrad 2 zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme vorliegt, unabhängig von früheren Pflegegraden.
Neben professionellen Diensten kann eine Ersatzbetreuung beansprucht werden, solange auch ein ehrenamtlicher Helfer regelmäßig unterstützt.
Fehlt die 6-monatige Vorpflegezeit, kann als Alternative die Kurzzeitpflege in einer Einrichtung in Erwägung gezogen werden.

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Antrag auf Verhinderungspflege

Verhinderungspflege beantragen muss man bei der zuständigen Pflegekasse. Hierfür sind bestimmte Formulare und Nachweise erforderlich, die je nach Krankenkasse variieren können. Die Verhinderungspflege zeichnet sich durch ihre Flexibilität aus, besonders bei unvorhergesehenen Ausfällen. Im Gegensatz zur Kurzzeitpflege, die oft weit im Voraus geplant werden muss, kann die Verhinderungspflege kurzfristig und sogar rückwirkend beantragt werden. Es ist empfehlenswert, sich dennoch frühzeitig mit der Pflegekasse abzustimmen. Anträge können vom Versicherten oder einer bevollmächtigten Person gestellt werden, wobei vorgefertigte Formulare helfen, alle nötigen Informationen zu berücksichtigen. Ein Grund für die Inanspruchnahme muss dabei nicht angegeben werden.

Finanzielle Aspekte

Die Kosten für Verhinderungspflege werden bis zu einem bestimmten Betrag von der Pflegeversicherung übernommen. Der genaue Betrag hängt vom Pflegegrad des Pflegebedürftigen ab. Die Auszahlung erfolgt entweder direkt an den Dienstleister oder an die pflegende Hauptperson.

Wenn ein professioneller Pflegedienst die Verhinderungspflege in den Pflegegraden 2-5 übernimmt, gewährt die Pflegekasse jährlich bis zu 1.612 Euro für maximal 6 Wochen. Zusätzlich können 806 Euro aus dem Kurzzeitpflege-Budget genutzt werden, wobei dann noch 968 Euro für Kurzzeitpflege verbleiben. Das ergibt insgesamt einen Höchstbetrag von 2.418 Euro für die Verhinderungspflege.

Während dieser Zeit wird die Hälfte des Pflegegeldes weiterbezahlt. Ist die Pflegeperson unter 8 Stunden pro Tag verhindert, wird nur der Höchstbetrag von 1.612 Euro berücksichtigt, und das volle Pflegegeld bleibt bestehen.

Wird die Pflege von nahen Familienangehörigen oder im Haushalt lebenden Personen durchgeführt, sind die Beträge reduziert. Sie reichen von 474 Euro (Pflegegrad 2) bis 1.351,50 Euro (Pflegegrad 5) und dürfen insgesamt 1.612 Euro pro Jahr nicht überschreiten. Zusätzliche Kosten, wie Fahrtkosten oder Verdienstausfall, können von Verwandten geltend gemacht werden.

Höhe der Leistungen zusammengefasst

KriteriumVerhinderungspflegeKurzzeitpflege
ZweckEntlastung der Hauptpflegeperson (z.B. Urlaub, Krankheit)Vorübergehende stationäre Betreuung
DauerBis zu 6 Wochen (42 Tage) pro JahrBis zu 6 Wochen (42 Tage) pro Jahr
Finanzielle LeistungenBis zu z.B. 1.612 Euro pro Jahr (in den Pflegegraden 2-5)Festgelegter Höchstbetrag pro Jahr
VoraussetzungenVorpflegezeit von mindestens 6 Monaten, Hauptpflegeperson muss verhindert seinKeine Vorpflegezeit nötig
Ort der PflegeZu Hause oder stationärImmer stationär

Rechtliche und steuerliche Aspekte

Einnahmen aus der Verhinderungspflege müssen in der Steuererklärung als Einkommen angegeben werden. In bestimmten Fällen sind diese Einnahmen steuerfrei:

- Wenn Angehörige die Verhinderungspflege ausführen.
- Wenn die Pflege aus sittlicher Pflicht, also aus moralischen Gründen und nicht aus Erwerbsabsicht, erbracht wird.
- Die Steuerbefreiung gilt jedoch nur, solange die Ersatzpflegeperson nicht mehr erhält als der pflegebedürftigen Person an Pflegegeld zusteht.

Wer kann Verhinderungspflege übernehmen?

Verhinderungspflege kann von professionellen Pflegediensten, anderen Familienmitgliedern oder qualifizierten Einzelpersonen durchgeführt werden. Bei stundenweiser Verhinderungspflege müssen die Pflegekräfte bestimmte Qualifikationen nachweisen können.

Was ist der Unterschied zwischen Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege?

Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege sind beides Leistungen der Pflegeversicherung in Deutschland, die dazu dienen, pflegende Angehörige temporär zu entlasten. Sie unterscheiden sich jedoch in ihren Zielsetzungen und Bedingungen:

Zweck:

Verhinderungspflege: Ist dafür vorgesehen, die Hauptpflegeperson zu entlasten, falls diese wegen Urlaub, Krankheit oder anderen Gründen vorübergehend an der Pflege gehindert ist. Dabei kann die Ersatzpflege zu Hause oder in einer stationären Einrichtung erfolgen.
Kurzzeitpflege: Dient der vorübergehenden stationären Unterbringung und Pflege von Pflegebedürftigen, beispielsweise wenn nach einem Krankenhausaufenthalt eine weiterführende Betreuung nötig ist oder die häusliche Pflege zeitweise nicht möglich ist.

Dauer:

Verhinderungspflege: Kann bis zu 6 Wochen (42 Tage) pro Jahr in Anspruch genommen werden.
Kurzzeitpflege: Ebenfalls bis zu 6 Wochen (42 Tage) pro Jahr.

Finanzielle Leistungen:

Verhinderungspflege: Die Pflegekasse zahlt bis zu einem bestimmten Betrag pro Jahr (z.B. den Betrag von 1.612 Euro in den Pflegegraden 2-5). Es besteht die Möglichkeit, ungenutzte Mittel aus dem Budget der Kurzzeitpflege zusätzlich für die Verhinderungspflege zu verwenden.
Kurzzeitpflege: Hier gibt es ebenfalls einen festgelegten Höchstbetrag pro Jahr für die Unterbringung und Pflege in einer stationären Einrichtung.

Voraussetzungen:

Verhinderungspflege: Eine Voraussetzung ist, dass die pflegende Person den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens 6 Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Zudem muss die Pflegeperson tatsächlich verhindert sein.
Kurzzeitpflege: Es gibt keine Vorpflegezeit als Voraussetzung. Sie kann auch genutzt werden, wenn die Verhinderungspflege nicht ausreicht.

Ort der Pflege:

Verhinderungspflege: Kann sowohl zu Hause (durch Angehörige, Freunde oder professionelle Pflegedienste) als auch in einer stationären Einrichtung stattfinden.
Kurzzeitpflege: Findet immer in einer spezialisierten stationären Einrichtung statt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verhinderungspflege flexibler in Bezug auf den Ort der Pflege ist und primär zur Entlastung der Pflegeperson dient, während die Kurzzeitpflege eine vorübergehende vollstationäre Lösung für den Pflegebedürftigen bietet.

PflegegradVerhinderungspflege durch nahe Angehörige (bis zu 6 Wochen)Verhinderungspflege durch Professionelle (bis zu 6 Wochen)
1keinekeine
2474 Euro1.612 Euro
3817,50 Euro1.612 Euro
41.092 Euro1.612 Euro
51.351,50 Euro1.612 Euro

Fazit

Verhinderungspflege ist ein essenzielles Angebot, um sicherzustellen, dass Pflegebedürftige auch bei Abwesenheit ihrer Hauptpflegekraft gut betreut werden. Sowohl finanziell als auch organisatorisch ist diese Leistung ein wichtiger Pfeiler im deutschen Pflegesystem. Die Verhinderungspflege bietet eine wertvolle Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und stellt sicher, dass die Betreuung auch in schwierigen Zeiten gewährleistet ist. Man sollte sich rechtzeitig über die Möglichkeiten zu informieren und die passenden Maßnahmen zu ergreifen.

Häufig gestellte Fragen

Der Verdienst hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. Region, Qualifikation der Pflegekraft und individuellen Vereinbarungen.

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