Telefonwerbung
Telefonwerbung (Leseliese)
Vor gut einem Jahr war es Regina schon einmal passiert, dass sie auf einen Werbeanruf hereingefallen war. Damals hatte ihr die freundliche Frau am Telefon Nahrungsmittelergänzungsstoffe aufgeschwatzt.Schon wenige Tage nach dem Gespräch brachte ihr die Post ein kleines Packet mit Tabletten und Fläschchen. Magnesium- und Gingkopräparate. Ihre Leichtfertigkeit kostete sie 150,00 . Später stellte sie fest, dass sie diese Sachen in der Apotheke viel billiger bekommen hätte. Aber eigentlich hatte sie bisher so etwas noch nie eingenommen. Auch diese Tabletten und Tropfen wanderten irgendwann in den Müll. Sie hatte sich sehr über ihre Leichtfertigkeit geärgert und sich geschworen, das passiert mir nie wieder.
Vor einigen Tagen klingelte bei Regina das Telefon. Die nette Dame stellte sich vor.
"Wir machen eine Befragung, würden Sie mir einige Fragen beantworten"? Regina stimmte zu und dachte, na ja ein paar Fragen kann ich ja beantworten, das ist doch ganz harmlos.
"Was trinken Sie für Weine, Rotwein, Weißwein, lieblich oder trocken? Erzählen Sie mal.
"Wenn Sie Glück haben, gewinnen Sie bei unserer Auslosung auch einen kleinen Preis", fügte sie noch an.Regina hatte bereitwillig Auskunft gegeben. Eigentlich trank sie, seit sie allein lebte selten Wein. Nur wenn sie mal Besuch bekam oder an Feiertagen. Wie dem auch sei. Die nette Stimme hatte auf sie eingeredet, und ehe sie sich versah, hatte die Frau sie überredet, eine Kiste Rotwein zu bestellen.
"Natürlich bekommen Sie noch zwei Flaschen Weißwein gratis dazu, damit Sie diesen auch einmal probieren können, als Dankeschön für Ihre Bestellung", versprach sie. Ehe Regina noch etwas erwidern konnte, hatte die Dame das Gespräch beendet. Die Adresse hatte sie schon vorher abgefragt.
Doch kaum hatte sie den Hörer aufgelegt, meldete sich ihr Gewissen, hast du dich wieder einwickeln lassen!!Am nächsten Morgen, sie hatte gut geschlafen, überlegte Regina, was sie mit den zwölf Flaschen Rotwein machen könnte.Seit fünf Jahren war sie Witwe und lebte allein und zufrieden in ihrem kleinen Haus.Aus der Zeit, wo sie noch berufstätig war, hatte sie einige gute Freunde, mit denen sie sich auch hin- und wieder zu einem Plauderstündchen traf.
Eigentlich überstieg dieser außerplanmäßige Kauf, immerhin kostete der Rotwein zuzüglich Versand insgesamt 115,00 , ihren Etat, den sie sich für diesen Monat gesetzt hatte.
Aber Regina schaute immer nach vorn und versuchte jeder Situation noch etwas Gutes abzugewinnen.
Nun gut dachte sie, da habe ich auch gleich ein Geburtstagsgeschenk für Willi. Mit Willi hatte sie bis zum Abitur die Schulbank gedrückt. Einige Zeit hatten sie auch im gleichen Betrieb gearbeitet. Später war er als Ingenieur häufig im Ausland tätig und sie hatten sich aus den Augen verloren.
Vor zwei Jahren war seine Frau gestorben und er war wieder in seine Heimatstadt gezogen und hatte sich im "Betreuten Wohnen" eine kleine Einraumwohnung gemietet.
Sie waren sich einige Male beim Einkaufen begegnet.
Dann forderte er sie auf: "Regina, komm mich mal besuchen, ich würde mich freuen.
Wir könnten doch eine Partie Schach zusammen spielen und Erinnerungen austauschen", fügte er noch an.Inzwischen hatten sie sich einige Male gegenseitig besucht und festgestellt, dass sie nicht nur das Schachspiel verband. Beide waren sehr naturverbunden.
Willi fuhr noch Auto und so hatten sie schon gemeinsam Schlösser und Parks in ihrer näheren Umgebung besucht.Obwohl beide schon über 70 Jahre alt waren, hatten sie sich, wie man so sagt, gut gehalten.Regina machte sich für den Geburtstag schick, zog ihren guten Hosenanzug an, der ihre immer noch schlanke Figur, gut zur Geltung bringt.
Als Willi ihr die Tür öffnete, freute er sich sehr.
"Schön, dass Du wenigstens kommen konntest, alle anderen haben abgesagt. Ja, so ist das in unserem Alter, Fritz plagt das Rheuma und meine Cousine fühlt sich nicht wohl" ergänzte er noch.
"Komm rein, ich habe schon Kaffee gekocht, machen wir es uns gemütlich".
Als Regina ihm die Flasche Rotwein überreichte, staunte Willi.
"Woher weißt Du denn, dass ich diesen Wein bevorzuge und besonders gern trinke?"
Regina erzählt ihm, wie sie zu dem Wein gekommen war Willi lachte herzlich und sagte:
"Siehst Du, das sind die Zufälle im Leben, der Wein ist wirklich sehr gut, und wenn Du willst, dann trinken wir nach und nach Flasche für Flasche gemeinsam aus".
"Natürlich beteilige ich mich an den Kosten".
"Bloß gut, dass Du nicht auf die Idee gekommen bist, zu widerrufen oder den Wein zurückzuschicken".
Als Regina an diesem Abend in guter Stimmung wieder in ihr Häuschen zurückkehrte, dachte sie, manchmal ist es doch gut, wenn man sich etwas aufschwatzen lässt!
Jede Medaille hat eben zwei Seiten und ich habe dieses Mal die gute Seite erwischt.
Ein Text von: Leseliese
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