Das O - Bein Syndrom

Das O - Bein Syndrom (belami)

In meiner Jugend bin ich fast jeden Tag auf den örtlichen Fußballplatz gepilgert, habe beinahe andächtig den Ballkünsten der Profis zugeguckt, rannte mit zunehmender Begeisterung buchstäblich dem runden Leder - im bundesstädtischen Dialekt bezeichnender Weise "Fetzenlaberl" genannt - hinterher.
Doch ich mochte rennen wie ich wollte, laufen bis mir im wahrsten Sinn des Wortes die Zunge raus hing, der Reifeprozess zu einer echten Sportgröße verzögerte sich, blieb schlussendlich aus.Mit fortschreitendem Alter zum Zuschauer degradiert, kehrte ich dann dieser Sportart fast gänzlich den Rücken, interessierte mich nur mehr am Rande dafür, zumal das Niveau des heimischen Spielerpotentials mehr als nur zu wünschen übrig ließ, wodurch der Verein in die unterste Kreisklasse absackte. Für mich ein Grund mehr via Television ins benachbarte Ausland zu gucken, wo zu jener Zeit attraktiver Fußball gespielt wurde.
Nun ergab es sich aber, dass ich nach langen Jahren wieder einmal auf den örtlichen Fußballplatz pilgerte, um mir ein Schülermatch anzugucken. Der Enkelsohn meines Schwagers hatte an diesem Tag seinen großen Auftritt: Er durfte von Beginn an - als Abwehrspieler nominiert - das Pokalspiel der Unter Zwölfjährigen mitgestalten. War für mich als Großonkel natürlich große Ehr und Selbstverständlichkeit, mit dabei zu sein.
Erinnere mich noch genau: Als ich den Platz betrete, empfängt mich frenetischer Jubel, der zwar nicht mir- aber den gerade auflaufenden Schülermannschaften gilt. Schnell suche ich nach einem geeigneten Sitzplatz. Komme rein zufällig neben einer fülligen Matrone zu sitzen, die da - mit Spruchband und Vereinskappe ausgerüstet - hochroten Kopfes dem allgemeinen Gebrüll mit schriller Stimme sein besonderes Flair verleiht. "Kernhof vor - noch ein Tor." Der guten Ladys Stimme überschlägt sich förmlich vor Begeisterung. Gerade setzt sie zu einer neuerlichen Tirade an, als urplötzlich und unvermittelt der Schlachtgesang mit einem schrillen Misston abbricht, denn gerade rollt der Ball durch die Beine des Torwartes ins eigene Tor. Wie ein Urschrei gellt die Stimme der Frau über den Platz; "Bub, halt die Haxen (Beine) zusammen! Um Gottes Willen nicht schon wieder.
Halt doch endlich Deine Füße zusammen." Zu spät. Gerade passiert der Spielball auf ähnliche Art die Torlinie ein weiteres Mal. Förmlich aufgelöst sinkt die Fußballmutti, ob des neuerlichen Patzers ihres Sprösslings total entnervt, vor ihrem Sitzplatz auf die Knie.
In einer der vorderen Reihen sitzt ein älterer Herr. Der dreht sich gemächlich um und sagt zu der deplaziert dasitzenden Frau:
"Siehste, hättest Du damals auch Deine Füße zusammen gehalten, müsstest Du Dich jetzt nicht so aufregen."

Ein Text von:belami

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