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Victor Klemperer und Dresden (7)
Einzug in das eigene Heim und Ausflüge mit dem „Bock“, wie Klemperer sein Auto nannte, zeigt nur den ganz eigenen immer enger werdenden Kreis. Im Jahr 1935 scheidet er aus der Technischen Hochschule aus. Es ist eine zwangssweise Versetzung in den Ruhestand auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Die Vorschriften und Einschränkungen für die jüdische Bevölkerung werden von Tag zu Tag größer.
Im Tagebuch steht unter dem 9. Dezember 1939 u. a.
„… ich war am Montag im jüdischen Gemeindehaus, Zeughausstraße 3, neben der abgebrannten und abgetragenen Synagoge, um meine Steuer und Winterhilfe zu zahlen. … Dann wollte mich der anwesende Parteibeamte sprechen: „Wir hätten Sie sowieso dieser Tage benachrichtigt, bis zum 1. April müssene Sie Ihr Haus verlassen. Sie können es verkaufen, vermieten, leerstehen lassen; Ihre Sache, nur müssen Sie heraus; es steht Ihnen ein Zimmer zu. Da Ihre Frau arisch ist, wird man Ihnen nach Möglichkeit zwei Zimmer zuweisen.“
Am 16. Dezember 1939 verhandelt Klemperer mit Berger, dem Besitzer eines Kramladens in unmittelbarer Nähe. Er will seinen Laden in Evas Musikzimmer einrichten. Aber in diesen Zeit ist alles unter Vorbehalt. Dann aber doch. Ab 1. Juni 1940 ist an Berger vermietet. Noch im Adressbuch von 1943/44 ist er zu finden.
Am 27. April 1940 werden Eva und Victor Klemperer zwei Zimmer in einer Villa in der Caspar-David-Friedrich-Straße gezeigt.
Über dem „26. Mai, Sonntag morgen“ steht „Judenhaus, Caspar-David-Friedrich-Straße 15b“ im Tagebuch, die neue Anschrift der Klemperers.
„Eine hübsche Villa, zu eng, zu ,modern‘ gebaut, gepfropft voll mit Leuten, die alle das gleiche Schicksal haben.“ Privatsphäre gleich Null.“ Nur Weniges kann mitgenommen werden. Aber was? Was kommt auf den Speicher?
Hausbesitzer Paul Kreidl, Bankprokurist, Anfang 60 wohnt mit seiner arische Frau in der ersten Etage. Seine verwitwete Schwägerin, aus ihrem eigenen Haus vertrieben, hat hier ebenfalls Zuflucht gefunden. Der Mann besaß ein großes Sportgeschäft im Stadtzentrum (Galeriestraße), der Sohn ein Florettfechter.
Nur mühsam richtet sich das Ehepaar ein, so gut es eben geht. Es wird nicht ihre letzte Station sein. Ein Stolperstein erinnert an einen der Bewohner.Constantia
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Natürlich kann ich mich an diese Textpassage erinnern, liebe Constantia.


