Philie
Gestern Nacht 9
1. März 2008 in Weblogs
Ich stehe in einem engen, dunklen, voll gedrängten Gang hoch über der Kathedrale, die düster, dennoch festlich wirkt. Ich trage das Gewand eines katholischen Priesters, aber auf dem Kopf habe ich einen Kranz aus frischen bunten Sommerblumen, aus Korn, Margaritten, Nelken usw., wie man ihn einst auf dem Lande zur farbenfrohen Trachten trug. Die Kontrolleure am Ende des Ganges fragen nach meinem Namen, finden ihn auf einer Liste, lassen mich passieren, ich lande auf einem hohen, herrlich ausgeleuchteten Balkon über dem Kirchenschiff, ein italienischer Aufpasser sagt, ich habe die Nummer 40.
Ich lehne mich an die Balustrade, sehe eine Etage tiefer eine Amateur-Blaskapelle und Schulkinder-Gruppen aufmarschieren. Die Kirchenhalle unter uns wirkt leer, aber vor allem dunkel, während es hier oben voller Licht und Glanz ist.
Eine sehr kultivierte Engländerin (?) neben mir meint aufgeregt: Da kommt er! und rennt weg.
Schnitt.
Unten kommt der Papst an, und zwar in einem flachen, roten, langen Dreirad sitzend um das Ding in Bewegung zu setzen, muss man tüchtig mit den Beinen strampeln. Er trägt Weiß, steigt mit Hilfe anderer aus dem Auto und geht zu einer kleinen Höhle, die mich an die Grotte Christi in der Grabenkirche in Jerusalem erinnert. Natürlich muss er sich bücken, um drin verschwinden zu können.
Oben bei uns fangen in dem Augenblick alle an zu spielen und zu singen ein absurder Lärm, ich will weg, aber ein italienischer Carabinieri lässt mich nicht raus: Erst einmal müssen alle fotografiert werden.
Da steht auch schon die Engländerin und fotografiert mich...Ich frage mich, ob man uns von unten, aus den Gebetsbänken sehen und hören kann, weiß aber, dass es nicht der Fall ist, und finde es irgendwie lustig und zu gleiche schade, unsichtbar zu sein. Mein Blumenkranz ist ja so wunderbar...
Nicht analysieren, nacherzählen will ich meine Träume
27. Februar 2008 in Weblogs
Wie immer - die zusätzlichen Kommentare, entstanden bei Tageslicht, sind kursiv!
Ich bin in einem schichten Landhotel, um ein Team in einem Wettbewerb zu betreuen - keine Ahnung in welchem Sport. Nachdem die Ergebnisse aushängen, stehen wir auf Platz 2, das ist befriedigend. Ich steige auf eine riesige flache Dachterrasse, um mich von den anderen zu verabschieden, aber da ist nur ein echter dicker Dorfdepp, der auch mit seinem Team angetreten ist und den sechsten Platz machte. Er strahlt, trägt einen hellgrauen Arbeits-Overall und kehrt den Müll auf der Terrasse zusammen. Nun hat er sich in einer Ecke hinter dem Müllhaufen hineinmanövriert und weiß nicht, wie er sich von dort aus befreien soll, ohne den Müllberg aufzubröseln. Ich lass mir seinen Besen geben und kehre ihm einen Pfad frei...
Schnitt.
Ich steige aus einem Auto, das mich in die Stadt brachte, sortiere mein Gepäck zwei große Reisetaschen, Umhängetasche, Laptop und ein großer Blumenstrauß, und warte auf die Straßenbahn Nr. 7, die mich zum Ballett-Studio bringen soll. Sie kommt, die Schaffnerin hilft mir beim Einsteigen mit meinen Sachen, ich sitze erleichtert auf der Holzbank (die es in alten Straßenbahnen gab). Plötzlich fällt mir ein, dass ich nicht sicher bin, ob ich in der richtigen Bahn sitze: Die Nummer stimmt, aber die Richtung?
Keiner da, denn ich fragen kann. Mein Instinkt sagt mir, ich fahre in die falsche Richtung, also steige hektisch ich aus, lass alles stehen und liegen, gehe über die Straße und frage eine junge Mutter mit einem Mädchen, wo das Ballett-Studio ist. Da müssen sie zurück fahren, sagt sie, sie haben es bereits passiert. Ich schenke ihr den Blumenstrauß, sehe die Nr. 7 in der richtigen Richtung ankommen, renne los, kehre um: das Gepäck...
(Als Kind wollte ich Ballerina werden, ich habe auch als Kind eine Weile Ballettunterricht erhalten, aber mehr ist nicht geworden - und hängengeblieben? )
Gestern Nacht 8
25. Februar 2008 in Weblogs
[b]Heute habe ich verschlafen aber sonntags darf man es wohl. Außerdem hatte ich zwei Träume. Das passiert öfter, und dann wache ich nach dem ersten so gegen 4 Uhr auf, liege wach, warte auf den letzten Schlaf der Nacht, und vergesse einen der beiden.
Erster Traum:
Ich befinde mich mitten in einer Menschenmenge, alle laufen hektisch hin und her, alle sind seltsam unruhig und gesichtslos. Ich trage einen knall-blauen Kampf-Overall. Man kreist um einen Würfel (aus Pappe?) mit blauen Inschriften auf jeder Seite. Ich kann sie nicht lesen, bin auch zu weit entfernt, aber ich bin auch nicht wirklich interessiert. Ich stehe einfach da, lass mich hin und her schubsen.
Plötzlich knallt ein riesiger weißer Stein-Würfel von irgendwo oben dicht neben mich auf den Boden, bleibt trotz des Aufpralls heil, so dass ich lesen kann, was auf allen seinen Seiten steht: Fang an, sofort, jetzt! Ich fange an, hysterisch zu lachen, erstarre vor Angst ... (wache schweißgebadet auf).
Diesmal kein Traum, sondern Georges Simenon
24. Februar 2008 in Weblogs
Wer Simenon hört, denkt an Kommissar Maigret, an Jean Gabin als Maigret, an Krimis und Leichen. Ging mir ebenso, bis ich seinen Brief an meine Mutter gelesen habe, einen Brief, den er ihr drei Jahre nach ihrem Tod schickte.
Seine Mutter war übrigens so abergläubisch, dass sie das Geburtsdatum ihres Sohnes fälschte und behauptete, Georges wäre am Donnerstag dem 12. geboren, und nicht an einem Freitag dem 13.
1968 feierte die rüstige Henriette Simenon ihren 90. Geburtstag, gab Fernseh-Interviews, scherzte. Zwei Jahre später lag sie im Sterben im Hopital de Bavière, ein katholisches Krankenhaus, in dem Simenon einst Chorknabe "aufgetreten" ist.
Er saß Wochen lang an ihrem Bett, schweigsam und geduldig, hilfsbereit und verständnisvoll. An sich ein Idealbild des musterhaften Sohn. Aber in den Gesprächen mit den zuständigen Behandlungsarzt gab es nur zwei Themen: seine Probleme mit seiner psychisch labilen Tochter (die später tatsächlich Selbstmord begann) und sein dringendes Bedürfnis, ein Paar Frauen aufzutreiben, mit denen er schlafen konnte.
In April 1974 beginnt er also mit dem Brief an seine tote Mutter (ich habe dich nie Mama genannt. Warum? Ich weiß es nicht), da er zugeben muss, dass er seine keine Ahnung hat, was für Menschen seine Eltern gewesen sind: Ich musste siebzig und noch älter werden, um zu erkennen, dass meine ganze Vergangenheit, deine und die meines Vaters, die für alles, was meine Persönlichkeit geformt hat, so bedeutungsvoll ist, wie eine leere Wand vor mir steht.
Er erinnert sich lediglich an Szenen und Situationen, die IHN berührten, nicht die anderen. Er hatte z.B., nachdem er reich wurde, seiner Mutter regelmäßig Geld geschickt. Sie hatte es jedoch nicht ausgegeben, sondern heimlich in Goldmünzen umgetauscht und diese wiederum in drei kleine Stoffsäckchen verteilt und ihren Enkeln, Simenons Kindern, geschenkt: Du wolltest niemandem etwas zu verdanken haben, nicht einmal und vielleicht vor allem nicht deinem eigenen Sohn.
Er schreibt auch, wie verblüfft er war, als die ewige Jahre verwitwete Mutter einen anderen geheiratet hatte: Als ich zwanzig Jahre alt war, warst du ungefähr vierzig, und die Idee, dass du noch einen Mann lieben könntest, schien mir beinahe unanständig. In meinen Augen hattest du dein Leben hinter dir, du hattest begonnen, eine alte Frau zu sein.
Als es ihr immer schwerer vorkam, sich zu versorgen, will der Sohn seine Mutter in einem Luxus-Altersheim unterbringen. Sie lehnt ab. Sie wollte in ihrem Haus das endlich schuldenfrei war und ihr allein gehörte! bleiben. Das Haus war für sie schließlich mehr als ein Gebäude, es war ein Symbol für den Sieg ihres eisernen Willens, für den Erfolg des einst bitter armen Mädchens.
Nun lag sie im Sterben.
Ich hatte das Ereignis von Minute zu Minute erwartet, aber als es wirklich eintraf, war es doch ein heftiger Schock...Du lagst mit heiterem Gesicht da. ES war von einer heiteren Gelassenheit, die es im Leben nicht gibt...und ich begriff, dass du dein ganzes Leben lang gut warst. Nicht unbedingt gut gegen die anderen, aber gute gegen dich selber, gut in deinem tiefsten Inneren. ...In deinem Herzen war ein unerschöpflicher Schatz von Mitgefühl und Geduld für alle. Es gab nichts, was dich abstieß. Im Gegenteil. Je schwieriger die Aufgabe war, desto fester hast du dich daran geklammert.
30-40 Seiten länger ist Simenons Brief nicht. Ein Mauerblümchen also, verglichen mit den Abertausenden von Seiten seiner über 400 Romane.
Und doch ist es für mich ein literarisches Kleinod:
Schonungslos, schnörkellos, stilistisch schlicht. Obwohl irgendwie erbarmungslos. Nichts wird beschönigt...und es macht nicht viel Sinn, diesen Brief mit Franz Kafkas Brief an den Vater zu vergleichen. Kafka hatte Angst vor seinem Vater, suchte nach den existentiellen Gründen seiner Autorität. Simenon erkennt einfach nur, dass er seine Mutter liebte: So lange du lebtest, haben wir einander nie geliebt, das weißt du ja. Wie haben beide nur so getan.
Was sich wiederum geradezu anbietet, ist ein Vergleich mit Simone de Beauvoirs Büchlein Ein sanfter Tod. Auch sie beschreibt das Sterben ihrer Mutter, auch ihre Mutter lag im Krankenhaus, auch sie wachte tage- und nächtelang am Sterbebett. Und doch rührt (mich) ihr Bericht weniger, um nicht zu sagen kaum. Nicht weil sie wohl wissend, dass ihrer Mutter kaum noch Zeit bleibt es für unabdingbar hielt, ihren Mann Sartre auf einer Vortragsreise nach Prag zu begleiten.
Was fehlt, ist die lyrische Distanz, die das Sterben würdevoll erscheinen lässt. Die Star-Feministin liefert einen wunderbar geschriebenen, detailreichen Abschlußbericht, aber wagt nicht jene Bereiche ihres Schmerzes anzuzapfen, die unerträglich sind. Sie schont sich.
Simenon wagt es ... aber vielleicht ist der Tot der Mutter für eine Tochter anders (qualvoller?) als für einen Sohn.
Gestern Nacht 7
23. Februar 2008 in Weblogs
Gestern wollte ich nicht träumen, ich kam zu spät ins Bett und auch noch mit viel Wein, aber dann träumte ich dennoch.
Und wie immer - meine Kommentare zum Traum sind kursiv.
Der Mann erinnert mich an meinen Gärtner (ich habe mich vor Jahren, als ich im Garten einen Rollrasen legen ließ, ein wenig in den Gärtner verknallt, weil er toll aussah, proletarisch-rohe Manieren hatte und sehr belesen war). Ich weiß, er ist verheiratet, hat drei kleine Kinder (hatte mein Gärtner nicht). Wir picknicken mit seiner Familie, ich habe eine weiße Bluse, er umarmt mich sooft er glaubt, dass uns keiner sieht von hinten, steckt seine Hände unter meine Bluse, greift nach meinen Brüsten, küsst meinen Hals. Ich genieße, schweige, sehne mich nach mehr.
Schnitt.
Ich lehne mich in einem Hauseingang mit Waschmaschine und Trockner an die Wand, er steht vor mir, sagt: Lass uns nach oben gehen ... Ich würde ihm wahnsinnig gerne folgen, sehe aber durch die Glaswand seine junge Frau an einem Tisch ihr Baby wickeln: Sie sieht uns, sage ich. Er schaut nicht hin: Wir verlieren es, wenn wir nicht gehen...Ich verstehe ganz genau, was er mit es meint: wenn wir jetzt nicht mit einander schlafen, wird der Zauber, diese Kribbeln, die Sehnsucht kippen wie ein viel zu reifer Wein oder Käse. Das möchte ich nicht, ich klammere mich an ihn, aber da schaut er zu seiner Frau, lächelt ihr zu und ich weiß, es ist vorbei, es ist verloren. Eine unendliche Traurigkeit macht mich ganz mürbe, mein Körper ist schwer wie im tiefsten Schlaf, da dreht er mich um, mit dem Gesicht zur Wand, umarmt mich, beginnt, mich zu streicheln, überall ... (meine Hände helfen spontan nach).
Gestern Nacht 6
22. Februar 2008 in Weblogs
Kein Traum.
Ob die frische Bettwäsche dran schuld ist? Ich habe eine neue Wäschestärke ausprobiert, ganz und gar Parfüm-frei ... ich liebe es, Bettwäsche (geerbt, aus feinem Batist, mit Spitzen und einem gestickten Monogramm meiner Mutter versehen) zu bügeln.
Gestern Nacht 5
20. Februar 2008 in Weblogs
Nur zur Erinnerung: Ich möchte meine Träume nicht analysieren, lediglich erzählen...hier der neueste:
Ich fahre mit Anna (der Namen dieser Freundin, die die Hauptrolle in meinem Traum spielt, ist selbstverständlich verändert) und zwei Herren zu Annas Haus an der Ostsee. Wir wollen uns ein Paar schöne Tage machen, obwohl ich keinen der beiden kenne. Anna hat alles arrangiert, ich freue mich drauf.
Schnitt.
Ihr großzügiger Bungalow ohne Flachdach! - thront auf einem riesigen Sand-Grundstück mit Wegen aus Steinplatten.
Wir sollen allerdings nicht mit ins Haus, sondern in einem ehemaligen Holzschuppen auf sie warten.
Die Herren werden ungeduldig, ich gehe sie suchen. Sie steht in ihrer Halle, ist schlecht gelaunt, wir beiden Mädels sollen erst einmal ohne Begleitung zu einer Strandbar gehen.
Schnitt.
Anna und ich marschieren entlang des Strands, der schmale Fußweg führt durchs hohe Schilf. Links von uns ist eine Skulptur, etwas Abstraktes. Ich finde das Ding schlecht, Angela ist beleidigt, als hätte sie es selbst gemacht.
Dann aber: weit vor uns ragt eine Holzfigur, mindestens 10 Meter hoch. Sie ist dünn wie Giacomettis Skulpturen, jedoch nicht gerade, vielmehr erinnert sich mich an ein D. Es ist eine Frau, den Rücken wie vom Sturmwind nach vorn durchdrückt; sie hält in beiden Händen eine riesige Sense. Eine Sense-Frau, kein Sensemann. Ich bin total beeindruckt. Irgendwie schaffe ich es, auch ihren Kopf zu sehen, und bin schockiert: sie ist gesichtslos, als wäre sie vermummt, nur die Augen ausdruckslos starren nach vorn.
Schnitt.
Die Bar ist keine Bar, nur ein hoher Holztisch. Anna hat bereits bestellt, der total sympathische Kellner bedient sie. Sie streiten über die Sense-Frau, ich stehe hinter seinem Rücken, sage, ich finde sie wunderbar. Er dreht sich zu mir, lächelt mich an und reicht mir ein Bier im durchsichtigen Plastikbecher ohne Schaum! Ich kommentiere es nicht, trinke.
Schnitt.
Wir sind zurück auf Annas Anwesen. Sie präsentiert mir zeigen zu sagen, wäre zu wenig für die Vorführung - ihr Beet am Grundstücksrand. Es ist knapp drei Meter breit, irre lang und umzäumt mit Holzpfosten, die mir bis zu Knien reichen, aber dennoch mit Bast-Seilen (mit denen man jungen Bäumen Halt gibt) befestigt sind.
Im Beet, in Reih und Glied, finden sich Kartoffel, junge Bohnen, Salate, Kräuter, einfach alles, am Ende sogar handhohe Tannensprösslinge und Sträucher. Ich bin beeindruckt da doch dies alles im Sand wächst! Wie hast Du das geschafft?, frage ich. Überstolz antwortet sie: Ich stecke Dünger-Stäbchen
in den Boden...
Schnitt.
Die beiden Männer sind weg. Anna finde ich im Schuppen, in dem wir deponiert wurden, nackt, auf eine Treppe stehend, die zum Schlafdeck unterm Dach führt.
Wenn Du Dich beeilst, schaffst Du noch den Bus zurück, sagt sie, die Haltestelle ist ...sie beschreibt den Weg.
Ich weiß, ich habe nur drei Minuten, renne los, die volle Reisetasche hindert mich. Der weise Bus kommt von einem Industriegebiet angefahren, aber da sich keiner an der Haltstelle befindet, will er umdrehen. Ich schreie: Halt, warten sie ... Da geht die ganze hintere Buswand auf (wie bei den Bussen die z.B. am Pariser Flughafen Charles De Gaulle Passagiere zum Fliege bringen). Ich bin froh, dass ich reinspringen kann und mich mit der Tasche nicht durch die Tür zwängen muss. Der Bus fährt los, ich will mich an einer Stange halten, rutsche aus, drehe mich um die Stange ... die Menschen in Bus wirken erleichtert, ja freundlich: Super, dass Sie es geschafft haben, kommentiert der Busfahrer über den Lautsprecher.
Gestern Nacht 4
19. Februar 2008 in Weblogs
Diesmal ist der Traum selbst für mich irgendwie verwirrend:
Ich bin in südlichen Australien (wo ich noch nie war und auch nicht vorhabe, hin zu fahren) mit meinem Vater, er ist so um die 45-50, ich meine aktuellen 60. Wir schlendern zu einem See in einem Park. Er will Fische fotografieren, die man im klaren Wasser sehen kann, die allerdings nicht im Traum daran denken, für meinen Vater zu posieren. Er versucht alles Mögliche, kein Glück.
Ich pflücke mit der linken hand irgendwelche Nüsse Haselnüsse? werfe sie ins Wasser, und siehe da, immerhin schnappen sich zwei Enten einige davon, krabbeln ans Ufer, schnattern mich an und wollen mehr; und dann tummeln sich auch große, bunte Fische in der Nähe.
Vater springt - angezogen wie er ist, mit Hemd und Krawatte - ins Wasser, fotografiert unter Wasser, strahlt unter Wasser (in Wirklichkeit kann er nicht schwimmen). Ich bleibe seltsam unbeteiligt, bin lediglich froh, dass er nun seinen Willen hat und offenbar nicht ertrinkt.
Schnitt.
Wir sind in einem düsteren Disney-Palast, dass an eine Geisterbahn erinnert. Man muss sich anstellen, um in einem Wägelchen für zwei zu landen, das durchs Gelände fährt. Es ist ein Erotik-Palast, Papa ist zittert vor Vorfreude.
Schnitt.
Auf einer breiten, schrägen Bühne wirbeln Go-Go-Girls um ihre Stangen, eine wird von einem Bodybuilder im hautengen schwarzen Lederanzug begrabscht, mir wird ganz heiß. Um mich abzulenken, suche ich Vater, aber der hat sich in einer Schlange eingereiht, die zur Peepshow führt. Ich lasse ihn dort stehen, will auf ihn draußen warten, will raus, hoffe, dass einer der Leder-Boys mitkommt.
Schnitt.
Wir müssen zurück nach Deutschland, allerdings über China. Ich stehe mit Vater in einer Abfertigungshalle, die wie eine Uni-Aula anmutet. Überall sind kleine Chinesen in disziplinierten Zweier-Reihen, Händchen haltend unterwegs.
Eine Hostesse es ist keine Lehrerin führt uns in die Mensa. Vater lädt sich viel zu viel auf sein Tablett, lauter gruselig aussehende, fette Sachen. Ich habe mich beherrscht, lasse dieses Menü kommentarlos durchgehen.
Er sagt: Also meine Freundin ist genau so alt wie Du, aber sieht viel besser aus.
"Das Paradies der Damen"
18. Februar 2008 in Weblogs
Letzte Nacht - kein Traum.
Daher also, als Ersatz, ein kleiner Bericht über ein Buch, das ich soeben zu Ende gelesen habe:
Das Paradies der Damen von Emile Zola (1840-1902) ist für mich eine echte Entdeckung. Irgendwie mochte ich ihn nicht, vielleicht weil er nach der Schullektüre in meinem Gedächtnis mit seinem dramatischen Polit-Engagement (die Dreyfus-Affäre) und den beiden sozial-kritischen Schinken Germinal und Der Bauch von Paris hängen geblieben ist. Sein linker Naturalismus war mir zu gewollt, zu manipulativ.
Und nun Das Paradies... ein Roman über Shopping, Marketing-Strategien und Konsum-Paläste, total aktuell und köstlich sentimental. Denke ich an die Abertausende von deutschen Haushalten, die Privatinsolvenz anmelden müssen, da sie ihre Kaufsucht in die Pleite trieb, kann ich nur sagen: Zola hatte es vor mehr als 150 Jahren vorhergesehen. Außerdem: käme ein Unternehmen auf die Idee, dieses Buch seinen Verkaufs-Azubis als Pflichtlektüre anzupreisen, könnte es sicherlich Einiges an Gehältern für das Lehrpersonal sparen.
Spielort: Paris, Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die Story ist einfach: Zwei arme Waisen aus der Provinz die 20-jährige Denise und ihr kleiner Bruder - suchen Schutz bei ihrem Pariser Onkel, der jedoch selbst genug Sorgen um sein Auskommen hat.
Schauplatz: ein großes Pariser Warenhaus, das wächst und alle kleinen Ladengeschäfte in der Nachbarschaft verschlingt, weil der Inhaber Octave Mouret, Herrscher über Scharen von Verkäuferinnen, die Kauflust der Frauen anzapft und manipuliert, so das die Damen unter Konsumzwang, ohne Bedürfnisse kaufen. Er entdeckt die Bedeutung von Werbung, Lockangeboten, Schaufenstern, imponierenden Ambiente eben all das, was heute selbstverständlich ist.
Denis, hübsch und tugendhaft, wird Verkäuferin im Paradies, Mouret versucht, auch sie in Versuchung zu führen, das arme Fräulein bleibt standhaft, doch ein Happy End ist unvermeidlich: sie heiraten.
Ein Paar Zitate, als Lockangebote zum Selber-Lesen:
Die Warenhäuser ... fingen die Frau in der ewigen Falle ihrer Gelegenheitseinkäufe, nachdem sie sie durch ihre Schaustellungen betäubt haben. Sie erwecken in ihrem Fleische ganz neue Begierden, sie bildeten ein ungeheuere Versuchung, in der sie ihrem Verhängnis unterliegen musste, indem sie zunächst als gute Hausfrau kleinen Einkäufen stattgab, dann aber von Gefallsucht übermannt und schließlich völlig verzehrt wurde ... Mouret versuchte ohne Unterlaß stärkere Verführungsmittel auszudenken; aber hinter ihrem Rücken war, sobald er ihr die Taschen ausgeleert und ihre Nerven zerrüttet hatte. Voll heimlicher Missachtung für sie, wie jeder Mann, sobald seine Geliebte die Dummheit begangen hat, sich ihm hinzugeben.
Mouret einzige Leidenschaft war die Überwindung der Frau. Sie sollte die Königin seines Hauses sein, er errichtet ihr diesen Tempel, um sie durch ihn in seine Gewalt zu bekommen...Daher zerbrach er sich Tag und Nacht den Kopf auf der Suche nach neuen Erfindungen. Er hatte bereits, um zarten Damen die Mühe des Treppensteigens zu ersparen, zwei mit Samt ausgeschlagene Aufzüge einrichten lassen. Dann war er darauf verfallen, einen großen Erfrischungsraum zu eröffnen, wo Saft und Wasser sowie Zwieback umsonst verabreicht wurden, fernen einen Lesesaal, einen prachtvollen Durchgang, der mit übertriebene Aufwand eingerichtet war und in dem er sogar Gemäldeausstellungen plante. Aber sein tiefster Gedanke war der. In den nicht gefallsüchtigen Frauen die Mutter durch das Kind zu überwinden... Die Hauptrolle seines Erfolges lag in der öffentlichen Werbung. Mouret ging so vor, dass er im Jahr hunderttausend Francs für Preislisten, Ankündigungen und Maueranschläge ausgab, darunter fünfzigtausend im Ausland, in alle möglichen Sprachen übersetzt. Jetzt ließ er sie mit gestochenen Abbildungen versehen, legte ihnen sogar auf einzelnen aufgeklebte Proben bei...er kam auf den Gedanken von Rückgaben, ein Meisterstück jesuitischer Verführungskunst...Er vertrat den Grundsatz, die Frau habe keine Widerstandskraft gegen eine gute Werbung, ein Verhängnis zwinge sie, jedem Lärm schließlich nachzulaufen....
Und sämtliche anwesenden Damen waren seiner Meinung. Das war´s ja gerade, sie befanden sich dort (=in seinem Kaufhaus) wie auf einem Damenfest, sie fühlten sich beständig umschmeichelt und geliebkost, eine Anbetung hing in der Luft, die auch die aufrichtigsten fesseln musste.
Gestern Nacht 3
17. Februar 2008 in Weblogs
Träumen macht plötzlich noch mehr Spaß - weil ich versuche, mir die Geschichten zu merken, und ärgere mich maßlos, wenn mir eine verloren geht, weil es doch so endgültig ist. Man träumt doch nie denselben Traum zweimal. Oder doch?
Nun denn - gestern Nacht:
Alles ist gepackt, ich bin auf dem Sprung, muss auf den Bahnhof, aber suche verzweifelt nach einem T-Shirt mit blau-grünen Schmetterlingen, dass ich vor zwanzig Jahren liebte (und dass ich in Wirklichkeit vor mindestens zehn Jahren weggeschmissen hatte, da es nicht einmal mehr für die Gartenarbeit tauchte).
Ich suche und suche...
Schnitt.
Bahnsteig. (Tatsache ist, dass ich mit dem Zug höchstens einmal in drei-vier Jahren fahre, und wesentlich öfter fliege.) Der Zug bewegt sich bereits. Ich renne neben den Wagons, suche nach einer noch offenen Tür ich weiß, eine ist offen, ganz bestimmt sehe sie auch schon, nähere mich bis auf 5-6 Meter, greife nach ihr, denke, jetzt hast Du es doch geschafft, doch da gibt der ruckartig Zug Gas, rast weg, ohne mich. Ich habe ihn verpasst ...
(Das ist einer meiner wenigen Träume, die Albraum-artig anmuten. Das Motiv wiederholt sich seit Jahren, wenn auch mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln. Und meistens das habe inzwischen herausgefunden genauer gesagt, das bilde ich mir ein - sind diese Knapp-verpasst-Träume Vorboten einer Zeit, in der eine wichtige Entscheidung fällig ist.)
Gestern Nacht 2
16. Februar 2008 in Weblogs
Wie ich bereits sagte:
- Träume sind wichtig (behauptet der Gerontologe Nr.1 der Welt, Prof. Andrew Weil;
- Ich träume gern, möchte aber meine Träume nicht analysieren, lediglich erzählen.
Hier also der neueste:
Gestern Nacht:
Ich bin - genau so alt wie gestern - in der Wiener Oper, es gibt Don Giovanni.
Seltsamerweise gibt es im Parkett keine Stuhlreihen, man steht so herum, wie einst z.B. in Shakespeares Londoner Globe Theatre. Ich habe keine Lust auf das Gedränge, stehe ganz hinten, noch im Mantel, weil ich keine Garderobe finden konnte.
Die Aufführung läuft. Auf der Bühne steht ein Riesengerüst mit einem komplizierten Räderwerk, durch das die Schauspieler nach unten rutschen. Je näher am Boden, umso lauter singen sie.
Eine Frau berührt meine Schulter, begrüßt mich flüsternd es ist die Pressedame des Hauses - bedankt sich, dass ich extra aus München angereist bin. (In Wirklichkeit wohne ich im Norden.) Ich mache ihr ein Kompliment: Die Atmosphäre ist super, und die Roben wie eben in der einstigen K.u.K.-Metropole, diese traumhaften Abendkleider...Ich weiß nicht, was ich trage, aber mein Mantel ist wertvoll, hat 1.113 gekostet. Nur: 1.113 Dollar, Euro, Schillinge? Ich versuche mir klarzumachen, womit ich ihn bezahlte.
Schnitt.
Mein Mantel ist weg. Also habe ich ein Problem - es ist ja eiskalt: wie ich komme ich zurück? Fährt mich jemand heim, oder muss ich mit Zug oder gar mit Bus zurück? Ich stehe ratlos herum, das Foyer leer sich.
Da kommt die Pressedame, die Arme voller Klamotten, legt die Sachen auf den Garderobetresen. Ich sehe ein langes, schlichtes graues Kleid, das mir sehr gefällt, aber sie zieht von ganz unten des Stapels einen Mantel heraus, reicht ihn mir und sagt: Das sind alles Sachen, die man bei uns vergessen hat, dieser Mantel kostet 113.
Schnitt.
Die Aufführung geht weiter. Ich bin beeindruckt, wie schon ewig nicht im Theater. Jemand spricht mich an, will meine Meinung wissen, ich schüttele abweisend den Kopf. Die Bühne ist leer, bis auf ein neues Gerüst, das an die Firestaires an den Häuserfassaden in Amerika erinnert. Die Sänger steigen nach dem anderen nach oben, einer nach dem anderen, und lassen sich dann runter fallen, wobei das kein freier Fall ist, vielmehr schlängeln sie sich durch die Lücken in dem Bretter-Bau - es ist ungemein ästhetisch, ein fremdartiges Bild, dass ich so noch nie gesehen habe. (Jetzt, beim Schreiben, fällt mir ein: es gab kein Orchester, aber gesungen haben sie alle fantastisch).
Schnitt.
Ich stehe völlig allein und unschlüssig vor dem Eingang, friere, aber bin weder panisch noch verärgert.
(Würde mich interessieren: Habe ich den Mantel genommen, habe ich ihn bezahlt oder geschenkt bekommen?)