Teil 2 Sektschaumbad

So richtig standen wir noch nicht, und aneinander und an den Halterohren schien uns auch keine Standfestigkeit gegeben zu sein. Und während wir schon wieder geneigt waren, uns langsam in das warme Wasser zurück sinken zu lassen, traf uns unvermittelt ein kalter Wasserstrahl, der uns aufschreien ließ. Gleich darauf wurde er aber wieder warm und dann wieder kalt. Das war die erste Wechseldusche meines Lebens.
Anfangs war uns schleierhaft, woher die Frau den Schlauch hatte, später sahen wir, dass im Vorraum eine Art Feuerschlauch in einem Kasten war, und dort konnte man auch „Wechseltemperaturen“ einstellen.
Diese Dusche machte unseren Kopf sehr schnell klar, aber jetzt sah das Badezimmer aus, wie ein See. „Macht euch mal keinen Kopp. Das mache ich schneller weg, als ihr denkt. Los, jetzt raus, abtrocknen und warm anziehen. Draußen ist Frost.“
Wie gehorsame Kinder folgten wir ihren Anweisungen und waren nun doch etwas beschämt. Was wird sie wohl von uns gedacht haben? Zwei junge Kerle in einer Wanne und zehn leere Sektflaschen?
Nun, sie hat sich ihre Gedanken gemacht, aber sie war als Zimmerfrau eines Berliner Hotels viel gewöhnt und dadurch nahezu durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Die zwei noch nicht geöffneten Sektflaschen brachte
sie uns zum Auto hinterher, aber wir schenkten sie ihr
und entschuldigten uns noch einmal.
Dann spazierten wir noch eine Runde vom Brandenburger Tor zur Friedrichstraße, tranken im „Hotel Unter den Linden“ einen starken Kaffee und spazierten zurück zum Auto.
Bei einem Stopp kurz vor der Raststätte Köckern, der auf Grund polizeilichen Verlangens stattfand, war ich beim Pusten in das Röhrchen befundfrei. Damals war die Autobahn hier noch ohne Mittelstreifen und Leitplanken und selbst die Brücken waren eigens für diese Strecke konstruiert, es war die ABUS, nicht zu verwechseln mit der AVUS in Berlin. Auf dieser Strecke testeten vor dem zweiten Weltkrieg die Junkerswerke Dessau ihre Flieger aus der JU-Reihe. Und dann nach dem zweiten Weltkrieg wurden auf dieser Autobahn Motorradrennen gefahren. An der Wendestelle bei Dessau-Ost verunglückte der Spitzenfahrer Paul Greifzu tödlich und die Strecke wurde für weitere Rennen gesperrt.
Wer heute auf der A9 von Berlin kommend die Abfahrt Dessau-Ost passiert hat, sieht rechts im Grünen das Denkmal für Paul Greifzu.
Dieses Geschehnis schilderte ich meinem Zauber-Partner.
Als wir Wochen später an dem Gedenkstein vorbei kamen, wollte ich wissen ob er sich erinnert.
Ja, dass ein Motorradfahrer hier sein Leben lassen musste, wusste er, aber wie war doch der Name?
Ich wollte ihm etwas helfen und machte mit einer Hand die Bewegung des Zugreifens.
Da dämmerte es und begeistert meinte er: „Das war Paul Grapsch!“
***

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