Die Endlichkeit

Ich schreibe diese Zeilen im Alter von fast siebenundsiebzig Jahren. Ich habe wie alle Menschen keine Ahnung davon, wie lange mein Leben noch währt. Zu meinem Erschrecken stellte ich eines schönen Tages fest, von den männlichen Trägern meines Namens, bin ich nun der Älteste. Es gab zum Glück bis vor kurzem noch eine eingeheiratete Tante, die ein viertel Jahrhundert älter war, als ich. So fühlte ich mich eben als ein Familienmitglied mittleren Alters. Das ist seit dem Tod der Tante vorbei. Niemand, der meinen Namen trägt, ist älter als ich. Welche eine Spanne umfasst mein sich langsam, aber unaufhaltsam schließender Lebenskreis. Als ich geboren wurde, wurde gerade fleißig am Weltuntergang gearbeitet. Nun unsere Erde hat zum Glück diesen Weltuntergang überstanden und als diese furchtbare Zeit vorüber war, sah es einen Moment so aus, als würden sich alles zum Besseren wenden. Eine Illusion - leider…

Dann zerfiel die Welt in Blöcke. Unversöhnlich standen sich Ost und West gegenüber. Die Hochrüstung fraß den Wohlstand, der hätte erreicht werden können. Die Maßeinheit des politischen Handelns wurde der Overkill. Schon dieses Wortgebilde zeigt die Verkommenheit dieses Handeln. Der Feind kann immer nur einmal getötet werden, was soll dann die zehn- oder hundertfache Möglichkeit des Tötens. Warum sollte der Russe, der Chinese, der Koreaner, der Araber oder sonst wer, der Feind sein? Ich kenne keinen dieser Menschen, wie kann ich ihnen gegenüber Feindschaft empfinden? Feindschaft mit einem Nachbarn im Haus kann ich mir gerade noch vorstellen. Ich habe aber Glück, es gibt keinen Nachbarn, mit dem ich im Streit lebe. Ich lebe in einer harmonischen Nachbarschaft – es gibt sogar Nachbarn, mit denen ich mich freundschaftlich verbunden fühle. Was ich mir nicht vorstellen kann, ist Feindschaft zwischen Völkern. Was haben „Die Franzosen“ meinen Vorfahren angetan, dass diese sie als Feinde empfanden? Kann mir das bitte einmal jemand erklären? Gut, „Die Franzosen“ taugen als Feinde nicht mehr, in umgekehrter Richtung ist Feindschaft zum Glück auch nicht mehr aktuell. „Die Deutschen“ taugen in Frankreich auch nicht mehr als der Feind. Aus der Welt geschafft ist das Problem dadurch leider nicht. Israelis empfinden Araber als Feinde. Araber sehen in den Israelis ihre Feinde. Indien und Pakistan pflegen ihre Feindschaft seit über sechzig Jahren, warum? Das Stück Land namens Kaschmir, als Grund für eine Völkerfeindschaft über Generationen, das kann eigentlich nicht wahr sein.

Wer redet den Völkern ein, dass sie aus ihrer Feindschaft und den, aus dieser Feindschaft resultierenden Kriegen einen Vorteil haben, einen Gewinn generieren können, wie ein Wirtschaftswissenschaftler das nennen würden. Da bleibt wirklich die Frage, welche Art Gewinn werfen Millionen von Toten ab? Für die Toten und ihre Angehörigen ist kein Gewinn erkennbar. In jedem Krieg werden Millionenwerte vernichtet. Werte, die den Überlebenden nach dem Krieg fehlen. Wer ist auf die wahnwitzige Idee gekommen, dass Granaten aus Kanonenrohren abgeschossen, Wohlstand erzeugen? Geht’s noch?

Er gibt in jedem Konflikt vermeintliche Gewinner, es gibt Staatenlenker, denen werden Denkmäler für ihre Siege gesetzt. Warum? Haben sie selbst an vorderster Front gestanden? Oder haben sie gemeinsam mit ihren Soldaten in den Gräben von Sedan im Deutsch-Französischem Krieg gelitten? Haben die verbluteten Soldaten die Siegesdenkmäler gesetzt bekommen? Nein, der Kaiser und sein Kanzler Bismarck stehen weit sichtbar auf den Sockeln, viele davon sind noch heute zu bewundern. Die namenlosen sind vergessen, niemand weint ihnen eine Träne nach. Doch was nützt der ganze Ruhm, am Ende eines Lebens? Glauben Menschen, die andere Menschen auf den Schlachtfeldern verbluten lassen, dass sie durch den erlangten Ruhm im Grab bequemer liegen? Ist der Mensch erst einmal tot, ist all das, was er jemals sich hat einfallen lassen für ihn selbst bedeutungslos. Da ist es gleichgültig, ob der Leichnam Kaiser Napoleons im Invalidendom vor sich hin modert, er ist nicht besser dran, als die seiner Soldaten, die er auf seinen Schlachtfeldern in den Tod getrieben hat. Tot ist eben tot, egal ob im Invalidendom oder auf den schlammigen Feldern von Waterloo.

Gerade diese Machtmenschen, die vor Tatkraft und oft auch vor Intelligenz strotzen, hätten die Gabe, ihr Talent zum Wohle der Menschheit einzusetzen. Dann würden sie jetzt genauso tot in ihren Gräbern liegen, aber wir würden ihrer in liebender Erinnerung gedenken. Was hindert diese Menschen nur daran? Haben sie nicht bemerkt, dass die Dauer eines Lebens endlich ist und ihre ganze Macht im Augenblick ihres Todes, sich in nichts auflöst? Nur wer die Endlichkeit seines Lebens begreift, erkennt, dass es sinnlos ist die Erde mit Kriegen zu überziehen. Selbst wenn ich mich wiederhole, Wohlstand und Glück kommen nicht aus den Mündungen von Kanonenrohren!

Das Original der Geschichte findet Ihr hier

Den Text habe ich vor über zwei Jahren verfasst, also stimmt Alter mit dem der Kurzgeschichte nicht mehr überein. Aber das macht nichts, am Weltgeschehen hat sich seitdem nichts geändert - außer, wir leben inzwischen mit einer Pandemie.

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Kommentare

  1. Interessante Geschichte - ob vor zwei Jahren geschrieben und jetzt hier im Forum Senioren.de publiziert, spielt keine Rolle. Die Frage, was der Völkerkrieg mit der Endlichkeit unseres Lebens zu tun hat, habe ich mir bis jetzt nicht gestellt. B. Moosecker wirft mit seinen Zeilen ein ganz neues Licht auf diese Thematik von "Krieg und Frieden".

    1. Hallo Christoph, du bist hier nicht bei http://www.senioren.de. Diese Domain ----> https://www.axa.de/plan360 wurde von der Axa Versicherung aufgekauft und hat mit dem Forum-fuer-senioren.de nichts zu tun.
      Nichts für ungut @universum

      Die Frage nach der Sterblichkeit und nach Krieg und Frieden sind unterschiedliche Themata, finde ich.

      Bei Kriegen geht es immer um Macht und Wachstum.
      Hannes Wader & Konstantin Wecker & Reinhard Mey haben es auf den Punkt gebracht:
      Unsere Kinder und Kindeskinder sind nur Kanonenfutter für die Mächtigen, die die Macht im Lande haben.

      In jedem Land.

      https://youtu.be/SJnmZmy8IEU?list=RD1q-Ga3myTP4

      1. Guten Tag Sabine
        Ich habe den Text von B. Moosecker hier im Forum Senioren.de gefunden und jetzt auch Eure Antworten darauf. Mich interessiert wirklich nur die Thematik und nicht irgendeine Domain.
        Ob die Frage nach der Sterblichkeit und andrerseits nach Krieg/frieden unterschiedliche Themen sind, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich anerkenne die Argumente von B.M. aber auch Deinen Hinweis.
        Ich habe mir das Lied der drei Männer zu den Soldaten angehört und es hinterlässt bei mir ein etwas zwiespältiges Gefühl. Einerseits mag uns die Pathetik berühren, andrerseits gäbe es diese Lieder gar nicht, wenn keine Kriege auf unserem Planeten herrschten. Oder um ein anderes Beispiel zu benennen: Wenn es nach der christlichen Auffassung keinen Jesus als Teil der Dreieinigkeit Gottes (woran ich nicht glaube) gäbe, würden heute nicht zig tausende Dome, Kathedralen und und weitere imposante Gotteshäuser stehen.

        1. Die Domain Senioren.de gehört der Versicherungsgruppe AXA. Sie hat mit diesem Forum für Senioren, wo du registriert bist, nichts zu tun.

          Das verhält sich ungefähr so, als ob du bei Aldi.de einkaufst, aber Lidl.de für die Artikel lobst, die du bei Aldi eingekauft hast.

          Google mal den Begriff Domain.

          Oder versuch mal, dich bei http://www.senioren.de anzumelden.

          Viel Glück und lass dir keine Versicherung aufschwatzen.
          Scherz....

          Ich bin übrigens Christin.

    2. Hallo Universum,
      danke, dass Du meine Kurzgeschichte kommentiert hast und Du sie als Anstoß zu eigenen Überlegungen siehst.

      Das das Schreiben daran jetzt schon ein paar Jahre zurückliegt, weiß ich nicht mehr, was mich dazu bewogen hat. Ich vermute, ich hatte einfach ausdrücken wollen, dass das Streben nach Macht sinnlos ist, einfach vertane Lebenszeit.

      Gruß Bernd

      1. Hallo Bernd

        Ob das Streben nach Wachstum und Macht sinnlos ist, kann ich leider nicht beantworten. Aber ich habe mir ein paar Gedanken dazu gemacht.

        Das Streben nach Macht ist durch unsere menschlichen Entwicklungsgeschichte genetisch festgelegt.

        Die Jäger und Sammler teilten ihre Jagd- und Sammelgebiete untereinander auf.
        Die Größe der Gebiete spielte keine untergeordnete Rolle, denn je Größer das Gebiet war, umso mehr essbare Beutetiere und Pilze und Pflanzen gab es zu holen.

        Clans mit vielen Mitgliedern mussten ein großes Jagdgebiet haben, um alle satt zu bekommen und sie zogen damals deswegen in den Krieg.

        Der Streit um sog. Filetstücke mit reichem Tier- und Pfanzenbestand mit Zugang zu Wasser, wurde damals erfunden und heute haben die Häuserspekulanten ihn perfektioniert.

        Natürlich wollen wir heute alle eine bessere Welt. Und jeder Politiker hält sich für gut und edel.

        Nur haben nicht alle Menschen die gleiche Vorstellung von einer besseren Welt.

  2. lieber Bernd , das hast du sehr realistisch geschrieben , besser kann man es nicht ausdrücken , auch wenn die Geschichte schon 2 Jahre früher geschrieben wurde . Ich bin so alt wie du und auch das Familienoberhaupt , aber ich laß mich nicht vereinnahmen ... Bleib du so wie du bist , das ist schon gut so ....liebe Grüße für dich .....Karin

      1. Hallo Bernd! Gut hast du geschrieben! Aber ich glaube, dass es nie Paradies in der Welt kommt. Bin eine einfache Seele und glaube am Gott. Es war ein Krieg Zwischen Satan und Gott im Himmel und Gott hat Satan auf die Erde geworfen.So ist beide, Gutes und das Böse bei uns. Es ist ein Dilemma, der Krieg ist schrecklich, aber wenn ich Finnlands Winterkrieg gegen Soviet Union denke, bin ich froh. Wunderlich, wuerde ich sagen. Ich habe Angst hier nun schreiben, weil mein Deutsch so schlecht ist, aber die Sache ist so interessant. Verzeih die Fehler, bitte! Suometar

        1. Hallo @suometar , zuerst einmal muss ich Dir heftig widersprechen! Ich habe persönlich enge Beziehungen nach Frankreich und ich wäre froh, wenn ich nur halb so gut Französisch schreiben könnte, wie Du Deutsch schreibst. Dein Deutsch ist fast fehlerfrei!

          Dein Kommentar ist voll richtiger und wichtiger Feststellungen. Wenn ich auch nicht an Gott glaube, Deine Schlussfolgerung, dass beides in uns ist - gutes und böses - ist für mich richtig und wahr. Was den Winterkrieg betrifft, darüber müsste ich mich zuerst einmal informieren, um meine Meinung dazu zu äußern. Ich weiß eigentlich nicht viel mehr, als dass der Krieg stattgefunden hat. Eins kann ich aber mit Sicherheit sagen - jeder Mensch und somit auch jeder Mensch hat das Recht sich zu verteidigen.
          Danke für Deinen Kommentar, Bernd

          1. @suometar und B.Moosecker
            Eure beiden Ansichtsweisen gefallen mir. Das "endgültige" Paradies hier auf diesem Planeten werden wir wohl nie haben. Ich habe aber durch meine verschiedenen Krankheiten ( 3 Infarkte) auch gelernt. dass man das richtige Glück eben auch durch Leiden erfährt.
            LG Universum

          2. Hallo Bernd Moosecker,
            wir können doch einen Zustand, egal was es ist, nur deshalb benennen, weil es einen Gegensatz gibt. Wenn der Mensch ohne die Fähigkeit zum Bösen entstanden wäre, hätten wir in unserem Dasein auch nicht den Zustand Gut bezeichnen können.
            Wir würden, wie ein blind geborener Mensch, der keine Helligkeit und somit auch keine Dunkelheit kennt, in diesem Wahrnehmungsbereich erkenntnislos leben.
            Stell dir doch mal vor, es gäbe keinen Tod, weshalb sollte dann neues Leben
            geboren werden?
            Alles erhält seine Existenzberechtigung erst durch den Gegensatz.

        2. @suometar und @BerndMoosecker Beim sog. Winterkrieg handelte es sich um den Krieg, den die Sowietunion anzettelte, um Teile oder ganz Finnland zu erobern, um es mal einfach auszudrücken.

          Am 13. März 1940 beendeten die Parteien den Krieg mit dem Friedensvertrag von Moskau. Finnland konnte seine Unabhängigkeit wahren, musste aber erhebliche territoriale Zugeständnisse machen, insbesondere große Teile Kareliens abtreten.

          Es ging um Macht und um Wachstum. Russland wollte größer werden und mächtiger.

          Das ist symptomatisch bei Kriegen.
          Es geht immer um die Vergrößerung des Reiches, um dadurch die eigene Macht eines Landes zu vergrößern.

          Deswegen werden Liechtenstein oder Andorra auch nie zu einer Weltmacht gehören. Zu klein-zuwenig Krieger *grins* eh ich meine Einwohner und zu wenig - was Andorra betrifft - Kapital, um Waffen zu kaufen.

          Wir sind hier ja nicht in einem Asterix - Comic und Zaubertränke gibt es nicht.

          Dass der Teufel von Gott auf die Erde geworfen wurde, steht so nicht in der Bibel. @suometar

          Das haben sich Neil Gaiman und Chris Bachalo 1996 ausgedacht und als Comic mit dem bezeichnenden Titel "Death" 1996 bei Vertigo publiziert. Fox und Netflix machten daraus eine ziemlich erfolgreiche Fernsehserie, die auch von Pro7 ausgestrahlt wurde. Ihr kennt sie, wenn ihr Serien schaut: Lucifer

        3. Hallo @suometar ,
          jedes Mitglied hat hier ein Postfach.
          Du erreichst es, wenn du auf das Briefumschlagsymbol oben rechts klickst oder bei der Visitenkarte des Mitgliedes, dem du eine Nachricht schreiben möchtest, auf den Button "Nachricht senden"

          Kannst du gleich mal ausprobieren:

          https://www.forum-fuer-senioren.de/mitglieder/Sabine123/

          Das gilt auch für @Zaubermaus mit der ich schon einen kleinen Briefwechsel hatte.

          Du musst auf den Briefumschlag klicken. Dann öffnet sich so eine kleine Box nach unten. Da stehen die Nachrichten drin. Die neuesten zuerst.

          Die älteren Nachrichten verbergen sich hinter dem lachsroten Link "Alle Nachrichten"

          Oder du öffnest diesen Link mit Rechtsklick im neuen Browserfenster. https://www.forum-fuer-senioren.de/mitglieder/Zauberfrau/messages/
          Keine Panik, nur die Zaubermaus sieht die Nachrichten, die für sie bestimmt sind.
          Wir anderen sehen 404 Seite nicht vorhanden.

          @Universum

          29. März 2021

          @sabine123: Was sagst Du zum mangelhaften Lesen können der Nachrichten hier im formum.senioren.de?

          Antwort:
          Ich würde mir eher sämtliche Tippfinger abbeissen, bevor ich dort Nachrichten schreiben würde.

          Das http://www.formum.senioren.de ist das grottenschlechteste Forum, was das world-wide-web zu bieten hat. Nicht mal google findet es (gut) und die verlinken ja nun jeden Mist.

          Liebe Grüße
          Sabine123
          Ein Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag und Wasser fliesst nicht bergauf.
          (Alte chinesische Weissheiten).

          1. Schön wäre es, wenn das stimmen würde, was du schreibst. Ich bekomme eine Nachricht angezeigt, doch wenn ich auf den Briefumschlag klicke, passiert gar nichts. Und das ist die Regel. Vielleicht einmal von zehn Benachrichtigungen gelingt es mir, die Nachricht zu lessen. Ich kenne mich wirklich aus, hab mehr als 20 Jahre mit PC gearbeitet. Und nur in diesem Forum habe ich die Schwierigkeiten, seit jeher.

          2. @sabine123: Was sagst Du zum mangelhaften Lesen können der Nachrichten hier im formum.senioren.de?
            LG Universum

  3. Hallo @Webra ,
    zuerst einmal danke ich Dir für Deinen Kommentar. Es ist eine interessante Ansicht, die Du äußerst und teilweise kann ich sogar mit Dir übereinstimmen. Nur konsequent zu Ende gedacht ergibt das eine Welt, in der ich nicht leben kann. Du schreibst, alles erhält seine Existenzberechtigung durch den Gegensatz – die Shoah oder andere Völkermorde auch? Der Mensch kann schon erkennen, was richtig oder falsch ist. Es wäre doch verheerend, wenn man zuerst eine Untat begehen müsste, um dann den Unterschied zwischen Gut und Böse zu erkennen. Ein blind geborener erlernt auch den Unterschied zwischen Hell und Dunkel – erwärmt die Sonne seine Haut, ist es hell – werden die Schritte seiner Mitmenschen unsicherer, ist es dunkel.
    Gruß Bernd

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