das erste Mal....

Es ist ein wunderschöner Frühlingsnachmittag, und sowieso ein ganz besonderer Tag.

Das erste Mal...
Das erste Mal, dass sie sich ganz privat sehen werden.
Nicht mehr auf dem vielgepriesenen neutralen Terrain, nein....bei ihm zu Hause soll es sein.
Er hat sie zum Essen eingeladen.

Sie ist ganz aufgeregt, gespannt auf sein zu Hause und darauf, ihn dort zu erleben.

Er mag Herbie Hancock, und so hat sie ihm " Court And Spark " - feat. Norah Jones , kopiert.
Sie mag nämlich eher Norah Jones.

Berlin ist nahverkehrsmäßig gut bestückt.
Von einem Ende der Stadt zum anderen dauert's trotzdem schier unendlich lange.
Dies ist der Aufregung sehr zuträglich, ihr Herz holpert so vor sich hin, die Hände werden immer feuchter, die Knie weicher, kurzgesagt - ihr Zustand ist desolat, so dass sie schon überlegt, ihren Fluchttendenzen nachzugeben...
Aber nein, das wäre echt feige, und sie weiß, hinterher würde sie es bedauern.

Sie ist nämlich sehr beeindruckt.
Und auch der entscheidende Testpunkt kann positiv beschieden werden - sie kann sich vorstellen, ihn zu berühren.
Das hat sie so für sich herausgefunden, im Laufe der Zeit.
Dass es das braucht für sie.
Sonst kann alles andere noch so gut sein - es wird nichts.

Irgendwie hat sie es geschafft, das Haus zu erreichen, ohne ihre Gummibeine zu verknoten,
den Klingelknopf zu drücken, ohne dass die Feuchtigkeit der Finger einen Kurzschluss herbeigeführt, und denkt noch schnell - hoffentlich sehe ich nicht allzu derangiert aus -
da öffnet er schon die Tür, und lächelt sie an.

Alles gut...
Angekommen und angenommen - so denkt sie im ersten Moment.

Sie sitzen sich gegenüber, essen, reden, lachen miteinander.
Später hören sie Musik zusammen, er spielt ihr sogar etwas auf dem Saxophon vor und
sie läßt sich breitschlagen, das Klavier zu probieren, was sie seit Jahren nicht mehr getan hat.
Aber hier traut sie sich, ohne Angst, sich zu blamieren.
Sie fühlt sich gut, unbefangen, fröhlich und so, dass sie die Augen schließen, und einfach nur innehalten möchte.

Und das mit dem Berühren...
Sie würde es so gern probieren.
Allerdings ist er immer ausgewichen, als sie in der Wohnung umherliefen, und eine zufällige Berührung möglich gewesen wäre.
Und auch sonst...
Sie hat nicht das Gefühl, dass er es möchte.
Und er selbst macht keinerlei Anstalten.
Nicht, dass sie das erwartet, sie ist durchaus so gepolt, dass sie auch den Anfang macht.

Aber so ein klitzekleines Signal braucht es schon dafür.

Es gibt keines.

Und sie ist nicht mehr unbefangen.

Der Heimweg ist genau so lang wie der Hinweg.
Sie hat nen Kloß im Hals und muss irgendwie die Tränen zurückhalten
Und ist wütend auf sich selbst.

Was hat sie nur erwartet...man soll doch nichts erwarten.
Oft genug gehört und gelesen.
Hier und anderswo.

Und trotzdem.....im Moment fühlt es sich schrecklich an.

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