Eine tödliche Vorhersage

  • Eine tödliche Vorhersage

    Von happyday am 18. September 2021 um 16:31

    „Das kann doch wohl nicht wahr sein,“ sagte Günter aufgebraucht zu seiner Frau Ursula, „wie kann man nur so vergesslich sein? Was hast du eigentliche in deinem Kopf ?“ Ursula schwieg schuldbewusst. Über dem Telefongespräch mit ihrer besten Freundin Beate hatte sie völlig vergessen, dass auf dem Küchenherd Rouladen bruzelten. Ausgerechnet Günters Lieblingsgericht, gefüllte Rindsrouladen, ungenießbar verkohlt.

    Der beißende Geruch hatte ihn die Küche gelockt, und er hatte die Rouladen mitsamt dem Topf in den Müll befördert. Ursula versuchte gar nicht erst. sich zu rechtfertigen, denn sobald es ums Essen ging, war mit Günters Nachsicht nicht zu rechnen. Zumal ihr schon zum zweiten Mal in dieser Woche völlig entfallen war, dass Töpfe auf dem Herd standen. Früher war ihr das nicht passiert. Sie verstand selbst nicht, wieso sie in letzter Zeit so vergesslich war. Vielleicht sollte sie doch zum Arzt gehen.

    „Bitte, Günter, lass uns etwas unternehmen,“ sagte Ursula nach einer Weile, „du hast mir schon so lange eine Fahrt ins Blaue versprochen. Wir essen unterwegs in einem Landgasthaus, dann bekommst du doch noch deine Rouladen. Bitte, sei mir nicht mehr böse, es tut mir so leid.“

    Günter, der schnell auf brauste, sich aber ebenso so schnell auch wieder beruhigte, sagte einlenkend: „Also gut, lass uns losfahren und unterwegs essen.“Der Sonnabend schien gerettet.

    Obwohl es längst dunkel war, als sie sich auf dem Rückweg befanden, bog Günter von der Hauptstraße ab, um eine unbekannte Nebenstraße zu erkunden.

    Die Straße schien endlos lang zu sein. Zu beiden Seiten erstreckten sich Felder, und nur ganz vereinzelt schimmerte aus einigen der Gehöfte noch Licht.

    Es war gerade Mitternacht, als das Auto nach einigen Bocksprüngen einfach stehen blieb. So sehr sich Günter auch bemühte, den Motor wieder zu starten, es gelang ihm nicht. „Bleib du im Wagen, ich hole Hilfe, sagte er zu seiner Frau.

    Er lief los und verschwand in Richtung eines einzeln stehenden Fachwerkhauses in der Nähe.

    Ursula sah, wie Günter im Lichtschein der Tür gestikulierte und in ihre Richtung zeigte, bevor ihn das Haus verschluckte.

    Der Mond lugte zwischen den Wolken hervor und warf gespenstig sein Licht auf diese Einöde. Günter kam und kam nicht zurück. Ursula fühlte sich zunehmend unbehaglich, allein im Auto.

    Fortsetzung folgt …

    Die story ist frei erfunden by happyday

    Driftwood antwortete vor 4 Jahre, 3 Monaten 6 Mitglieder · 20 Antworten
  • 20 Antworten
  • Driftwood

    Mitglied
    21. September 2021 um 9:53

    @happyday 20.September um 16:39 Und nun noch die Moral als gereimte Erkenntnis und gleichzeitig Anleitung zum Nachdenken bevor Handeln. Das hast du sehr schön formuliert, liebe Happyday.

  • happyday

    Mitglied
    20. September 2021 um 17:38

    Dann lies bitte meine Moral von der Geschicht`…, die ich eben gesendet habe, @flodderli

    Zum Beispiel hätte er sie an den Schultern packen und schütteln können, statt die Hände um ihren Hals zu legen und zu zudrücken. Ist das so schwer nach zu vollziehen ? Das verstehe ich nicht…

  • happyday

    Mitglied
    20. September 2021 um 17:36

    @Driftwood -20. September 2021 um 16:39 –

    Den Text hatte ich bereits gesendet, leider nur Hyroglyphen…Persevere Danke zunächst für deinen Kommentar, lieber Driftwood. Deine Frage nach der Moral hat mich auf die folgenden Idee gebracht:

    Vergesslichkeit brachte sie in Bedrängnis

    Durch ihren Mann wurde das ihr Verhängnis.

    Wenn dann sein Kopf wieder klar ist

    Wird er erkennen, was daran wahr ist:

    Zähle in Ruhe mindesten bis zehn,

    Dann wird der Ärger schon anders ausseh`n

    Liebe Grüße von happyday

  • flodderli

    Mitglied
    20. September 2021 um 17:35

    Ich habs auch nicht verstanden—wie sollte er denn den Tod verhindern?

  • happyday

    Mitglied
    20. September 2021 um 17:31

    @flodderli , es ging nicht ums Verbrennen, sondern um die Vorhersage der alten Frau, dass der Mann es buchstäblich in seinen Händen hat, den Todesfall zu verhindern. – Das hat er nicht verstanden und sie mit seinen Händen in den Tod befördert. – Sorry, doch ich habe mir schon etwas dabei gedacht bei der „Konstruktion“ dieser Geschichte. Wie immer, Geschichten müssen nicht jedem gefallen.Wink

  • flodderli

    Mitglied
    20. September 2021 um 17:14

    Naja, Driftwood…

    zumindest die Todesart passt nicht so zusammen.

    Bei Brandrouladen wäre es besser, wenn er seine Frau auch verbrannt hätte…

    Oh Gott, was für ein schwarzer Humor…Flodderli, schäm dir…!Upside Down

  • Driftwood

    Mitglied
    20. September 2021 um 16:39

    @happyday 19.September um 10:46 Was für eine fatale „Rouladen Geschichte“, liebe happyday. Du hast sie durch den Wortdialog im Auto nach der Hexensession sehr schön aufgebaut und tatsächlich Raum zur Interpretation für das Verhalten beider gelassen. Wer nun mit wem Mitleid haben sollte….nun ja – es ist Gott sei Dank, eine erfundene Geschichte und kein Vernehmungsprotokoll. Was ist nun die Moral von der Geschicht: Brandrouladen und verpasster Lottoschein – passen nicht!

    Liebe Grüße, Driftwood

  • happyday

    Mitglied
    19. September 2021 um 18:41

    @lachegern , danke auch dir. Kennst du Krimis von Ingrid Noll ? Vor Jahren sah ich ein Interview mit ihr. Sie hat einen herrlichen, fast schwarzen Humor, und sagte u.a. : mit meinen Opfern habe ich auch Mitleid, doch am meisten leide ich mit den Tätern. – Die Vorhersage war ja bei meinem Täter, er hat es in der Hand…

  • happyday

    Mitglied
    19. September 2021 um 16:44

    @flodderli , die Konsequenzen für den Täter, das wäre dann eine neue Geschichte.

    @renata21 , als ich das vor mehr als 20 Jahren schrieb, hatte ich einige Ideen, wie ich den einen oder anderen Zeitgenossen „geräuschlos“ los werden könnte. Geblieben ist es bei dieser Geschichte. Wink

    @Heide79 , da ist etwas d`ran, was du schreibst…Bewusst habe ich jede Spekulation über die Vergesslichkeit vermieden. – Da sie ihren aufbrausenden Ehemann kannte, war es ziemlich dumm, in der Situation auch noch zuzugeben, dass sie den Lottoschein nicht abgegeben hatte. – Doch dann wäre es eine andere Geschichte geworden. Relaxed

    Meine Dankeschön geht an euch, flodderli, Heide79 und renata21 für eure Beteiligung an meinem kleinen Ausflug in menschliche Abgründe.

  • renata21

    Mitglied
    19. September 2021 um 16:00

    Gut erzählt deine kleine Krimigeschichte @happyday , obwohl ich ja wusste, dass die Erzählung tödlich endet. Nur gut dass es nicht wirklich passiert ist, meint renataRelieved

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