An einen Gott glauben

An einen Gott glauben heißt, die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen.
An einen Gott glauben heißt sehen, dass es mit den Tatsachen der Welt noch nicht abgetan ist.
An Gott glauben heißt sehen, dass das Leben einen Sinn hat.

Die Welt ist mir gegeben, d.h. mein Wille tritt an die Welt ganz von außen als an etwas Fertiges heran. Daher haben wir das Gefühl, dass wir von einem fremden Willen abhängig sind.

Wie dem auch sei, jedenfalls sind wir in einem gewissen Sinne abhängig und das, wovon wir abhängig sind, können wir Gott nennen. Gott wäre in diesem Sinne einfach das Schicksal oder was dasselbe ist: die – von unserem Willen unabhängige – Welt …

Um glücklich zu leben, muss ich in Übereinstimmung sein mit der Welt. Und dies heißt ja »glücklich sein«.
Ich bin dann sozusagen in Übereinstimmung mit jenem fremden Willen, von dem ich abhängig erscheine.
Das heißt: »Ich tue den Willen Gottes«.

Den Text fand ich bei Ludwig Wittgenstein, Tagebucheintrag vom 8.7.1916

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