Sehnsucht

Sehnsucht

Es schienen so golden die Sterne,
am Fenster ich einsam stand
und hörte aus weiter Ferne
ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leibe entbrennte,
da hab´ ich mir heimlich gedacht:
Ach, wer da mitreisen könnte
in der prächtigen Sommernacht!

Zwei junge Gesellen gingen
vorüber am Bergeshang,
ich hörte im Wandern sie singen
die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
wo die Wälder rauschen so sacht,
von Quellen, die von den Klüften
sich stürzen in Waldesnacht.

Sie sangen von Marmorbildern,
von Gärten, die überm Gestein
in dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondschein,
wo die Mädchen am Fenster lauschen,
wann der Lauten Klang erwacht,
und die Brunnen verschlafen rauschen
in der prächtigen Sommernacht.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

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Kommentare

  1. Blaue Stunde zum Thema Sehnsucht:
    Nach dem Sonnenuntergang,
    wenn das Rot vergeht
    schau ich auf die Berge lang
    wo ein Blau entsteht.

    Das nur einmal kommt am Tag,
    aber wenn ich will
    wenn ich "Blaue Stunde" sag,
    hält sie in mir still.

    Alles was da Sehnsucht heißt
    und ich trag in mir
    dieses Bild das nie zerreißt
    komm, ich schenk es Dir.

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