Kater Puschi - vom Baby zum Lebensretter

28. April 2010 in Weblogs

Kater Puschi - vom Baby zum Lebensretter (chris-deko-idee)

Es war im Frühjahr 1990. Eigentlich war alles wie immer - und doch hatte ich ein komisches Gefühl. Irgendetwas war an diesem Maimorgen anders.
Ich hatte meine Tochter geweckt, um sie zur Schule zu schicken Meine Söhne waren an diesem Morgen schon aus dem Haus.Meine Tochter schlich vom Kinderzimmer ins Bad, vom Kinderzimmer in die Küche, vom Kinderzimmer ins Wohnzimmer. Jedes mal wurde, entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten, die Kinderzimmertür immer schnell wieder zu gemacht. Ich sagte nichts, aber irgendwie komisch war die Sache schon.
Als meine Tochter dann in der Schule war, ging ich zum Lüften und Betten machen ins Kinderzimmer.Als ich den Raum betrat, traute ich meinen Augen nicht. Ein winzig kleines Kätzchen kam mir miauend entgegen. Aha, dachte ich mir, das war es also. Eigentlich hatte ich immer Haustiere verboten, aber na ja, jetzt kam mein weiches Herz wieder ins Spiel. Ich wartete den Schulschluss ab, und war gespannt wie meine Tochter sich wohl benehmen würde.
Meine Tochter kam nach Hause, und das Spiel mit der Tür begann aufs Neue. Jetzt griff ich ein, und sagte ihr so ganz nebenbei, - mein liebes Kind, du kannst die Tür ruhig offen lassen, ich weiß, das da ein Katzenbaby ist.
In diesem Moment war es, als ob sämtliche Wände auf mein Kind einstürzten, sie brach in Tränen aus, und schluchzte, das Kätzchen ist doch so klein und niedlich, und meine Freundin darf doch nicht, und wo soll es denn jetzt hin. Ich gab meinem Herzen einen Stoß und sagte, wasch dein Gesicht sauber, wir fahren jetzt in die Stadt und besorgen alles, was man für die Katze braucht. Eine Bedingung stellte ich allerdings, meine Tochter sollte sich selbständig um das Tier kümmern. Sie versprach es mir dann auch hoch und heilig, mein Kind war glücklich, das Kätzchen war gerettet. Bei der ersten tierärztlichen Untersuchung stellte sich dann auch noch heraus, unser niedliches Kätzchen war ein Kater, und der wurde dann Puschi genannt.An Anfang klappte es ja dann auch alles wie versprochen. Meine Kinder kümmerten sich rührend um unseren Puschi. Na ja, es war dann eben wie so oft, am Anfang schreien alle "Hurra" und dann wird es mit dem "Kümmern" immer weniger, und ich durfte dann den größten Teil der Pflege und der Versorgung von Puschi übernehmen.Dann kam der Sommer. Wie schon in einer der vorangegangenen Episode beschrieben, musste ich die Strandgaststätte an der Wohlenberger Wieck übernehmen. Ich durfte während der Ferien mit meinen Kinder und natürlich Puschi am Strand wohnen. Eigentlich war das eine schöne Zeit. Ich arbeitete in der Gaststätte, meine Kinder tummelten sich am Strand und Puschi machte so auf seine Art die Bekanntschaft mit der Ostsee.Einfach Herrlich!
Nach dem dann die Ferien zu Ende waren ging dann der alte Trott zu Hause weiter. Es war schön aber auch teilweise sehr anstrengend mit anzusehen, wie Puschi sich in den nächsten Monaten entwickelte, und auf seine Art ziemlich "schlau" wurde. Nachdem er ja nun auch schon ein ganzes Stück gewachsen war, hatte er festgestellt, dass einer seiner Lieblingsplätze die Fensterbank war. Hier konnte er stundenlang liegen, vor sich hin dösen und das Geschehen draußen beobachten.Eines guten Tages blieb es dann aber nicht mehr beim dahin dösen, nein er wurde leicht übermütig. Er versuchte die Fenstergriffe runter zu drücken und so die Fenster zu öffnen. Nach dem ihn dieses gelungen war, war es dann auch ein Leichtes einfach mal den Sprung aus den Fenster zu wagen, - wir wohnten damals parterre -, und die nähere Umgebung draußen zu erkunden, das heißt, er war das erste mal verschwunden. Ich war fertig. Mit einer Packung Trockenfutter bewaffnet machte ich mich auf die Suche. Puschi mochte den Klang, wenn man die Schachtel schüttelte. War es doch für ihn ein Zeichen, das es was zu fressen gab, - und regelrecht verfressen war er ja nur einmal. Ich "klapperte" also mit meinem Trockenfutter die Gegend ab, und versuchte ihn im dichten Gebüsch wieder zu finden. Als ich ihn dann endlich hatte, stürzte er sich als erstes auf seinen Futternapf, als ob er wochenlang nichts gefressen hatte.Diese Spielchen zog er dann noch ziemlich oft mit mir ab, bis.

ja, bis ich ihn dann eines guten Tages nicht mehr wieder fand. Völlig verzweifelt begab ich mich nach Hause. An Schlaf war diese Nacht gar nicht zu denken. Immerhin war Puschi ein Stück von meiner Familie, was jetzt fehlte. Tagelang haben wir versucht ihn zu finden, aber immer wieder war unsere Suche vergebens.Einen Abends hörte ich ziemlich spät ein klägliches Miauen vor meinem Schlafzimmerfenster. Ich sprang auf, rief nur laut Puschi, und rannte zur Haustür. Was ich da sah war ein Schock für mich. Ein kleines dreckiges runtergekommenes Häufchen Unglück, was man gerade noch so als Puschi erkennen konnte, hatte sich mit letzter Kraft nach Hause geschleppt. Im Nacken hatte er eine verkrustete gerade mal so zugewachsene Wunde. In diesem Zustand ließ er erst mal niemand an sich ran. Er schleppte sich zu seinem Futter- und Wassernapf, nippte ein wenig und verzog sich zu seinem Schlafplatz. Am nächsten Morgen lag er dann völlig apathisch da und reagierte kaum auf sein Fressen. Irgendwie war seine Wunde im Nacken aufgeplatzt und blutete leicht. Das war alles kein schöner Anblick. Mein Sohn fuhr mit mir und meinem Puschi zur Tierärztin. Was nun folgte, war eine sofortige Not-Operation. Da Puschi ja sowieso in die Narkose geschickt werden musste, bat ich dann, ihn doch auch gleich zu kastrieren.

Wir sollten uns den nächsten Tag erkundigen wie alles verlaufen war.Als wir dann am nächsten Tag in die Tierklinik gingen, sagte uns die Ärztin, das sie Puschi nicht kastrieren konnte, er wäre ihr dann während der OP verstorben. Er musste während seines letzten "Ausfluges" vermutlich von einem ziemlich großen Hund furchtbar zugerichtet worden sein. Der Nacken war fast bis auf die Wirbelsäule zerbissen worden.Armer Puschi, aber er war wohl von Natur aus ziemlich zäh, so das er nach einigen Tagen dann wieder entlassen werden konnte. Endlich hatten wir unseren Puschi wieder. Während seiner Abwesenheit ging es uns allen nicht besonders gut.Nachdem Puschi sich dann einigermaßen erholt hatte ging es noch mal in die Klinik zum Kastrieren. Angesichts der Räumlichkeiten, die er ja noch gut in Erinnerung hatte, wurde er schon im Wartezimmer recht unruhig. Mein Sohn nahm ihn und versuchte ihn zu beruhigen.
Als wir dann dran waren, gelang es Puschi, sich los zu reißen. Er sprang wie wild im Arztzimmer umher. Als es uns dann endlich gelungen war, ihn wieder einzufangen, sollte mein Sohn ihm festhalten, damit er seine "Schlafspritze" kriegen konnte. Puschi schien zu ahnen, was ihm bevorstand, und biss dann erstmal meinem Sohn ordentlich in den Finger. So hatte er sich noch wieder ein paar Minuten Aufschub ergattert. Schließlich musste ja nun erst mein Sohn verarztet werden, desinfizieren, Verband, Tetanusspritze.
Jetzt gab es aber für Puschi kein Zurück mehr, jetzt war er dran.Nach seiner Kastration wurde er auch bedeutend ruhiger, man kann bald sagen richtig träge. Das machte sich dann auch im Laufe der Zeit bei seinem Gewicht bemerkbar. Immerhin brachte Puschi ein stolzes Gewicht von gut 8 Kilo auf die Waage.

Eines Nachts, ich war gerade von der Arbeit nach Hause gekommen, legte ich mich auf die Couch, um noch ein wenig fern zusehen. Dabei schlief ich dann ein. Anmerken muß ich noch, dass in dieser Nacht ein ziemlich starkes Gewitter tobte. Meine Tochter übernachtete bei einer Freundin, und ich war mit meinem Sohn und Puschi allein in der Wohnung.Plötzlich bemerkte ich im Halbschlaf, dass Puschi immer wie ein Wilder über mich rüber tobte, und jämmerlich miaute. Als ich einigermaßen zu mir gekommen war, sah ich die Bescherung. Meine Anbauwand stand in hellen Flammen. Vermutlich hatte der Blitz irgendwie in den Fernseher eingeschlagen, dass so dann der Wohnungsbrand entstanden war.Ich rief die Feuerwehr, machte meinen Sohn wach, und wir versuchten uns mit ersten Löschmaßnahmen. Puschi hatte inzwischen vor lauter Angst das Weite gesucht.
Als die Feuerwehr dann den Brand gelöscht hatte, gingen mein Sohn und ich erst mal zu meiner Mutter, die in der Nähe wohnte, um uns den Ruß abzuduschen. Als wir wieder zurück kamen, wir hatten noch gar nicht ganz die Haustür erreicht, schoss mein Puschi, wie ein geölter Blitz unter einem Müllcontainer hervor, sprang auf meinen Arm, und krallte sich zitternd in meine Schulter. Ich spürte im Moment den Schmerz seiner Krallen gar nicht. Ich war nur froh, dass er wieder da war, Schließlich hatte er uns in dieser Nacht sozusagen das Leben gerettet. Außer einer kleinen Rauchvergiftung war meinem Sohn und mir nichts weiter passiert.

Puschi ging uns nun nicht mehr von der Seite. Er machte auf seine Art notgedrungen drei Umzüge mit, die wir aufgrund unserer Arbeit machen mussten, und genoss jede Minute mit uns. Am liebsten lag er, wenn es sich so ergab, bei meiner Tochter oder bei meinem Sohn auf dem Bauch. Stundenlang, und döste vor sich hin.Mittlerweile hatte er dann auch das stattliche Alter von gut vierzehn Jahren erreicht.Mit der Zeit merkten wir, unser Puschi schien sich nicht mehr so richtig bewegen zu können. Sicherlich so was, wie Rheuma in den Knochen, er nahm auch zusehend etwas ab, dabei blähte sich sein Bauch wie ein Luftballon, so das er kaum noch richtig liegen konnte, und immer zur Seite weg kippte. Man merkte, dass er zusehends schwächer wurde. Das ging alles ziemlich schnell. Mein Sohn fuhr mit ihm zum Tierarzt. Der stellte dann nur noch fest, dass sozusagen das letzte Stündchen für unseren Puschi geschlagen hatte. Es hatte sich ein Tumor gebildet, und das Herz war auch zu schwach geworden.Um unseren über alles geliebten Puschi einen langen Leidensweg zu ersparen, ließen wir ihn einschläfern.Im Herbst 2005 haben wir uns so leider von unseren lieben langjährigen treuen Weggefährten trennen müssen.

Ein Text von:chris-deko-idee