Nikolaustag

Ich rieb mir die Augen , um die Zahlen auf dem Wecker besser sehen zu können, doch viel brachte es nicht , denn so richtig konnte ich die Uhr ja noch nicht lesen, aber es musste schon morgens sein, das hatte ich an dem kleinen Zeiger erkannt ,der irgendwo bei der 5 stand. Aufgeregt sprang ich aus dem Bett , denn ich musste meine 3 Jahre ältere Schwester ,die über mir im Etagenbett lag , wecken. Als ich auf der Leiter zu ihrem Bett stand , schaute sie mich aber auch an und flüsterte mir zu , dass sie schon lange wach lag und ein leises Klingeln gehört hätte. Meine Aufregung stieg ins Unermessliche, so zog ich an ihrer Bettdecke um ihr klarzumachen , dass sie jetzt schnell aufstehen müsse. Mit einem Ruck sprang sie auf und kletterte fix die Sprossen der Leiter hinab. Wir hatten keine Zeit mehr unsere Pantoffeln an die Füsse zu stecken und schlichen , so leise es ging ,aus unserem Zimmer. Petra (meine Schwester) musste vor mir gehen , weil ich ja so Angst im Dunkeln hatte und Licht an machen wollten wir nicht , weil ja sonst die Rentiere vom Nikolaus erschrecken könnten , wenn sie denn noch im Haus verweilten. So stapften wir auf Zehenspitzen wie kleine Einbrecher die Treppe hinab ..... Auf der letzten Stufe blieb meine Schwester stehen und zeigte mit ihrem Finger auf dunkle Flecken auf dem roten Teppich , der im Treppenflur auslag. Ich machte einen langen Hals und schaute an ihr vorbei und starrte auf diese schwarzen Flecken auf dem Boden..... flüsternd sagte ich zu Petra. „Das ... das ... sind doch Hufabdrücke von den Rentieren!!!!!“ Petra nickte stumm. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich traute mich keinen Schritt vor zu gehen ... was sollte ich machen , wenn der Nikolaus noch im Haus wäre? Aber meine Schwester war wie immer die Mutigere und machte langsam einen Schritt vor den anderen ... ich hielt mich am äussersten Zipfel ihres Schlafanzugs fest und schlich aufgeregt hinter ihr her.
Dann standen wir an der Tür zum Esszimmer ,Petra drückte vorsichtig die Klinke hinab und öffnete die Tür einen Spalt. Langsam lugte sie durch diesen Spalt und legte ihren Zeigefinger auf die Lippen. Ich hatte das Gefühl , laut schreien zu müssen ,aber blieb stumm. In dem Zimmer war kein Licht und so schritten wir leise hintereinander bis zur Wohnzimmertür. Es gab jetzt kein Zurück , wir mussten nun auch noch diese Tür öffnen , um zu sehen ob der Nikolaus noch vor Ort war. Meine Schwester nahm meine kleine kalte Hand und zog mich ganz nah an sich , so als ob ich ihr den nötigen Mut geben könne, um die letzte Tür zu öffnen. Ganz leise drückte sie auch diese Klinke herunter und stupste ganz langsam gegen die schwere Holztür die sich mit einem leisen Quietschen öffnete... unsere Augen glitten durch den Raum , der so wunderbar nach Keksen und Tannennadeln duftete , aber einen Nikolaus oder gar ein Rentier konnten wir im Dunkel nicht erkennen. Meine Hand suchte hinter mir nach dem Lichtschalter und ohne hinzuschauen knipste ich das Licht an.
Das Wohnzimmer war weihnachtlich geschmückt und auf 2 Tischen standen insgesamt 9 Weihnachtsteller mit den tollsten Leckereien, für jedes Kind , welches noch zuhause war 1 Teller . Neben den Tellern lagen jeweils noch 1 bis 2 kleine Päckchen in wunderschön glänzendes Papier verpackt. Inmitten dieser ganzen Leckereien stand noch 1 grosse Schüssel, die mit Mandarinen , Äpfeln und Nüssen gefüllt war. Petra und ich liefen zu den Tischen und schauten erstmal jeden Teller an und verglichen , ob auch alles gerecht aufgeteilt war und ob vielleicht irgendwo eine Rute lag ,denn Mutter sagte uns am Vorabend noch , dass der Nikolaus bestimmt dieses Jahr Ruten verteilen würde, weil sie glaubte ,dass wir nicht alle das ganze Jahr lieb genug gewesen seien.
Erfreut stellten wir aber fest , dass es keine Rute gab und jeder Teller mit denselben Lebkuchen , Schokoladennikoläusen und anderen gefüllten Dingen befüllt war . Wir atmeten erleichtert auf und begaben uns nun daran unseren Teller mitsamt Geschenk zu suchen. Ein in hellrotes Glanzpapier gewickeltes Päckchen war meins und ich setzte mich freudestrahlend auf den Boden und begann das Päckchen aufzureissen. Es verbarg das langersehnte Brautkleid für meine Lieblingsbarbie. Auch meine Schwester öffnete ihr Geschenk und war mindestens genauso erfreut wie ich. Nachdem wir dann die Geschenke gesichtet und die ersten Schokonikoläuse genascht hatten , mussten wir aber noch unbedingt herausbekommen , ob die schwarzen Abdrücke im Flur tatsächlich von Rentieren waren... also liefen wir zurück und machten dieses Mal Licht an ... Auch wenn diese „angeblichen Hufabdrücke“ schon wochenlang dort waren , WIR waren überzeugt , dass es von mindestens einem Rentier gewesen sein musste und keiner konnte uns von etwas anderem überzeugen.

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