Die Mädel WG
Oh Mann, warum hatte er sich die Schuhsohlen wieder mal nicht sorgfältig genug abgestreift und warum sagte er nach dem Essen so verdammt selten, dass es ihm ausgesprochen gut geschmeckt hat. Auch wenn man genau sah, wie sehr es ihm schmeckte; man will es auch mal hören!
Warum sind Männer so...so....so unsensibel - wenn es nicht gerade um ihre eigene Person geht?
Ich holte den Handbesen und die Kehrschaufel und fegte irgendwie entmutigt, sein hinterlassenes Sohlenprofil in Form von kleinen angetrockneten Matschwellen zusammen. Herr Gatte war auf dem Grundstück tätig. Ich hörte dann und wann mal die Kettensäge und wenn die Pause hatte, seine Flüche.
Ich setzte mich mit einen heißen Tröstercappuccino ziemlich desillusioniert in meinen Lieblingssessel. Wie wäre mein Leben wohl verlaufen, hätte ich damals Kai-Uwe erhört oder gar geehelicht? Hätte der sich die Schuhsohlen sorgfältiger gereinigt, oder gar die Schuhe ganz ausgezogen? Würde der mich nach all den Jahren noch auf Händen tragen und meine Gourmetversuche aus der Küche über den grünen Klee loben? Meine Seele lechzte danach, wie meine Magennerven nach Cappuccino.
Ich sah entrückt in meine Kaffeetasse.
Realitätsbewusstsein und Märchenphantasie kämpften einen kurzen Kamp auf dem Milchschaum.
Ich erinnerte mich an meinen Jugendtraum: eine Mädel-WG.
Vielleicht wäre der gar nicht so unrealistisch gewesen, wenn ich mich nicht ständig von Männern daran hätte hindern lassen ihn umzusetzen. Aber ich hatte mich damals ja nicht gerade ungern von ihnen daran hindern lassen.
Schon im Alter von 13 Jahren hatte ich den Plan, mir später zusammen mit einer Freundin eine große Stadtwohnung zu mieten. Jeder sollte 2 Zimmer für sich haben und Küche, Bad, Gäste WC gemeinsam genutzt werden. In der Mitte der Wohnung stellte ich mir eine große Diele für uns beide vor, für den Empfang und eventuelle Bewirtung von Gästen. Natürlich war die Küche groß genug um darin gemeinsam mit Gästen zu kochen.
Bei Musik.
Tanzend und immer gut gelaunt.
Regelrechte Kochorgien.
Internationale Kochorgien, denn ich stellte mir vor, Frauen aus allen Herrenländern dazu einzuladen.
In all den Jahren hat sich diese Wohnung in meiner Phantasie vom Grundriss her nicht wesentlich verändert, nur in der Ausstattung hat sie sich der Zeit angepasst, ist moderner und praktischer geworden.
Ach, das wäre ein Leben geworden!!
So unter Frauen!
Keine Missverständnisse.
Immer Gesprächsthemen.
Wir wären natürlich bestens miteinander klar gekommen.
Allesamt Nichtraucher.
Raucherinnen kamen in meiner Phantasie nicht vor.
Alles andere war sooo leicht zu regeln.
Männer spielten eine nicht so große Rolle in diesem Kopffilm - sie liefen so nebenbei her; kamen und gingen - man war ja flexibel...
So hing ich lässig im Sessel sitzend, die Füße entspannt auf dem kleinen Tischchen abgelegt, meinem farbigen Jugendtraum nach.
Da betritt Herr Gatte die Bühne.
Sofort fällt mein Blick auf seine Füße. Sie sind schuhlos.... Ohhhh....
Herr Gatte strahlt stolz und selbstzufrieden.
Hasi, ich habe gerade die große Weide umgehauen, die dich schon immer geärgert hat. Die macht in diesem Jahr keinen Dreck mehr. Morgen werde ich sie zu Brennholz zerlegen. Und jetzt möchte ich mit dir einen Cappuccino trinken.
Ach, wie schön, er hat endlich diesen Dreckpropeller von Weide gefällt.
Ich fühle mich ertappt und schäme mich ein bisschen.
Herr Gatte hat aber zum Glück keinen Blick dafür, weil er mir die wichtigen Einzelheiten seiner Fällarbeiten erzählt.
So sitzen wir beide uns gegenüber, jeder mit Kaffeetasse in der Hand, unsere Füße treffen sich auf dem kleinen Tischchen und wir sind zufrieden.
Ich schäme mich immer noch ein bisschen...
Kai-Uwe hätte vielleicht die Schuhe gleich beim ersten Mal ausgezogen, aber hätte er auch einen Baum fällen können?
Handwerklich begabt war Kai-Uwe nie gewesen und in meiner Phantasie wird er ab sofort ein wenig farbloser
.
Köstlich köstlich....
Ich schliießeee mich an:
Ach wie bunt ist das Leben!