Julfest: Heidnischer Brauch und Tradition zur Wintersonnenwende

Julfest
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Wenn die Winterkälte über Skandinavien hereinbricht und die Tage am kürzesten sind, bereiten sich die Menschen auf das Julfest vor, eine der ältesten und geliebtesten Traditionen in dieser Region. Aber was steckt hinter diesem Fest, das so tief in der skandinavischen Kultur verwurzelt ist?

Über das heidnische Julfest

Das Julfest, oft einfach "Jul" genannt, hat seine Wurzeln in vorchristlichen Zeiten und wurde ursprünglich als Mittwinterfest gefeiert.
Das Julfest, auf Isländisch „Jól“ genannt, ist eine uralte Feierlichkeit, die ursprünglich ein vorchristliches Fest zur Wintersonnenwende war, welches von den Germanen gefeiert wurde. Man nimmt an, dass die Germanen und Kelten ihre bedeutenden Festlichkeiten recht ausgelassen begangen haben. Ursprünglich wurde das Julfest zu Ehren des Hauptgottes Odin abgehalten, dem Hauptgott in der nordischen Mythologie.
Begleitet von der "Wilden Jagd", einem phantastischen Spektakel, bei dem Geister und, in einigen Erzählungen, Odin selbst durch den Himmel ritten, markierte das Fest einen wichtigen Neubeginn im julianischen Kalender. Es wird angenommen, dass die berühmte Figur von Frau Holle, die mit dem Winter verbunden ist, sowie die Tradition der Ziegenböcke, die oft als Begleiter von Odin gesehen werden, in engem Zusammenhang mit den Feiern des vorchristlichen Julfestes standen. Insbesondere die Tradition, bei dem ein Ziegenbock als Zeichen für Opfer und Dankbarkeit durch das Dorf geführt wurde, war weit verbreitet. Möglicherweise geht diese Tration auf die Ziegenböcke des Gottes Thor zurück, die seinen Wagen zogen. Noch heute trägt er in Skandinavien die Geschenke auf seinem Rücken.
Das gemeinsame Essen, oft ein großes Festessen, spielte ebenfalls eine zentrale Rolle.
Mit der Ausbreitung des Christentums wurde das vorchristliche Fest mit dem christlichen Weihnachtsfest verbunden.
Viele Traditionen, wie das Julfeuer, das den Neubeginn und die Rückkehr des Lichts symbolisiert, wurden in die Feierlichkeiten des Weihnachtsfestes integriert. Es gibt auch Vermutungen, dass keltische Einflüsse in einige dieser Traditionen einflossen, obwohl das Julfest hauptsächlich mit den germanischen und nordischen Traditionen in Verbindung gebracht wird. Es repräsentiert nicht nur eine Zeit des Feierns, sondern auch eine tiefe Anerkennung für die harte Winterlandschaft und die Hoffnung auf die Rückkehr des Lichts. Das Fest anlässlich der Wintersonnenwende ist zudem stets mit den nachfolgenden geheimnisvollen Rauhnächten verknüpft, in denen versucht wurde, die Dämonen der dunklen Wintermonate zu vertreiben.

Skandinavische Weihnachten
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Wann feiert man das Julfest?

Das Julfest wird traditionell zur Zeit der Wintersonnenwende gefeiert, die zwischen dem 20. und 23. Dezember stattfindet. In vorchristlichen Zeiten markierte dieses Fest in Skandinavien und bei anderen germanischen Völkern den Beginn des Winters. Mit der Christianisierung und der Einführung des Weihnachtsfests verschob sich der Fokus, und in vielen Regionen wurde "Jul" mit dem Weihnachtsfest verbunden.

In der modernen Zeit und besonders in nordischen Ländern beginnen die Jul-Feierlichkeiten oft am 24. Dezember und dauern bis zum 26. Dezember. In einigen Traditionen kann das Julfest auch länger andauern, etwa bis zum 13. Januar, dem Tag von Knut (in Schweden bekannt als "Tjugondag Knut" oder "Zwanzigster Tag Knut").

Die genaue Datierung und Dauer des Julfests kann sich je nach Region, Tradition und persönlichen Vorlieben unterscheiden kann.

Die Bedeutung der Wintersonnenwende

Genau in der Mitte des Winters, wenn die Tage am dunkelsten sind, tritt die Wintersonnenwende ein. Dieser kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres waren für die alten Skandinavier von großer Wichtigkeit. Sie glaubten, dass ab diesem Tag das Licht allmählich zurückkehren und die Dunkelheit verdrängen würde. Das Julfest wurde oft genau zu dieser Zeit gefeiert, um das Ende der Dunkelheit und den Beginn eines neuen Sonnenzyklus zu markieren.

Mystische Rauhnächte

Eingebettet in die Zeit des Julfests sind die geheimnisvollen Rauhnächte. Es handelt sich um zwölf Nächte, die oft als "Zwischenzeit" betrachtet werden, in der die Grenzen zwischen unserer Welt und der der Geister besonders durchlässig sind. Es sind Nächte voller Magie, Reflexion und alten Bräuchen. Einige glauben, dass Träume in diesen Nächten besonders aussagekräftig sind und Hinweise auf das kommende Jahr geben können.

Julfest Rituale und Bräuche

Während des Julfests gibt es viele Bräuche, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Das Julfest, tief in der nordischen Kultur verwurzelt, bringt eine Vielzahl von Ritualen und Traditionen mit sich. Einige der bekanntesten und bedeutendsten sind:

Julblock oder Yule Log: Einer der ältesten Tradtionen ist das Entzünden des Julblocks, eines speziellen Holzklotzes, der während der Julzeit verbrannt wird. Traditionell soll dieser Klotz über mehrere Tage, oft bis zu 12 Nächte, brennen. Er symbolisiert das Licht in der Dunkelheit des Winters und steht für Wärme und Gemeinschaft.

Julbord: Ein "Weihnachtstisch" voller traditioneller Speisen wird während des Julfests zubereitet. Zu den typischen Gerichten gehören der Julskinka (ein besonderer Weihnachtsschinken), eingelegter Hering, Rote Bete Salat, Fleischbällchen, Lussekatter (Lucia Brötchen) und vieles mehr.

Julklapp: Wie zuvor erwähnt, handelt es sich hierbei um eine spielerische Art des Schenkens, bei der Geschenke heimlich verteilt werden, ähnlich dem Wichteln.

Julfestlieder und Tänze: Musik spielt eine wichtige Rolle beim Jul. Es gibt viele traditionelle Lieder, die gesungen werden, und in einigen Gemeinden finden Tänze um den Julbaum oder in Gemeindezentren statt.

Julbock (Weihnachtsziege): Die Weihnachtsziege, oft aus Stroh gefertigt, ist ein altes Symbol des Julfests. In einigen Teilen Skandinaviens ziehen verkleidete Personen als Julbock durch die Straßen und fordern Geschenke oder Streiche.

Lichter und Kerzen: Aufgrund der Dunkelheit, die in dieser Jahreszeit in Skandinavien vorherrscht, haben Lichter und Kerzen eine besondere Bedeutung. Viele Menschen stellen Kerzen in ihre Fenster oder entzünden Laternen, um die Dunkelheit zu vertreiben und Wärme zu verbreiten.

Besuch von "Tomte" oder "Nisse": In Schweden und Norwegen wird erwartet, dass der Hausgeist oder Wichtel, bekannt als "Tomte" bzw. "Nisse", in der Julnacht Geschenke bringt. Er ähnelt dem Weihnachtsmann, hat jedoch tiefere Wurzeln in der skandinavischen Folklore.

Diese Bräuche und Rituale repräsentieren nicht nur die historische und kulturelle Wichtigkeit des Julfests, sondern fördern auch Gemeinschaft, Dankbarkeit und das Teilen von Freude in der dunkelsten Zeit des Jahres.

Was ist der Julklapp?

Beim Julklappen ähnelt die Geschenkübergabe dem bei uns bekannten Wichteln. Der Begriff "Julklapp" kann wörtlich mit "Weihnachtsklopfen" übersetzt werden und bezieht sich auf eine traditionelle Art des Schenkens, die mit einem Spiel verbunden ist.

So funktioniert der traditionelle "Julklapp":

Das Klopfen: Der Schenkende nähert sich heimlich der Haustür des Beschenkten und klopft an.
Das Werfen: Nach dem Klopfen wirft der Schenkende schnell das in Papier gewickelte Geschenk in den Raum oder die Stube und läuft dann so schnell wie möglich weg, um nicht erkannt zu werden.
Die Verfolgung: Die Beschenkten versuchen dann oft, den flüchtenden Schenkenden zu erwischen oder zumindest herauszufinden, wer es war.
In der modernen Praxis ist das Spiel oft weniger theatralisch und ähnelt eher dem westlichen Weihnachtsgeschenk-Austausch, wobei die Familienmitglieder sich gegenseitig Präsente geben, die dann unter dem Weihnachtsbaum gelegt werden.

Die Idee des geheimen Schenkens, ähnlich wie beim "Wichteln", ist jedoch nach wie vor beliebt und wird oft in Schulen, Büros und unter Freunden praktiziert.

Schwedische Weihnachten

Der Zusammenhang zwischen Julfest und Weihnachten

Im Laufe der Jahrhunderte begannen viele der Riten des Julfests, sich mit denen von Weihnachten zu vermischen, besonders nach der Christianisierung Skandinaviens. Im Laufe der Zeit und mit der Ausbreitung des Christentums in Europa wurde das Jul allmählich mit der Geburt Christi verknüpft, die traditionell am 25. Dezember gefeiert wird. Der Zusammenhang zwischen Jul und Weihnachten reicht weit zurück und spiegelt sich in vielen Bräuchen, Ritualen und Geschichten wider, die in der westlichen Kultur fest verankert sind. 

Viele Elemente des Julfests wurden in die christlichen Weihnachtsfeierlichkeiten aufgenommen. Der Yule Log (Julblock) beispielsweise, ein großer Holzklotz, der zur Wintersonnenwende verbrannt wird, symbolisiert das Licht in der Dunkelheit – eine Metapher, die sowohl in der heidnischen als auch in der christlichen Symbolik eine Rolle spielt. So wurde auch der Julleuchter ein Teil der Weihnachtsdekoration.

Einige Bräuche, die mit Weihnachten assoziiert werden, haben ihre Wurzeln im Jul. Das Singen von Weihnachtsliedern, das Schmücken eines Baumes und das Beisammensein mit Familie und Freunden können auf ähnliche Traditionen während des Julfests zurückgeführt werden.

Das genaue Datum der Geburt Christi ist unbekannt, und viele Historiker glauben, dass die Wahl des 25. Dezembers als Geburtstag Jesu teilweise dazu diente, die Umwandlung heidnischer Völker zum Christentum zu erleichtern, indem man das Jul mit dem Weihnachtsfest verschmelzen ließ.

Viele der traditionellen Speisen, die während der Weihnachtszeit in Europa gegessen werden, haben ihre Ursprünge in den Festmählern, die während des Julfests gehalten wurden.

Die Tradition, Geschenke zu geben, ist ein weitere Tradition, die sowohl dem Jul als auch dem Weihnachtsfest gemeinsam ist. Während des Julfests wurden oft Geschenke im Austausch für Glück im kommenden Jahr gegeben.

Doch trotz dieser Verschmelzung behalten beide Feste ihre einzigartigen Traditionen und Bedeutungen. Es ist ein wunderschönes Beispiel dafür, wie verschiedene Kulturen und Glaubensrichtungen koexistieren und sich bereichern können.

Fazit

Das Julfest ist mehr als nur ein Feiertag. Es ist eine Erinnerung an die Zyklen der Natur, die Bedeutung von Gemeinschaft und die Freuden, die die einfachsten Dinge im Leben bringen können. Für diejenigen, die es noch nicht erlebt haben, könnte dieses Jahr der perfekte Zeitpunkt sein, eine neue Tradition zu beginnen und die Wärme und Magie des skandinavischen Julfests zu umarmen.

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