Portovenere

Frau b. nochmal zu ihrem gestrigen Ausflug:

Nach dem verregneten Samstag war es gestern früh eine Wohltat, aus dem Fenster zu schauen. Das nördlichste der Cinque-Terre-Dörfer Monterosso lag schon wie vorhergesagt im Sonnenschein. Auf unserem Plan stand Portovenere, diese wunderschöne alte Hafenstadt, die neulich schon mal Ziel einer etwas längeren Wanderung war. Meine Traummotive lagen alle im absoluten Gegenlicht, so dass ich beschloss, noch mal zu früherer Stunde dort aufzuschlagen, möglich durch regelmäßige Bahn- und Busverbindung.

Noch während des Frühstücks machte mein lieber Mann einen Rückzieher. Er fragte sich, was er da machen soll, während ich meinem Hobby fröne. Da gibt es soviel zu gucken. Mir wäre da schon was eingefallen. Am liebsten will ich immer mehrere Sachen gleichzeitig tun. Also schmierte ich mir mein Brötchen und ging alleine los. Noch auf dem Bahnhof in Riomaggiore lernte ich eine Dame kennen, die sehr gut Deutsch sprach. Sie war mit einem Deutschen verheiratet und hat viele Jahre in Nürnberg gelebt. Heute wollte sie ihre Schwester in La Spezia, dem Nachbarort, besuchen. Sie hatte vor, in der Paticceria, so was wie eine Konditorei, ein paar kleine Küchlein als Mitbringsel zu holen. Auf dem Weg zu diesem Geschäft zeigte sie mir meine Bushaltestelle. Balloony hatte im Internet eine andere gefunden, die dann wohl falsch war. Gut, dass ich die Dame getroffen habe. Sonst würde ich da immer noch stehen.

Kurz nach 11 Uhr bin ich in Portovenere eingetroffen, eigentlich schon fast wieder zu spät, bin gleich bis hinter ans Kap gegangen und habe mich in einer windstillen Ecke niedergelassen. Der Platz war zwar ein wenig unbequem, der Blick dafür perfekt. Die Südseite meines Motivs hatte noch Sonne. Die Schmalseiten des Kirchturms und des Kirchenschiffs von San Pietro waren schön beleuchtet. Erst Licht und Schatten hauchen so einem Gebäude Leben ein. Es war mir in diesem Moment eine besondere Freude, an diesem von der Muse auserkorenen Ort arbeiten zu dürfen. Ein gewisser Herr Eckart Peterich schrieb einst über diesen Ort: „Ganz im Westen liegt eine Burg in Trümmern. Dort hat einmal ein Venustempel gestanden, nach dem Portovenere noch heute genannt wird. Hier soll einst die Venus aus dem Meer aufgetaucht sein….Noch steht ein schwarzweiß gestreiftes Marmorkirchlein unter den Trümmern, über wellenverschliffenen Klippen. Es steht klein und allein vor dem grenzenlosen Meer.“

Nach etwas über einer Stunde war ich so gut wie fertig mit meinem Bild. Meine unbequeme Sitzhaltung zwang mich, die Arbeit einzustellen. Gut so, man kann ein Bild auch tot malen.
Als ich mich wieder aufgerappelt hatte, musste ich meine steifen Glieder bewegen. Ich stattete zunächst noch mal dem Kirchlein einen Besuch ab, um mich dann nach oben zur Burg zu begeben. Von da ganz oben konnte ich die tolle Weitsicht genießen, die die kalten Temperaturen so mit sich bringen. Über die schöne Bucht von La Spezia, an deren Nordspitze Portovenere liegt, die vorgelagerten Inseln Palmaria und Tino bis hin zu den schneebedeckten Apuanischen Alpen. Es waren wirklich nicht die Marmorberge von Carrara. Ich konnte es eindeutig als Schnee identifizieren. Mir pfiff hier oben auch ein eisiger Wind um die Ohren. Besonders beeindruckte mich in der Burg ein großer Saal mit wuchtigen Pfeilern, die ein eindrucksvolles Gewölbe trugen.

Danach ging ich wieder hinunter zu den bunten Häusern des Ortes, die ein einmaliges architektonisches Ensemble darstellen. „Vor einem Felsen stehen in einer einzigen, leicht gebogenen Front vielleicht hundert Häuser. Keines davon hat weniger als 7 Stockwerke, aber kaum drei oder vier von ihnen haben in der Breite mehr als ein Fenster. Es sind Häusertürme, die sich aneinanderlehnen, ein wenig gegen den Berg hin zurückgebeugt, vor sich nur einen schmalen Kaiweg und das Meer. Zeitlose Bauten, verwitterte, zerbröckelnde, immer wieder geflickte, geweißelte oder in anderen Farben verputzte, vielfach ineinander verzahnt…“ Jedenfalls ein Ort, den ich zu lieben gelernt habe.

Auch dieser schöne Tag ging einmal zu Ende. Wie der Zufall es wollte, traf ich im Zug wieder jene Dame von heute früh. Sie gab mir noch den Tipp, wir sollten Lerici besuchen. Dazu dann morgen mehr.

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Kommentare

  1. 🙂 wie immer liebe St....., dein Blog sehr schön und bildlich dargestellt beschrieben. Wenn man nicht an Ort und Stelle mit dabei sein kann, du schaffst es, bei mir auf jeden Fall.
    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.
    Bei uns ist heute wunderschönes Winterwetter und die Kraniche ziehen an einem azurblauen Himmel 1/2-stündlich vorbei, also auch ein schöner Tag....
    Ich grüsse euch allerliebst
    Die Flo(h) mit Anhang

    😉

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