Als ich noch glücklich verheiratet war, Indien Teil1

Das liegt jetzt 39 Jahre zurück. Wir hatten vor 42 Jahren geheiratet. Mein Mann war ein ewiger Student gewesen. Es war so bequem gewesen. Erst hatte Vater gezahlt, dann ich.

Irgendwann habe ich meinem Mann die Pistole auf die Brust gesetzt: Prüfung oder ich bin weg. Also Prüfung zum Dipl. Ing, Informatiker. Dann folgten die Bewerbungen. Es gab keine Angebote in Hamburg, sie kamen aus Süd- und Westdeutschland. Also war es kler: wir mussten umziehen.

Wir überlegten, ob wir uns nicht vorher noch einen Wunsch erfüllen sollten: eine lange Reise nach Indien. So geschah es. Wir kauften einen älteren VW-Bus und bauten ihn in mühevoller Arbeit zum Wohnmobil um.

Am 14. September 1977 nachmittags ging es los. Wir hatten geplant, durch den Irak zu fahren, leider bekamen wir keine Antwort von der Botschaft aus Bonn. Also wollten wir direkt dort in Bonn vorbei fahren und das Visum dort abholen. Die erste Übernachtung hatten wir in Osnabrück. Am frühen Vormittag waren wir in Bonn an der Botschaft. Nach mehrmaligem Klingeln kam ein junger Mann an die Tür, der uns in schlechtem Englisch erklärte, dass geschlossen sei. Es sei Ramadan. Wir sollten es an der Grenze versuchen. Also ging es weiter. Über Graz nach Jugoslawien und auf den Autoput. Wir kamen schnell voran. Richtung Norden gab es ein Geschiebe und Gedränge, während es für uns freie Fahrt gab. Über Nis ging es zur Bulgarischen Grenze. Die Grenzabfertigung ging flott, und bald waren wir in Sofia. Dort hatten wir Bekannte. Wir übernachteten dort und konnten endlich wieder einmal duschen.

Am nächsten Tag passierten wir die Türkische Grenze. Bald waren wir in Edirne, und dann fuhren wir weiter nach Istanbul. In flottem Tempo ging es nach Kappadokien, wo wir uns 3 Tage auf einem Campingplatz ausruhten. Es war dort sehr kalt. Wir wollten weiter in die Provinzstadt Bingöl, wo ein Bekannter von uns wohnte. Er war aus dem Heimaturlaub nicht zurück gekommen. In Bingöl kurbelten wir das Fenster runter, und sofort war eine Gruppe Menschen da. Alle wollten helfen. Es gab auch zwei Männer, die Deutsch sprachen. Den Namen unseres Bekannten kannte einer, er sagte aber, der wohne oben in den Bergen. Im Arbeitsamt suchte man seine genaue Adresse heraus, aber wir sollten erst am nächsten Morgen fahren, da die Strecke bei Dunkelheit zu gefährlich sei.

Also ging es am nächsten Morgen weiter. An einer Tankstelle fragten wir nach dem Weg, der Pächter wies auf eine Straße, machte aber mit der Hand Auf- und Abbewegungen. Also schlechte Wegstrecke. Die Provinz Bingöl befindet sich im Kurdengebiet, und wir sollten niemals die Straße verlassen. Nach 10km überholte uns ein Dolmusch, ein Sammeltaxi (Kleinbus), der Fahrer kannte unseren Mehmet und fuhr voraus. Der Weg war abenteuerlich. Es ging durch riesige Pfützen, in denen Autos gewaschen wurden, über Berg und Tal. Schließlich kamen wir in ein kleines Dorf, wo die Fahrgäste aus dem Bus stiegen: Frauen, Männer, Kinder, Ziegen.... Im Dorf wurden wir gleich von einem Deutschsprechenden Mann empfangen. Er lud uns in sein Haus ein. Merkwürdigerweise waren dort nur Männer, ziemlich dunkle Gestalten. Ab und zu blinzelte dann doch eine Frau durch die Tür und wurde aber sofort weggescheucht. Der Opa verließ den Raum, weil er nicht mit Christen zusammensitzen wollte. Sait, der Deutschsprechende Mann, erzählte uns, dass Mehmet in der Stadt beim Arzt mit seiner Frau sei. Also saßen wir da und warteten. Meinem Mann wurden immer wieder selbstgedrehte Zigaretten, die tüchtig mit der Zunge beleckt wurden, angeboten. Sein Vorrat an Zigaretten ging aber auch drauf.

Am nächsten Morgen kam uns Mehmet vom Berg herunter entgegen. Wir mussten mit dem Auto weiter fahren, durch einen kleinen Bach und einen größeren Fluß. Dort schoben und zogen uns mehrere Männer durch. Erst auf dem nächsten Feld durften wir stehen bleiben. Ein Neffe Mehmets bekam einen Revolver und musste in unserm Bus Wache halten. Einen gefährlichen Hund hatte er auch dabei.

Wir verbrachten ein paar schöne Tage bei Mehmet. Die zum Haus gehörenden Frauen waren bei allen Gesprächen dabei. Bürgermeister und Lehrer wurden uns vorgestellt. Der Lehrer war der Einzige, der eine Toilette besaß, alle anderen gingen an den Bach. Ich lernte Ziegen zu melken und alle Kinder guckten mit viel Spaß zu. Uns zu Ehren wurde ein Lamm geschlachtet. Mehmets Frau schenkte uns einen von ihr selbstgewebten Teppich.

Nach 3 Tagen ging es weiter Richtung Südosten zur Irakischen Grenze. Wir fuhren also aus der Türkei aus, bekamen den Ausreisestempel und kamen an die Irakische Grenze. Leider war ein Visum an der Grenze nicht möglich, also wurden wir zurück geschickt. Nun hatten wir ein Problem. Wir wollten in die Türkei, waren aber nicht aus dem Irak ausgereist, das ging doch nicht! Schließlich wurde der Chef gerufen, der dann alles schnell regelte. Die Türkei hatte uns wieder!

Fortsetzung folgt

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