Gefahr liegt in der Luft - Teil 1

Gefahr liegt in der Luft!

Die Atmosphäre knistert. Die Augen aller sind auf den Eingang zur Fußgängerzone gerichtet. Die Polizisten mit ihren Maschinenpistolen sind in wärmendes Grün gewickelt uns stoßen im Sekundenabstand durch den hochgeschlagenen Schal lange Nebelwölkchen aus, die sich schnell mit den Nebelwölkchen des neben ihnen stehenden Polizisten vermischen. Die Nervosität ist mit Händen zu greifen.

Der Polizeipräsident hebt das Megaphon und schwört seine Hundertschaften ein: „Männer und Frauen vom SoKo Dürkheimer Faß!!! Die Lage ist noch nicht besorgniserregend!!! Wir haben alles unter Kontrolle!!! Der Gegner bewegt sich in langsamem Schritttempo auf uns zu, und macht auch keine Anstalten, sich in absehbarer Zeit aufzulösen!!! Wir haben bislang immer noch kein Bekennerschreiben oder eine andere Benachrichtigung erhalten, aus dem wir schließen könnten, was der Gegner will!!! Machen Sie sich auf das Schlimmste gefasst!!! Ich wollte, ich hätte bessere Nachrichten für Sie, aber so ist nun mal die Situation!!! Machen Sie das Beste daraus!!!“

Mehrere Hundertschaften stehen bereit, dem Unerwarteten entgegenzutreten, so geheimnisvoll und sinnlos dieser Kampf auch scheinen mag. Unaufhaltsam rückt die Front vor und hat nun schon bald den Anfang der Fußgängerzone erreicht. Die Straßen um Umfeld wurden vorsorglich geräumt, die Geschäfte geschlossen, die Schaufenster mit Brettern vernagelt. Ein gespenstisches Bild.

Aus Mannheim, Heidelberg und Kaiserslautern hatte man die letzten Wasserwerfer entmottet, vom Staub befreit und nach Bad Dürkheim verschickt. Als ob das etwas nützen würde.

Ein Reporter von der Ludwigshafener „Rheinpfalz“ und eine Journalistin des „Spiegel TV“ sind bis zum Polizeipräsidenten durchgedrungen und befragen ihn. Mit hilflosen Gesten unterstreicht der Beamte seine Ratlosigkeit: „Nein wir haben keine Ahnung, was das ganze soll und auch nicht, was die wollen. Alles hat kurz nach Mittag am Dürkheimer Faßrestaurant angefangen und der Protestzug wälzt sich nun unaufhaltsam auf die Fußgängerzone zu. Eine Verbindung zur rechten Szene wird nicht ausgeschlossen, allerdings weist auch nichts darauf hin. Embleme linker revolutionärer Zellen wurden auch nicht entdeckt. Es ist uns ein Rätsel.“ Er zuckt mit den Schultern und schämt sich gleichzeitig über diese Geste.

Ein Polizeiobermeister, dem die stundenlange Kälte sichtlich ins Gesicht schneidet, kämpft sich schnaufend zu der kleinen Gruppe durch und flüstert dem Polizeipräsidenten etwas ins Ohr. Dessen Gesicht verfinstert sich, als er zu den beiden Journalisten raunt: „Die Situation spitzt sich zu! Sie sind vermummt! Da können wir nicht anders! Wir müssen durchgreifen!“

Der Einwurf der besonnen Journalistin, daß die Vermummung ledigleich gegen die Kälte geschieht, wird vom Polizeipräsidenten mit einer barschen Handbewegung weggewischt und die junge Frau mit einem mitleidigen Blick bedacht. „Wie kann man nur so naiv sein!“

Hubschrauberlärm dicht über den Dächern läßt alle nach oben schauen. Der Helikopter schlägt völlig schulwidrige Haken. Man sieht, wie sich daraus mehrere Gestalten hastig abseilen und hinter den Dächern verschwinden, die Lage ist unübersichtlich. Unter den Hundertschaften entsteht Bewegung, offenbar werden die plötzlich eingetretenen Vorkommnisse heftig diskutiert. Mehrere Sprechfunkgeräte piepen und quäken und lassen jedermann aufhorchen. Die angespannte Furcht weicht Neugier. Es heißt plötzlich allenthalben, man habe die Rädelsführer gefangengenommen. Das wäre zu schön um wahr zu sein.

Langsam teilt sich die Menge der bereitstehenden Polizisten und macht einem grünen Panzerwagen Platz, der sich langsam und blau blinkend auf den Polizeipräsidenten zubewegt. Eine schwarzgekleidete, bis auf die Zähne bewaffnete Gestalt springt vom Panzerwagen, rennt auf den Polizeipräsidenten zu, macht Männchen und Meldung.

Mit entspanntem Gesicht wendet dieser sich wieder den beiden Journalisten zu und sagt stolz in die Kamera: „Es ist einer Sondereinheit des GSG 9 und ihrem Hubschrauber gelungen, die Rädelsführer in einem gewagten Kommandounternehmen gefangenzunehmen. Bislang zeigen sie sich nicht kooperativ und fügen sich nur widerwillig in die neue Situation. Aber das werden wir noch in den Griff bekommen, das haben wir ja gelernt, höhöhöh!!!“

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Kommentare

  1. Die Sondereinheit der GSG 9, habe ich am Flughafen Köln-Bonn seinerzeit - Mogadischu - auch enthusiastisch begrüßt.
    Eigentlich schon wieder "olle Kamellen".
    Aber im Hinterstübchen meines Gehirns doch noch existent.

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