Frost und Frust
Frost und Frust (Murkelchen)
10. Januar - Außentemperatur: 14 Grad minus.Mein Enkel Fabian hat heute Geburtstag. Seine Mutter wollte mit ihm und den kleinen Gästen (7 Stück) "kegeln" gehen. Sie hatte das vorher getestet, mit Fabian als Testobjekt sozusagen. Diese "Kinderbelustigungsmöglichkeit" wird leider nur in Kneipen angeboten. Sie bezweifelte, dass Fabian - der Kleinste der Knaben - die Kugeln eventuell nicht tragen und werfen könne. Die Wirtin schmiss daraufhin die Kegelbahn an, ließ Fabian eine Runde kegeln - und siehe da, es klappte. Mama buchte die Bahn für ihren Sohn und die Kinderschar. Ich wurde als Babysitter-Omi für die kleine Christina bestellt. Um 15 Uhr heute Nachmittag sollte ich möglichst da sein.
Und so fuhr ich denn nach dem Büroschluss erst noch zur Altkleidersammlung, brachte unsere nicht mehr benötigten Hemden, Krawatten, Anoraks und Pullover weg. Danach stoppte ich in St. Augustin auf einem Parkplatz, weil ich schnell noch eine Kleinigkeit als Anhängsel für Fabians Geschenk besorgen wollte. Als ich danach ins Auto stieg, machte diese verflixte Kiste beim Starten beleidigt "pfffftttt" und dann sagte sie nix mehr. Ich saß konsterniert vor meinem Lenkrad und betete, dass das ein böser Traum sei. Es war sibirisch kalt draußen, und ich saß hier fest. Das durfte doch nicht wahr sein. Warum passiert das nicht an einem warmen Sommertag. Ich nahm mein Handy, rief kurzerhand meinen ganz persönlichen Fach- und Ehemann an, damit ich wenigstens mit seinem Trost im Ohr wieder klar denken konnte. Den ADAC anrufen war das nächste, aber da sagte dummerweise mein Handy "pfffft". Wie immer im richtigen Augenblick.... Wenn ich es wirklich mal brauche, hat es noch nie funktioniert. Der Akku war leer. Nun kann ich verstehen, weshalb das HB-Männchen so viele Leute anspricht. Mein Blutdruck stieg.
Ich ging, mit der ADAC-Rufnummer bewaffnet, zum Einkaufszentrum Real. Ein kurzer prüfender Blick verhieß nichts Gutes. Keine Telefonzelle für Karten vorhanden. Eine kaputte und eine besetzte für normales Geld. Die besetzte blieb sehr lange besetzt. Und keinen Cent Kleingeld hatte ich in der Tasche.....fiel mir dann auf. Der Albtraum schlechthin. Gut, ich kaufte mir ein Brötchen (hatte seit dem Frühstück noch nix gegessen), wechselte Geld. Inzwischen war es 15 Uhr. Da sollte ich eigentlich Babysitten. Dann schellte mein Handy, Karl-Heinz war wieder dran. Handys funktionieren auch, wenn sie leer sind, aber dann nur, wenn man angerufen wird - und nicht sehr lange. Ich habe ihm in Steno geschildert, dass ich nicht mehr telefonieren könne, dass die ADAC-Rufnummern immer besetzt seien, dass meine Schwiegertochter sicher auf mich wartete und mein Kleingeld nicht reichen würde. Mein Liebelein tröstete mich. Er würde das von zu Hause aus alles managen. Ich sollte zum Auto zurückgehen und auf seinen Anruf warten. Tat ich. Ich setzte mich in das ca. 10 Grad (MINUS!!) kalte Auto rein, wickelte mich in alles, was wickelbar war (viel war das nicht), und wartete eine halbe Stunde. Ich bereute schon, die alten Kleider nicht behalten zu haben. Es war ja ein schöner dicker Anorak dabei gewesen.
Es tat sich nichts. Nach einer Stunde war ich so durchgefroren, dass auch meine Hemmungen eingefroren waren. Ich suchte ein Sonnenstudio in der Nähe des Parkplatzes auf, bat um Unterschlupf. Da war es warm, und die Leute hatten ein Telefon. Von der mitleidigen Sonnenstudio-Besitzerin wurde mir gestattet, zu telefonieren. Welch ein Glück. Ich rief also zu Hause an. Der ADAC war informiert, aber außer mir warteten noch weitere 600 Leute. Und sie waren alle vor mir liegen geblieben. Es konnte dauern. Ich wäre am liebsten direkt mit der Bahn nach Hause gefahren. Aber das Auto...! Hier konnte es nicht stehen bleiben. Ich blieb also bei ihm. Wartete. Trank einen Kakao im Sonnenstudio. Es wurde 16.20 Uhr, ich bat nochmals um ein Telefonat und erhielt beides, das Telefon und einen weiteren Kakao.
Als ich danach anstandshalber wieder nach draußen ging und in der Nähe meines Autos auf und ab spazierte, hüpfte und trippelte, um die Füße wieder warm zu kriegen, kam das Sonnenstudio-Girl an die Tür und rief mich wieder rein. Da sei es wärmer. Ich gab ihr Recht. Welche eine freundliche junge Frau! Um 17 Uhr war meine Geduld zu Ende. Ich bin ja im Normalfall schon kein sehr geduldiger Mensch. Aber nun reichte es. Ich nutzte ein weiteres Mal mein Sonnenstudio-Telefon (spendete ein paar Euros für die Kaffeekasse) und verkündete meinem Mann, es sei genug, ich würde jetzt nach Hause kommen, egal wie.
Er hatte zwei Stunden Zeit zum Nachdenken gehabt und bat mich, das Auto noch mal zu starten. Vielleicht sei die Strecke vom Büro bis zum Parkplatz zu kurz gewesen, der Vergaser sei eventuell feucht gewesen und dann, als der Wagen still stand, sei er vereist. Die Vereisung könnte nun durch die bis dahin aufgebaute Motorwärme allerdings wieder abgetaut sein. Vielleicht würde es jetzt klappen, meinte er hoffnungsvoll. Aber wie kann ein Motor bei dieser Kälte Wärme aufbauen? Das schien mir doch recht zweifelhaft. Aber wenn..... Grrrr! Ich Blödmann hüpfe und renne in der Kälte rum, bettele um Obdach, vertrödele meine Zeit mit dem Warten auf ADAC-Männer und mein Wagen wäre wahrscheinlich schon eine Stunde früher wieder gelaufen, weil er "Wärme aufgebaut" hat..Ja, das hatte er tatsächlich. Er startete, als wenn nichts gewesen wäre. Warum sagt einem das keiner? Warum sind wir Frauen nur so blöde und wissen von diesen Geheimnissen der Männer nix? Um 17.45 war ich zu Hause.
Als ich Fabian - inzwischen auch ohne mich 6 Jahre alt geworden - am Telefon nach der Gratulation erzählte, dass mein Auto schlapp gemacht hätte und sich nicht mehr rührte, meinte er ganz begeistert: "Das ist die Batterie sicher gewesen, das hatten wir auch schon. Oder das ist zu kalt, dann friert das Wasser und dann kann der Vergaser nicht mehr arbeiten." Prima, was? Die Burschen lernen das schon im Babyalter. Wir Frauen brauchen scheinbar 55 Jahre länger.
Eine Geschichte von: Murkelchen
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