Die Digitalkamera-Panne, der absolute Supergau!

26. Januar 2023 in Weblogs

Lehrgeld bezahlt –

                          oder Leergeld bezahlt?

Hobbys sind etwas Feines. Man kann sich beschäftigen, erfreut sich an Erfolgen oder tauscht sich mit Gleichgesinnten aus. Zwei Hobbys miteinander verbinden zu können – das nennt man ideal. Am Anfang war die „Computerei“, die mir viel Spaß gemacht hat. Meinen ersten PC bekam ich 1995 und ich war stolz wie Oskar. Was man damit alles machen konnte – Waaaahhhnsinn! Eine erste CD wurde irgendwann von mir eingelegt, eine Tier-CD, und ich war entzückt. Was konnte ich alles erfahren, was konnte ich alles anklicken! Das Medium Computer ließ mich nicht mehr los, Schulungen folgten und so wurde ich immer sicherer bei allem, was ich mit meinem PC tat.

Nach einigen Jahren kam ein 2. Hobby hinzu: Das Fotografieren. Meine Eltern hatten früher noch so eine „Ritsch-Ratsch-Kamera“, mit der ich als Kind schon ab und zu Aufnahmen machen durfte. Allerdings musste man damals noch ziemlich haushalten mit seinen Fotos, denn Filme entwickeln zu lassen war doch recht teuer.

Mit der digitalen Fotografie änderte sich vieles und nachdem ich 2 kleine digitale Kompakt-Kameras verschlissen hatte, bekam ich meine erste digitale Spiegelreflex. Wie ein Heiligtum habe ich sie behandelt, traute mich kaum, sie aus der Verpackung zu nehmen. Es lag auch eine Bedienungsanleitung bei, das Handbuch für dieses schöne Kameramodell. Es geht wahrscheinlich vielen Menschen so: man liest Bedienungsanleitungen höchst ungern. Anleitungen haben oftmals die unangenehme Eigenschaft, in einer außergalaktischen Sprache geschrieben zu sein: in „Kauderwelsch“. Man versteht rein gar nichts und das Gehirn nimmt nicht selten nur auf, dass man im Handbuch „rumgeblättert“ hat.  Über exorbitante Kenntnisse über das Gerät und dessen Bedienung brauchen wir gar nicht nachzudenken – man hat sie nach dem Studium des Handbuches einfach nicht. So habe ich mich dazu entschlossen, der Gemeinschaft der Handbuch-Ignoranten beizutreten und die Bedienungsanleitung der Kamera erst gar nicht zu lesen. Vom Computer her kannte ich noch den würdevollen und wahren Spruch: “learning by doing“. Wäre doch gelacht, wenn sich diese Wahrheit nicht auch bei der Kamera einstellt.

Eine Chipkarte mit minimaler Speicherkapazität wurde großzügig vom Kamerahersteller beigefügt. Wahrscheinlich nur zum Ausprobieren der Kamera, denn niemand wäre wohl tatsächlich auf die Idee gekommen, diese Chipkarte für eine echte Fotowanderung mitzunehmen. Kennen Sie den Witz: „Wie fanden Sie denn das Schnitzel, mein Herr?“ - - „Oh, rein zufällig unter dem Salatblatt, Herr Ober“. Die im Witz angedeutete Größe der Fleischmahlzeit entsprach nämlich genau der Speicherkapazität der Speicherkarte, die der gönnerhafte Kamerahersteller ganz bestimmt aus purer Nächstenliebe dem Kameramodell beigefügt hatte.  Die ersten Fotos landeten zur Übung auf besagter Karte, es wurden Kamera-Einstellungen ausprobiert und das „ewige Spiel zwischen Blende und Verschlusszeit“ ausgelotet. Zufrieden betrachtete ich die Fotos am PC. Nun konnte ich in etwa erahnen, welch geballte Kraft in dieser Kamera steckte und wie toll doch die Fotos werden könnten, wenn man etliche solcher macht. Übung macht den Meister.  Nun musste also ein Shooting-Ziel her. Das erste „richtige“ Fotoshooting mit dieser Kamera sollte ein ganz besonderes Erlebnis werden. Im Vorfeld kaufte ich mir eine Speicherkarte mit mehr Speicherkapazität, wo viele, viele Fotos Platz nehmen konnten.  Das „kleine Schnitzel unter dem Salatblatt“ sollte allerdings auch mit zum Shooting … für alle Fälle, man weiß ja nie, ob man nicht noch ein klitzekleines bisschen Reservespeicher braucht?  Einer plötzlichen Eingebung folgend wählten mein damaliger Freund und ich das Ziel Bielefeld. Genauer gesagt, den dort in der Nähe liegenden Safaripark Stukenbrock.

Ich liebe Tiere sehr und freute mich auf dieses Foto-Event. Zwei Nächte habe ich kaum geschlafen vor lauter Vorfreude, dann war es soweit. Gut gelaunt machten wir uns auf den etwa 2,5-stündigen Weg mit dem Auto zum Safaripark Stukenbrock. Der Wettergott war uns hold und wir erreichten unser Ziel bei strahlendem Sonnenschein. Wie ein Weltmeister habe ich geknipst und geknipst … die Löwen, Nashörner und anderen Geschöpfe waren einfach wunderschön anzusehen.  Nach einigen Stunden Aufenthalt im Safaripark traten wir die Heimreise an. Die tolle Kamera wurde samt Kameratasche auf dem Rücksitz verstaut und sogar angeschnallt, damit sie bei einem Unfall keinen Schaden nimmt. Damals war ich allerdings noch nicht so Foto-verrückt bzw. Foto-erfahren, dass ich mir die Fotos sofort in der Kontrollansicht angeschaut hätte.

Wieder zurück nach erneuten 2,5 Stunden Autofahrt setzte ich mich jedoch gleich an den Computer und wollte die Fotos von der Kamera-Chipkarte dorthin übertragen. Nach dem Öffnen des Chipkartenfachs in der Kamera gefror mir das Blut in den Adern. Chipkartenfach wieder zu …. wieder auf…! Das gefrorene Blut wich einem Gefühl, als ob sich der Magen umdreht. Wo, bitte, war die Chipkarte?  Ich sah sie nicht. Ja … war ich denn so müde, dass ich mit offenen Augen träumte? Nein, es war keine Chipkarte im Fach. Gift und Galle spuckend, mit Piratenfahne und Hackebeilchen in den Augen wollte ich meinen Freund zur Rede stellen, der gerade auf dem Weg zum Nachbarn war. Hatte er zum Spaß die Chipkarte aus der Kamera genommen, um mir einen Schrecken einzujagen? In Windeseile nahm ich meine Jacke vom Haken und wollte nach draußen stürmen. Na, der sollte aber was erleben! Ich griff in die Jackentasche um nachzuschauen, ob ich auch einen Haustürschlüssel eingesteckt hatte. Hatte ich. Allerdings war da noch etwas, was eigentlich da nicht hingehörte. Als meine Hand samt gegriffenem Inhalt die Tasche wieder verließ, traute ich meinen Augen kaum: die verschlossene Verpackung mit der neuen Chipkarte blickte mir hämisch entgegen. Sie lag einfach so da, in meiner geöffneten Hand, als ob nichts wäre. Schnell entledigte ich mich meiner Jacke und schlich mit demütig gesenktem Kopf zurück in meinen Computerraum. Kleinlaut und ohne Hackebeilchen in den Augen. Nä, ne? Vor lauter Aufregung über die neue Kamera und über unser tolles Reiseziel hatte ich total vergessen, die neue Chipkarte einzulegen! Die gönnerhafte Karte vom Kamerahersteller lag derweil friedlich schlummernd in der Kameratasche. Wie aber konnte das sein? Die Kamera hat im Safaripark ja ausgelöst! Wie jetzt - ohne Chipkarte??? Nochmals kleinlaut angehaucht las ich dann doch d e n  Abschnitt in der Bedienungsanleitung. Oha. Hätte ich ihn mir doch vorher schon mal angeschaut. Dort stand geschrieben, dass die Kamera im Auslieferungszustand so eingestellt wäre, dass sie auch OHNE eine Chipkarte auslöse. Man solle aber sofort nach Erhalt der Kamera diesen Zustand ändern und auf „Auslösung NUR MIT CHIPKARTE“ stellen.

Hätte ich dieses vermaledeite Handbuch nur gelesen!!!! Hätte, hätte, Fahrradkette. Der Abend war gelaufen!

Ich habe nicht nur Lehrgeld bezahlt, indem ich keine Fotos mit nach Hause gebracht habe, sondern auch noch „Leergeld“, weil trotz leerer Kamera-Chipkarte die Benzinkosten angefallen sind. Vom Eintrittspreis in Stukenbrock ganz zu schweigen.

So ist das nun mal. Man ist unerfahren im Umgang mit neuen Geräten und meint, es klappt schon irgendwie. Ging und geht mir genauso.  Diese Kamera habe ich heute noch, sie hat immer gute Dienste geleistet. Es war damals mein eigener Fehler – und daraus habe ich gelernt.