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  • Victor Klemperer und Dresden (8)

     Constantia antwortete vor 2 Jahren, 7 Monate 1 Teilnehmer · 1 Senden
  • Constantia

    Teilnehmer
    22. August 2021 um 10:48

    Ich komme noch einmal auf das Auto der Klemperers zurück. Es steht immer noch in Dölzschen in der “unterkellerten Dachterrasse”. Unter dem 20. Februar 1941 berichtet Victor Klemperer von einen Schreiben der dortigen Gemeinde. Das Auto muss innerhalb von acht Tagen verkauft werden. Den Kraftfahrzeugbrief hat er schon längst abgeben müssen. Nun hält er ihn wieder in Händen – zum Abschiednehmen.
    Beim “Opelmann” in der Prager Straße teilt man ihm mit, das Auto ist steuerbelastet, mehr als der Preis für den Autofriedhof ist es nicht wert. Man verweist ihn an den Händler Meincke, Schandauer Straße.
    Hier befanden sich die Ost-Garagen. Ein riesiger Komplex . Das Unternehmen wurde im April 1922 unter dem Namen Dresdner Garagen-Aktiengesellschaft als Reparaturwerkstatt für Kraftwagen, Tankstelle, Ersatzteilhandel und zur Vermietung von überdachten Stellplätzen gegründet. Ab 1929 befand sich hier die Abstellhalle für die Busse der Dresdner Verkehrsbetriebe sowie ein “Lkw-Bahnhof” zum Abstellen von Lastwagen. 1940 erwarb die Kraftverkehr Sachsen AG das Areal und bildete die Ostgaragen Schandauer Straße GmbH. Während des Zweiten Weltkriegs wurden einige der Hallen für die Munitionsherstellung genutzt, wobei auch Kriegsgefangene zum Einsatz kamen.

    Nach Beseitigung der Kriegsschäden dienten die Ostgaragen als Werkstatt und Abstellhalle der Lkw des 1952 gegründeten VEB Güterkraftverkehr. Ich bin in meiner Kindheit oft dort vorbeigegangen. Meine Großeltern wohnten in der Nähe. Nach der Wende war einige Zeit ein Umzugsunternehmen dort zuhause.

    Zurück zu V. Klemperer. Der Autohändler Meincke, der seine Werkstatt ebenfalls dort hatte, übernahm das Auto als Altmaterial für 170 M.
    Wer sich schon einmal von seinem liebgewordenen Auto in normalen Zeiten trennen musste, hat vielleicht ansatzweise eine Vorstellung wie es Klemperer ging. Dazu wieder ein Verlust, ein Schritt ins Ungewisse. Ein winzigen positiven Aspekt, es fallen Kosten weg – neben Steuern usw. auch Reparaturgeld. Das Auto war nicht unbedingt der zuverlässigste Partner in einer kurzen Lebensphase – aber doch geliebt.
    Eine ganze Weile hielt das Gelände der Garagen einen Ruinenschlaf. Nur eine Prüfstelle der
    Dekra hielt noch bis kurz vor Abrissbeginn die Stellung.
    Geht oder fährt man heute die Straße entlang sieht man neue Häuser, moderne Wohnungen, ein paar Geschäfte.
    An die Garagen erinnert nichts mehr. Nur ich kann dort nicht vorbeigehen, ohne an Klemperer zu denken.

    ConstantiaFace With Monocle

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