Nachtfalter
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Aschermittwoch bei den Nachtfaltern - 2012
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Aschermittwoch bei den Nachtfaltern - 2012
M.:
Was für ein ruhiger, erholsamer Veilchendienstag mit hochgelegten Füßen, Quark, Gurkenscheiben und Traubenkernen. Im Gesicht! Dazu Matetee, Brennnesselsalat und jede Menge Postkarten an die Ahnengalerie, die Feuerwehr und ins Schalää….
Meyer2 hatte sich mit unserem ramponierten Motorradgespann in die Tiefgarage zurückgezogen und reparierte nach Herzenslust.
Sanny, von der Hausdame mit einem Frackhemd (das ihr bis auf die Füße reichte) und einer Baskenmütze beschenkt, streifte den ganzen Tag durchs Hotel und malte alles an, was ihr unter die Eddings kam – auch die Gäste und das Personal. Beim Abendessen war der Saal voll mit Leuten, denen Sannys Lieblingsmuster, ‚Sonnenblume mit Girlanden‘, auf Wangen und/oder Stirn prangten. Die Stimmung war vornehm-heiter bis dezent-lustig….
Später in der Nacht änderte sich das gewaltig, als nämlich die Ersten vor dem Zubettgehen versuchten, die Farbe abzuwaschen und merkten, dat dat nicht ging. Die Kontenance ging flöten, es wurde gebrüllt, geschimpft und der Service mit Anfragen nach Aceton, Waschbenzin, Terpentin und Domestos überrollt… Ein Apothekendienst nach dem anderen lieferte seine Vorräte ab, mit denen dann Gesichter geschrubbt und gebeizt wurden. Viel geholfen hat et nix, im Gegenteil…
Am nächsten Morgen wurde uns diskret nahegelegt, aushäusig oder auf dem Zimmer zu frühstücken, weil es unten im Speiseraum wie in einem Ausbildungslager der Taliban zugehe. Lauter Vermummte mit äußerst schlechter Laune stünden ums Büffee herum und schilderten sich gegenseitig die Verwüstungen, die sie in ihren Gesichtern angerichtet hätten beim Versuch, Sannys Kunstwerke zu entfernen. Nicht nur, dass es nicht gelungen wäre, sie hätten sie auf krebsroter Haut erst richtig zum Leuchten gebracht… Und so sollten sie jetzt rüber in den Dom…????
Jetzt muss kurz erwähnt werden, dass der Kölner Kardinal am Tag nach Karneval zum ‚Aschermittwoch der Künstler’ lädt, und natürlich kommen außer Malern, Literaten, Architekten, Publizisten, Musikern, Schauspielern etc. etc. auch Kunstfreunde (letztere, sprich Fans, sind meistens in der Überzahl). Es gibt Messe und Kultur – und wer mag, kriegt ein Aschekreuzchen auf die Stirn. Ein absolutes gesellschaftliches MUSS!
Wir wären nicht in Köln, wenn dem Hotelmanager keine Lösung eingefallen wäre. Er überredete die Truppe, den Karneval um einen Tag zu verlängern, sich mit Hilfe von Tischdecken, Geschirrtüchern und Vorhangkordeln als Künstlerabordnung aus Gaudi-Arabien zu verkleiden und so rüber in den Dom zu gehen.
Hat geklappt. Bis der Kardinal kam. In vollem Ornat, mit allem drum und dran – abber seltsam tief in die Stirn gezogener Bischofsmitra und mehrfach um den Hals geschlungener Stola. Von seinem Gesicht war so gut wie nichts zu sehen; man konnte ihn kaum erkennen – bis auf Sanny, und die posaunte in die katholische Stille des Kölner Doms: „Guck ma’ Vipchen, dat is der Einzige, der keine Sonnenblumen mochte… der wollte lieber eine….“ Leider rutschte Sannys Kopf an dieser Stelle aus unerfindlichen Gründen in meinen Muff und was sie in den Pelz gurgelte, konnte keiner verstehen. Ich auch nicht! Schade, wirklich schade!
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