Von der Einsamkeit

Die Welt ist zwar voller Menschen
und dennoch ist jeder für sich allein,
nur ganz selten kann einer dem anderen eine Stütze sein,
jeder steckt selbst bis zum Hals in Problemen,
Lebenskünstler sind die, die sie nicht zur Kenntnis nehmen.

Jeder bräuchte Hilfe von Zeit zu Zeit
und auch viele wären zum Helfen bereit,
nur leider ist die Kommunikation gestört,
so dass einer den Hilfeschrei des anderen nicht hört.
Jeder hastet in seinem Hamsterrad vor sich hin,
verdrängt werden muss dabei die Frage nach dem Sinn,
und auch nach dem Warum und Weshalb darf man nicht fragen,
ansonsten würde man außer Tritt geraten.

Niemand hat Zeit, dem anderen einfach mal zuzuhörn,
sich die Zeit zu nehmen, um ihn zu verstehn,
niemand hat Zeit bei einem anderen mal stehen zu bleiben,
ganz zu schweigen, ihn mal ein Stück zu begleiten,
ihm aufzuhelfen, wenn er mal stolpert und fällt,
und ihn nicht mit den Worten trösten: Steh auf, so ist halt die Welt.

Wer es wagt zu schauen, der sieht,
wie von Natur aus einsam jeder Mensch existiert,
auch wenn viele es im Leben nur vage realisieren,
und sich im Getöse der Welt betäuben und oft auch verlieren,
ein Mensch ist, solange er am Leben,
einsamer als jedes andere Wesen hier auf Erden.

Sich des Zustands der Einsamkeit bewusst zu werden,
ist für Menschen mit die schlimmste Angst auf Erden,
dagegen wird instinktiv und machtvoll angegangen.
Damit nur nirgendwo Leerlauf entstehe,
man das Leben rastlos mit Aktivitäten versehe.
So stellt sich leicht der Trugschluss ein,
ich werde dringend gebraucht, ohne mich ist die Welt allein.

Reißt das Schicksal dann doch mal einen Stützbalken ein,
dann steht die Welt still und ganz plötzlich ist man allein.
Das Ego hat einen mächtigen Dämpfer erhalten,
vom Mittelpunkt der Welt an die Peripherie,
es fühlt sich verlassen, es sehnt sich zurück,
jedoch, es weiß nicht wie.
Hilflos ist es auf sich alleine gestellt,
greift nach jedem Strohhalm,
wenn es denn einen findet in der Welt.

Ansonsten bleibt es ohnmächtig in sich selbst gefangen
und man wird sich eines Wesens bewusst,
von dem man bisher nur vom Hörensagen gewusst,
das man sich idealistisch aufgebaut,
das man tatsächlich aber nie geschaut.
Nun ist man auf einmal mit ihm ganz allein gelassen,
und was man da sieht, es ist schwer zu fassen.

Nicht der strahlende Held, der niemals versagt,
ein hilfsloses Kind, das selbst am Kleinsten verzagt,
nicht das gütige Wesen, voller Liebe und Mitgefühl,
ein weinerlicher Gnom, voll geballter Wut auf Gott und Welt
von denen er sich für verlassen hält.
Von Willenskraft, von Geistesstärke, keine Spur,
alles was man weiß, nutzloses Wissen nur.
Dieser Gedanke, das bin ICH, ist kaum zu ertragen
und doch – man muss es wagen.

Ein Weg ist, sich innerlich tot zu stellen,
damit man diese Bilder nicht mehr sieht,
Depression nennt man dann, was da geschieht.
Oder man muss sich betäuben,
sich eine Illusion von sich selbst erzeugen,
die Mittel dazu gibt’s im Überfluss,
vom ersten Schluck bis zum goldenen Schuss.

Am besten ist’s, dass nach dem ersten Schock,
man sich diesem Anblick stelle,
zu sehen, was es zu verändern gilt,
ob man nicht Wege finde,
ihm zu helfen, diesem verwahrlosten Kinde.
Es ist eine Wanderung auf einem schmalen Grat,
droht einen manchmal zu zerreißen,
den Mut, den muss man täglich neu entfachen,
lernt aber auch, über sich selbst zu lachen.
Man stellt fest und ist erstaunt:
ICH lebe - und das gerne,
obwohl die Welt mich gar nicht braucht.

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