Wie bediene ich ein Klischee

„Ich will die alte Frauenrolle zurück“, sage ich so leise vor mich hin.

„WAAAAS“, ein Aufschrei aus 5 Kehlen. Alle Gesichter mit vor Empörung aufgerissenen Augen zu MIR !
„Spinnst du eigentlich“, fragt Frau Karriere.
„Also so was Blödes habe ich schon lange nicht mehr gehört“ entsetzt sich Frau Frischgeschieden.
„Du hast wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank“, schüttelt Frau Berufswiedereinsteiger das wohlfrisierte Haupt.
„Wechseljahresdepression, nimm doch mal Johanniskraut zur Beruhigung“ flötet Frau Alternativ.
„Ich auch“, flüstert Frau Mini-Job mit gesenktem Blick.

„WAAAAS“, ein Aufschrei aus 5 Kehlen. Alle Gesichter mit vor Empörung aufgerissenen Augen zu IHR !

Die Arme, sie wird ganz rot, soviel Aufmerksamkeit ist sie einfach nicht gewöhnt. Bevor sie es sich jetzt unter dem Tisch häuslich einrichtet, muss ich sie retten. Das bin ich ihrem Anfall von Heldinnenmut einfach schuldig.

„Ich habe es satt, immer alles alleine entscheiden und machen zu müssen“, werfe ich sanft in die Runde. „Ich möchte auch mal, dass mir jemand sagt, was wann, wie, wo und warum getan werden muss.“
„Dann gehe doch mal anständig arbeiten, nicht so wie jetzt, dass dir dein Beruf auch noch Spaß macht. Schaffe dir so etwas Lästiges wie einen Chef an, und du bist, was sinnlose Anweisungen angeht, bestens bedient“, zittert Frau Berufswiedereinsteigers Haarpracht zornig.

„Und dann möchte ich mal Geld ausgeben dürfen, das ich nicht selbst verdient habe“, überhöre ich den Einwand elegant. „So eine Art Arbeitsteilung: Er schafft rein, ich schaffe raus."

„Ha, und dann wird dir vorgeschrieben, für was und wie viel du sein Schwerverdientes ausgeben darfst. Auf jeden Fall nie für dich alleine.
Womöglich bekommst du noch ein minimales Haushaltsgeld, mit dem du kaum über die Runden kommst. Glaub´ mir, ich weiß wovon ich rede“ rezitiert Frau Frischgeschieden.

„Das bin ich doch gewöhnt“, unterbreche ich ihren empörten Redeschwall liebevoll, bevor sie zu weiteren Ehebeendigungsursachen kommen kann.
Das Haus, die Kinder, die Tiere, der Staat, die Gemeinde, der Stromlieferant und der Waldarbeiter bestimmen für was und wie viel ich Geld ausgeben darf und auf keinen Fall für mich alleine. Und oft muss ich auch mit einem minimalen Haushaltsgeld über die Runden kommen. Wo bitte ist denn da der Unterschied?“

„Du bist dein eigener Herr“, sagt Frau Karriere.

„Hmm“, antworte ich nachdenklich, „eigentlich möchte ich lieber meine eigene Frau sein, und nicht die Frau für alles.“

„Du kannst dir immer wieder einen anderen Mann nehmen. Wenn dir einer nicht mehr gefällt, dann kannst du ihn einfach wieder wegschicken, du bist ja finanziell unabhängig“, wirft Frau Alternativ den Köder aus.

„Eine bescheuerte Vorstellung“, trample ich auf ihrem Köder herum, wie sie auf meinen ehrbaren (wirklich wahr!!!!!) Gefühlen. „Ein Mann ist doch kein Wegwerfartikel, und meine Zuneigung auch nicht.“ Ein moralisches „Tztztztz“ verkneife ich mir (ehrlich !) mühsam.

„Und ich möchte mich mal ankuscheln können, schwach sein und den Sprudelkasten zu schwer finden dürfen“, meldet sich ganz fein das Stimmchen von Frau Mini – Job.

„Ja“, fahre ich begeistert fort, „und Kompromisse finden und Verantwortung teilen dürfen und nie mehr, wirklich gar nie mehr diese renitente Klospülung reparieren müssen.“

von Leny-Noelle

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Kommentare

  1. Ja, Leni, das Leben ist schon kompliziert. Eigentlich hat jede, der hier von dir beschriebenen Frauen irgendwie recht.
    Es gibt Positives wie Negatives im Leben und alles in ein richtiges Verhältnis zu setzen ist die große Kunst, das Leben zu meistern und glücklich zu sein.

  2. Seufz, manchmal, aber wirklich nur manchmal wünsche ich mir auch die alte Frauenrolle zurück 😉
    Aber meistens bin ich sehr zufrieden, die Zeit der Emanzipation erlebt zu haben..

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