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  • Passt zur Jahreszeit

     Piccoloechen antwortete vor 4 Jahren, 4 Monate 7 Teilnehmer · 7 Beiträge
  • Webra

    Teilnehmer
    7. Dezember 2019 um 21:03

    " Loriot-Advent

    Advent Von Loriot
    Es blaut die Nacht. Die Sternlein blinken.
    Schneeflöcklein leise niedersinken.
    Auf Edeltännleins grünem Wipfel
    häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.

    Und dort, vom Fenster her durchbricht
    den dunklen Tann' ein warmes Licht.
    Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
    die Försterin im Herrenzimmer.

    In dieser wunderschönen Nacht
    hat sie den Förster umgebracht.
    Er war ihr bei der Heimespflege
    seit langer Zeit schon sehr im Wege.

    So kam sie mit sich überein:
    Am Nicklausabend muß es sein.
    Und als das Rehlein ging zur Ruh',
    das Häslein tat die Augen zu,

    Erlegte sie – direkt von vor'n
    – den Gatten über Kimm' und Korn.
    Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
    zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase.

    Und ruhet weiter süß im Dunkeln,
    Derweil die Sternlein traulich funkeln.
    Und in der guten Stube drinnen,
    da läuft des Försters Blut von hinnen.

    Nun muß die Försterin sich eilen,
    den Gatten sauber zu zerteilen.
    Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
    nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.

    Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
    – was der Gemahl bisher vermied –
    Behält ein Teil Filet zurück,
    als festtägliches Bratenstück.

    Und packt zum Schluß – es geht auf vier –
    die Reste in Geschenkpapier.
    Da dröhnt's von fern wie Silberschellen.
    Im Dorfe hört man Hunde bellen.

    Wer ist's, der in so tiefer Nacht
    im Schnee noch seine Runde macht?
    Knecht Ruprecht kommt mit goldenem Schlitten
    auf einem Hirsch herangeritten!

    »Heh, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
    die armen Menschen Freude machen?«
    Des Försters Haus ist tief verschneit,
    doch seine Frau steht schon bereit:

    »Die sechs Pakete, heil'ger Mann,
    's ist alles, was ich geben kann!«
    Die Silberschellen klingen leise.
    Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.

    Im Försterhaus die Kerze brennt.
    Ein Sternlein blinkt: Es ist Advent".

    Was hat das noch mit Humor zu tun?
    Da bringt eine Frau heimtückisch ihren Mann um und
    zerlegt den Leichnam kunstgerecht in zum Braten
    verwertbare Teile. Ein Stück behält sie für sich
    als Weihnachtsbraten. Aus dem Rest macht sie sechs
    Weihnachtspakete und übergibt diese dem Knecht
    Ruprecht. Dieser verteilt sie an arme Leute, die sich keinen Weihnachtsbraten leisten können.
    Eine Mörderin und Kannibalin zeigt "christliche
    Nächstenliebe".

    Würde man so etwas als Bühnenstück aufführen?

    "Der Loriot, der war bisher
    für mich ein geistreicher Charmeur
    hielt stets mit Witz und mit Humor
    uns allen den Narrenspiegel vor.

    Doch dieses Gedicht, ich fasse es kaum
    gibt Witz und Humor keinen Raum.
    Wer so was kleidet in Gedichte Form
    verletzt der Ethik hohe Norm."

  • Florena

    Teilnehmer
    8. Dezember 2019 um 12:54

    Nun ja, es ist von Loriot, da drückt man bei Ethik und Moral schon mal ein Auge zu.
    Ich kannte dieses Gedicht noch nicht und musste doch sehr schmunzeln 🙂 Loriot war halt ein begabter Mann mit viel Fantasie und Humor.

  • Robert13

    Teilnehmer
    8. Dezember 2019 um 17:23

    Hallo Zusammen,
    kann es nicht auch so sein:
    bei Loriot`s herrscht ausnahmsweise mal kein Gleichklang.
    Und ehe die –beste Ehefrau von allen- auf dumme Gedanken
    kommt, hat der Herr des Hauses flugs mal was aus der
    Feder gelassen, nach dem Motto: es kann in den besten
    Familien vorkommen.
    :-X :-I 🙂
    Gute Adventszeit
    Robert13

  • Paesi

    Teilnehmer
    8. Dezember 2019 um 17:46

    Gegen das Gedicht wurde nach Erscheinen protestiert.

    Aber geht es wirklich nur um Advent? Ich denke hier wird zugespitzt mit Ironie und schwarzem Humor auf etwas anderes aufmerksam gemacht. Da sind einerseits die typischen weihnachtlichen Symbole am Anfang, aber dann bringt die Försterin am Nikolausabend ihren Mann um, denn „ Er war ihr bei des Heimes Pflege seit langer Zeit schon im Wege“. Wer weiß, was sich da alles angesammelt hatte. Wer weiß, wie lange sie schon mörderische Gedanken hegte. Und um die Weihnachtszeit …. unbemerkt vom Rest der Welt.

    Haben es nicht auch Diebe um die Weihnachtszeit herum einfacher, an Beute zu kommen.

    Jedenfalls geht es nicht für mich darum, aus dem weihnachtlichen Fest eine schauerliche Angelegenheit ein Horrorszenarium im Allgemeinen zu machen. Er an die Spitze der Zuspitzung, das Makabere, gegangen.

  • Unbekannt

    Unbekannt
    8. Dezember 2019 um 18:33

    Ich find´s SUPER !!!
    Allein die Idee – Loriot eben. Spitze!!!

  • Fischersfruwe

    Teilnehmer
    8. Dezember 2019 um 19:20

    Genau. So sehe ich das auch. Das ganze weihnachtliche Getue ad absurdum geführt.
    Fifru

  • Piccoloechen

    Teilnehmer
    8. Dezember 2019 um 21:52

    Hallo Webra!

    Schwarzer Humor, der makabre Themen verharmlost aufgreift, ist nicht jedermanns Sache. Loriot seine Gabe, diese excellent und unnachahmlich darzustellen, ist einmalig. Man muss jedoch mit Satire umgehen können.

    Picco

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