....auch ein Leben.....

SPYROS

Spyros kontrolliert! Groß. Kräftig, augenverschattende Sonnenbrille. Sein Blick ist sein Ziel, unbeirrt.

Er kontrolliert seit er als kleiner Junge die Schafherde sich selbst überließ, die Schule schwänzte, weil ihn das geschäftige Treiben der kleinen Hafenstadt, Gemüsehändler, Fischhändler, Bauernmarkt von je her mehr interessierte als die mahnenden Worte von Vater und Mutter.

Spyros ist siebzig und ungebrochen. Er wird nicht geliebt! Nein, wer kann geht ihm aus dem Weg.

Wer das nicht kann, der hat bei ihm Schulden, meist Spielschulden. Spyros hat den langen Fingernagel am kleinen Finger der rechten Hand, er ist Spieler, Zocker, erfolgreich und süffisant gnadenlos.

Er pfeift sie zu sich, morgens auf der Platia beim Kaffee. Seine Hand geht von oben nach unten, „ela!“, „Komm her!“

Leise kommen seine Fragen, den „Ehrenmann“ von oben nach unten und umgekehrt seiner Blöße aussetzend. Nein Spyros ist nicht beliebt und man warnt mich, es sei nicht gut, mich mit ihm in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Spyros spricht griechisch, ich kaum! Er will, dass ich mich mit ihm unterhalte, belehrt und korrigiert mich, hartnäckig, nuckelt an einem schlangenförmigen Gebäck herum, bricht für mich ein Stück ab. Es sei gut!

Spyros hat keinen einzigen Zahn in seinem Mund, ich bemerke das nach Wochen. Das Schlangenförmige kann er einspeicheln, es ist sein Frühstück!

Spyros ist ein einziges Geheimnis! Er will, dass ich ihm einen Griffon, einen Jagdhund aus Deutschland mitbringen soll. Seine beiden „Griechen“ hecheln derweilen auf der Pritsche seines Pick-Up`s, eingesperrt in Kisten, vor sich hin.

Wütend, erbost weise ich ihn zurecht. Seine Lippen bilden ein dünnes Grinsen.
„Vorher lasse ich mir die Hand abhacken, als dir einen Hund zu bringen!“ Ich bin wütend, wie immer, wenn ich den Umgang der Griechen mit der Kreatur ins Bewusstsein bringe.

Er hat eine Französin als Freundin. Das heißt, er hat sie, wenn sie für Wochen oder Monate in Gythio lebt, alleine und getrennt von ihrem Mann. Hin und wieder erhält er einen Brief, wenig Text, dafür scharfe Fotos. Nahaufnahmen von Muschi und erigierten Brustwarzen, er liebt das, sie versorgt ihn damit, angeblich stammen die Aufnahmen von ihr.“Mon amur“, Spyros küsst das Bild, verstaut es erneut im Kuvert.

Er machte viel Geld, als junger Mann, handelte mit Gemüse am Hauptmarkt in Athen.

Drei Brüder aus Kreta, Geschäftspartner, Lieferanten, hatten nichts Gutes vor mit Spyros, nachts um drei, als sie an seiner Wohnungstüre in Piräus klingelten.

Er öffnete, dem mittleren der drei setzte er eine Schrotladung mitten in sein junges Gesicht. Gesprochen wurde nichts, er war einfach nur schneller!
Die beiden anderen flüchteten.....

Spyros büßte!

Achtzehn Jahre Zuchthaus und Arbeit im Steinbruch für den toten Kreter!

Spyros hatte Skorbut, alle Zähne fielen ihm aus. Dafür legte er sich Muskelpakete zu, erlernte den tödlich sicheren Umgang mit dem „Macheri“, dem Messer, wie auch alle miesen Tricks eines Falschspielers. Er genoss eine achtzehn jährige Lehrzeit, überlebte mit Glück, war ungebrochen.

Er machte dort weiter, wo er vor langer Zeit aufgehört hatte, im Athen.
Gemüse! Das kannte und beherrschte er. Seine Frau schenkte ihm eine Tochter, verstarb früh.

Sein Geld legte er in Mavrovouni an. Ein modernes Zehnfamilienhaus, alles gut vermietet, ausschließlich an Griechen.

Er selbst bewohnt, garagengroß, das winzige Häuschen seiner Eltern auf dem gleichen Grundstück.

Seiner Tochter schickt er Geld nach Kanada. Spielgeld!

Er ist mein Freund, der Mörder, der Totschläger, den sie alle nicht mögen mit der Freundin aus Frankreich und den Spielschulden bei ihm, die sie lieber nicht hätten.

Aber er pfeift sie herbei und sie kommen ohne Widerrede, sind nett und freundlich, Spyros betrachtet sie von oben bis unten und umgekehrt, sein gefährliches Lächeln auf schmalen Lippen.

Spyros kontrolliert, den Fischhändler, die Gemüsehändler, geht beim Bäcker vorbei, das Schlangengebäck, den Kaffee auf der Platia, morgens ab sieben!

Es ist nicht gut, Dich mit ihm in der Öffentlichkeit zu zeigen! Es klingt in meinen Ohren......

Nein, keinen Griffon, aber Kataloge von Sport Scheck, eine schwarze Regenjacke von VW, das bringe ich ihm mit, obwohl ich seit kurzem weiß, dass er weder lesen, noch schreiben kann.......

Spyros kontrolliert! Und er ist mein Freund!

© Psachno

Ähnliche Beiträge

Kommentare

Verstoß melden

Schließen