Johanna und Clemens
Johanna und Clemens (lesefink)
Glück im, Doppelpack: Zwei Omas und zwei Opas, noch dazu in Rufweite ." KOMME SOFORT - PIONIERE " Brückenbauer für das Elternpaar, wenn es denn im Flusse der Zeit rudert und kämpft.
" Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein, wer ein holdes Weib errungen, stimme in den Jubel ein," -...es darf weiter gedacht und gedichtet werden. Band läuft. Die Musik Beethovens tut ein übriges. Jede Begegnung mit den Enkeln ist ein Fest.
Diesmal die Geburtstagsfeier von Opa Dieter. Der Himmel spielt mit, ein Sommertag, an dem die hohen Kiefern Signale ins Blaue senden: So soll es bleiben, heute, den ganzen Tag, Der Tisch auf der Terrasse ist festlich gedeckt. Mir gegenüber sitzt Clemens auf dem Schoß von Opa Dieter. Opa und Enkel bilden eine Einheit, mit Unterschieden, versteht sich. Opas Haar lichtet sich, zeigt einen grauen Schimmer, beim dreieinhalbjährige Blondschopf spielt das Sonnenlicht einen Goldton ein. Fest umschließen Opas den zarten Körper Aber sobald das Kaffeetrinken beginnt, rutscht Clemens natürlich auf den daneben stehenden Stuhl, widmet sich zunächst dem Rhabarberkuchen Hände und alsdann der Erdbeertorte. "die Sahne bitte extra , Opa". So geschieht es und der alte Knigge hätteganz gewiss seine helle Freude an d er Manierlichkeit beim Verzehr der Süßigkeiten gehabt.Geschickt trennt Clemens kleine Happen vom großen Tortenstück, verteilt die Sahne sorgfältig auf die einzelnen Bissen und pickt zum Schluss mit einem Zinken der Kuchengabel die Krümel auf- Gelernt ist gelernt und ich verhehle nicht, dass es ein ästhetischer Genuss ist ,den kleinen Knaben so manierlich essen zu sehen , ohne die Aktie des Elternpaares an den guten Tischsitten zu ü b e r sehen. .
Doch nun nimmt Johanna unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Das drei Jahre jüngere Schwesterchen liegt am Rande des Gartens im Kinderwagen, mit einer Gagedecke vor den Fliegen beschützt und zugleich behütet von den hohen Kiefern die mit ihren wedelnden Kronen ein kühles Lüftchen gewähren. .
Das Gros der Gäste ist versorgt und endlich kann sich die gastgebende Oma Ingrid ihren sehnlichsten Wunsch erfüllen:. Eilenden Schrittes geht sie zur kleinen Johanna, die sich zu räkeln beginnt. Auf ihrem Arm , das Goldkind fest an sich drückend , präsentiert sie uns voller Stolz den kleinen Wonneproppen. Die nächste Viertelstunde gehört ihr und der Enkeltochter. Die wird zum Gegenstand allgemeiner Bewunderung.. Ob sie später einmal , wie in Schiller´s " Jungfrau von Orleans" oder in Shaw´s " Heiliger Johanna" oder gar Brecht´s "Johanna" per Heilsarmee Mut und Entschlossenheit zeigt, um dem zaudernden König - bzw. demokratisch gedacht - einen führenden Politiker oder Wirtschaftsfachmann zum Wohle des Volkes auf die Sprünge zu helfen, steht noch in den Sternen. Aber nomen est omen und den Genen der beiderseitig couragierten Großmütter vertrauend. denke ich mit Fontane "Alles ist möglich". Jedenfalls ist die vor Kraft strotzende kleine Johanna mit ihrem rosa Schlafbäckchen Grund zur allgemeinen Freude.
Inzwischen ist das zweite Großelternpaar eingetroffen und nach der Gratulationscour und entsprechenden Kuchenportionen "enkel-einsatzbereit". Johanna landet auf Oma Ilses Schoß, indessen Opa Arno und Clemens "ein herz und eine seele" Fahrzeuge aller Art manipulieren. Das Kind im Manne zeigt auf der Erde hockend genau soviel Spielfreude wie der Enkelsohn.
Dann aber, mitten im Getümmel auf dem Weg vom Wintergarten zur Terrasse ist Lesezeit. Ungestört vom geschäftig hin und her getragenen Kaffeegeschirr, denn noch immer strömenDie Gäste herbei , sitzt Clemens zunächst auf Opa Arnos Schoß, später auf einem eigens dafür bestimmten Hocker. Sie l e s e n. . Das heißt Opa Arno liest vor. MitBetonung , wie er sagt, das ist wichtig für den Klang der Sprache Aber er nutzt auch den Zeigefinger um auf die Haltung der kleinen Bären aufmerksam zu machen Hinter ihnen stehend kann ich die dramatische Situation ebenso nachvollziehen wie Clemens, der gespannt und aufmerksam zuhört. Die beiden dann aus der Entfernung betrachtend , kommt mir die Teilung der Erde in den Sinn: Der Dichter, in diesem Falle der Zuhörer vor Jovis Thron, wird von Zeus gefragt, " Wo warst Du denn als ich die Welt geteilet,?" "Ich war", sprach der " oh Herr bei Dir, an Deinem Auge hing mein Angesichte, an Deiner Himmelsharmonie mein Ohr." " In diesem Falle also an Opas Stimme, die ihm vertraut ist vom vielen Vorlesen aus der "Clemens-Bibliothek", einer fahrbaren, denn Bücher sind immer mit auf der Reise und in Opa Dieter und Oma Ingrids Haus stehen sie auch. Da kann ich als Beobachter nur jubeln und mir von Herzen wünschen, dass die Liebe zum Buch bei vielen Kindern schon so früh entwickelt werde und Begeisterung weckt, , um bei Lesungen kompetentenHörern zu begegnen. Aber vielleicht kommen hier auch noch ein paar zusätzliche Genen ins Spiel und man wird sich dereinst nicht aufs lesen und zuhören beschränken und Rezensionen schreibend eben zeigen, "was Du ererbt von Deinen Vätern hast". Aus dem vom alten Goethe gewiss bewusst gesetztem Plural wird die Einbeziehung der Großväter deutlich. Keineswegs ist damit der große Anteil der Väter und Mütter bestritten, wenn an diesem Nachmittag die Enkel im Vordergrund stehen. Die Qualitäten v on Mathias, dem Vater und Mutter Juliane wären ein weiteres Kapitel für die Stammesgeschichte, zumal ich in engster Nachbarschaft den Sohn Mathias mit heranwachsen und sich zu einem hilfsbereiten jungen Mann und Meister qualifizieren sah. Und auch an Julianes Flötentöne und beider Hilfsbereitschaft erinnere ich mich gern.
Die Zeit vergeht und das Interesse richtet sich gerade im Alter noch einmal besonders auf die Jüngsten in ihrer Anmut. Wie eben jetzt, da Johane auf dem Schoß der Großmutteer Ilse - Oma Ingrid wieder im vollen Einsatz für das leibliche Wohl der Gäste sorgend - lächelnd ihre Sympathie auf die Gäste der Tafelrunde verteilt. Und was für ein Lächeln, Kein kunstvoll geübtes Lachen bis zum letzten Backzahn , mit dem glänzend weißen Gebiss kokettierend , nein es ist ein Babylächeln, natürlich und zugleich zauberhaft dieses zahnlose Lächeln, , eine Freundlichkeit ,die die Herzen erreicht.
Anmut sparet nicht noch Mühe, beides oft dicht beieinander.! Und so steht der Geburtstagsopa Dieter mit seinem assistierenden Enkel am Grill. Clemens achtet auf jeden Handgriff und merkt ihn sich.
Nichts Menschliches ist uns fremd und ergo treten die duftenden Bratwürste und der herrlich im Römertopf bereitete Kassler in den Mittelpunkt der Interessen . Salate aller Art und spitzengekrönter Spargel gehören dazu. . Der genussvolle Verzehr bestätigt die Visitenkarte der Gerloffs. Keiner schließt sich da aus . Auch Clemens´ Appetit wird wieder auf appetitlichste Weise gestillt. Plötzlich ein kleiner Fleck auf dem Tischtuch, ein Stückchen Fleisch ist vom Teller gefallen. Clemens ist betroffen, sogar ein paar Tränen kullern auf seinen Teller. - Kein Beinbruch, natürlich geht auch mal was daneben und was ein richtiger Junge ist, den muss das nicht stören.. Man sagt das so hin, aber in Zeiten, da Beschädigung und Zerstörung von Sachwerten und Gewalt drastisch zunehmen, ist Sensibilität bei einem kleinen Knaben durchaus beachtenswert, zumal seine ästhetische Vorliebe mit dem praktischen Verhalten im Alltäglichen übereinstimmt. Nach dem Abendessen sieht er, was jetzt gebraucht wird: Müllabfuhr.
Man kennt das, Eine ganze Serie Durst stillender Flaschen wurden im Laufe des Tages geköpft und hinterließen ihre Spuren. Die kleinen Deckelchen liegen verstreut auf der Abendtafel. Clemens verknüpft das Angenehme mit dem Nützlichen und holt sein kleines Auto plus Anhänger. Bei einer Tischrunde von Gast zu Gast , erweist er sich als kontaktfreudig und lädt nach und nach, dem Vorbild der Brandenburger Müllabfuhr entsprechend , die kleinen Dinger auf sein Auto Auch den Nachbartisch lässt er nicht aus. Vor ihm sind alle Gäste gleich, jedenfalls in diesem Punkt. Was aber die doppelten Opas und Omas angeht, so unterstützen sie natürlich die volkswirtschaftliche Leistung und sind wieder mal die Allerbesten.
Wie man dann allerdings den Heimweg antritt, sind Mutti Juliane und Vater Mathias persona grata, Johanna bekundet stillschweigendes Einverständnis , aber Clemens packt zu, alles was zum Gepäck der jungen Familie gehört schleppt er eifrig zum elterlichen Auto. Liebevoller Abschied vom Doppelpack der Omas und Opas!.
Alsdann: Bis zum nächsten "Tag der Großeltern." Warum gibt es den eigentlich nicht schon lange ?
Eine Geschichte von: lesefink
Kommentare