Indien Teil 14

Eines Morgens ist Nandi verschwunden. Wir suchen ihn überall, gehen am Strand entlang und laufen ins Dorf. Er bleibt verschwunden. Wir nehmen an, dass er mit Vorübergehenden mitgelaufen ist.
Fast die gesamte Zeit unseres zweiwöchigen Goa-Urlaubs verbringen wir faulenzend im Schatten unseres Sonnensegels. Es ist einfach zu heiß, um etwas zu unternehmen. Den ganzen Tag über kommen Händler vorbei, die meistens Obst verkaufen. Wir können auch Waren bestellen. Am nächsten Tag ist alles da. Wir kaufen immer bei dem selben Mädchen. Sie wird langsam zutraulich und sieht sich unsere Campingeinrichtung an. Eines Tages bringt sie ihre kleine Schwester mit. Da es noch früh ist und die meisten Kunden noch schlafen, setzen sie sich zu uns in den Schatten und machen eine Pause. Plötzlich entdeckt unsere Obstverkäuferin eine Laus im Haar ihrer kleinen Schwester. Sofort beginnt sie, sie zu lausen – direkt neben unserem Frühstückstisch.
Unser Auto wird langsam zum Rastplatz aller Obstverkäufer. Sie setzen sich zu uns in den Schatten, bitten um Trinkwasser und deponieren ihre leeren Körbe bei uns. Eine ältere Obstverkäuferin hat immer einen besonders schweren und großen Korb auf dem Kopf. Jochen muss ihr dann beim Auf- und Absetzen helfen. Sie geht öfter mit ein paar Bananen in den Sand und betet. Wir sagen, sie opfere dem Schweinegott; denn kurz nachdem sie gegangen ist, kommen die Strandschweine und fressen die Bananen auf. Überhaupt sind diese Schweine sehr nützlich. Sie fressen allen Unrat auf. Beim Verspüren menschlicher Bedürfnisse gehen wir in die Büsche, und dann kommt ein Schwein und reinigt alles...
Trinkwasser und Duschen gibt es bei Father Priest, dem Pfarrer des Dorfes, der oben auf den Dünen ein paar Häuser und Zimmer an Touristen vermietet. Immer wenn das Trinkwasser zur Neige geht, ziehen wir mit Kanistern, Seife, Handtüchern und schmutziger Wasche hinauf in ein Badezimmer, das er uns dann für 1,50 Rupien vermietet (40 Pfennig). Bei Father Priest kann man auch Dollars gegen Rupien zum günstigen Schwarzmarktkurs tauschen.
Sylvester naht, und wir kaufen Wein, Brot, Käse und Feuerwerkskörper ein. Vor einem Schnapsladen steht eine Schlange von Männern. Jeder liefert seine Rupie ab und bekommt dafür einen anständigen Schluck Schnaps, alle aus dem selben Glas.
Heute Abend sind wir ganz allein am Strand. Wir achten auf die anderen zwei Autos, aber nichts passiert. Die Knallkörper sehen aus wie selbstgemacht. Wir dröseln einen auf und finden Zeitungspapier und Rechnungen, aus denen sie gedreht wurden. Irgendwo gibt es den Job des Zeitung- und Rechnungen- Zerschneiders.
Zwei Tage später fahren wir weiter. Unsere Obstverkäuferin ist traurig. Immerhin verliert sie gute Kunden. Wir bleiben noch zweimal im Sand stecken, aber mit Hilfe der Nachbarn kommen wir auf die befestigte Straße. Nachdem wir in Panaji noch einen Schlauch für VW-Reifen aufgetrieben haben, geht es weiter Richtung Norden, also Richtung Bombay. Wir fahren auf einem gut ausgebauten Highway, der langsam immer schmaler wird und schließlich an einem breiten Fluss endet. Eine alte verrostete Fähre bringt uns ans andere Ufer, in ein neues Bundesland. Hier ist Alkohol streng verboten. Die Durchsuchung ist glücklicherweise nicht sehr gründlich. Das Alkoholverbot gilt nicht für Touristen, wenn sie sich eine „Alcohol Permit“ holen, einen Erlaubnisschein zum Bezug von Alkohol. Wir kommen nicht mehr weit, da wir spät gestartet sind. Bei einem Rasthaus fällt uns auf, dass wir wieder im alten Indien angekommen sind. Menschentrauben sehen uns beim Kochen, beim Reifenwechsel und bei der Teezubereitung zu.

Fortsetzung folgt

Ähnliche Beiträge

Kommentare

  1. Wieder sehr interessante indische details! Father Priest... den könnte man sich gar nicht ausdenken...das muss man erlebt haben...danke fürs erzählen... Und der zeitungszerschneider ist doch auch ein schöner beruf... LG Burckhard

Verstoß melden

Schließen