Partnerschaft im Wandel: Sexualität bei Senioren nach Prostatakrebs

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Die Diagnose Prostatakrebs verändert das Leben vieler Männer und ihrer Partnerinnen tiefgreifend. Besonders im höheren Lebensalter, wenn die Beziehung über Jahrzehnte gewachsen ist, stellt eine diese Krebserkrankung nicht nur den Körper, sondern auch die emotionale Nähe auf die Probe. Nach einer Prostata-Operation oder einer vollständigen Prostatektomie erleben viele Betroffene körperliche Veränderungen, die weit über den Eingriff hinausreichen. Themen wie Impotenz, Inkontinenz, eingeschränkte Potenz oder Unsicherheiten beim Geschlechtsverkehr gehören für viele Männer plötzlich zum Alltag.

Trotz medizinischer Fortschritte in der Behandlung von Prostatakrebs sind diese Folgen real und wirken sich direkt auf die Lebensqualität aus. Eine verminderte Erektionsfähigkeit, Veränderungen am Beckenboden oder Probleme mit der Blasenfunktion beeinflussen das Selbstbild und die Dynamik in der Partnerschaft. In der Klinik liegt der Fokus meist auf der Tumorbehandlung – doch das Leben mit Prostatakrebs umfasst weit mehr als den medizinischen Aspekt. Der Umgang mit Nähe, Scham, Verlustgefühlen und körperlicher Veränderung verlangt Geduld und gegenseitiges Verständnis.

Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um sexuelle Funktionen zu unterstützen oder wiederherzustellen – von Medikamenten über physiotherapeutisches Beckenbodentraining bis zu psychologischer Begleitung. Auch der Austausch in einer Selbsthilfegruppe hilft vielen Männern und Paaren, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen und Wege zu finden, wie Intimität und Vertrauen erhalten bleiben.

Der folgende Beitrag zeigt, wie Paare – insbesondere Senioren – nach einer Prostata-Operation oder einer Prostatektomie mit den körperlichen und seelischen Veränderungen umgehen können. Er beleuchtet, welche medizinischen, psychologischen und partnerschaftlichen Ansätze helfen, Sexualität und Nähe neu zu gestalten und die gemeinsame Lebensqualität zu stärken.

Prostata, Sexualität und Krankheit: ein Grundverständnis

Was hat die Prostata mit Sexualität zu tun?

Die Prostata ist eine Geschlechtsdrüse, die einen Teil der Samenflüssigkeit produziert. 
Außerdem ist sie räumlich und nerval eng mit Strukturen verbunden, die eine Erektion ermöglichen. Bei Operationen oder Strahlentherapie kann es zu Verletzungen dieser Nervenbahnen kommen, wodurch die Fähigkeit zur Erektion beeinträchtigt wird. 

Welche körperlichen Folgen haben Behandlungen bei Prostatakrebs?

Erektile Dysfunktion (ED) ist eine häufige Nebenwirkung nach Prostataoperation oder Bestrahlung. 
Hormontherapien führen oft zu verminderter Libido (sexuelle Lust). 
Nach Entfernung der Prostata kann es sein, dass ein Mann nicht mehr ejakuliert – da der Samenabschnitt, den die Prostata beiträgt, nicht mehr vorhanden ist. 

Weitere mögliche Veränderungen: Längenverlust des Penis, Gefäßveränderungen oder psychische Belastungen, die das Sexleben hemmen. 

Kann man ohne Prostata eine Erektion bekommen – und hilft Viagra?

Ja – auch ohne Prostata ist eine Erektion prinzipiell möglich, denn die Erektionsfähigkeit hängt nicht allein vom Vorhandensein der Drüse ab. Viagra (und andere PDE-5-Hemmer) können in vielen Fällen helfen, eine Erektion zu erzeugen oder zu unterstützen. Es hängt von der individuellen Nervsituation ab (wie stark Nerven geschädigt sind). 

Wenn die Nervschädigung stark ist, reichen Medikamente allein nicht. Dann kommen Hilfsmittel wie Vakuumpumpen, erektile Implantate oder assistierende Therapien in Betracht. 

Nach Prostata-OP: Kann man noch ejakulieren?

Nach Entfernung der Prostata ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass kein sichtbares Ejakulat mehr entsteht, da das Drüsengewebe fehlt, das normalerweise Flüssigkeit beiträgt. 
Das heißt: Orgasmen sind weiterhin möglich, oft als „trockener Orgasmus“. 

Für viele Männer und Partner ist diese Veränderung beunruhigend – das heißt nicht, dass sexuelles Empfinden oder Intimität nicht mehr möglich sind.

Was sollte man bei Prostatakrebs nicht tun – aus Sicht von Sexualität und Partnerschaft

Schweigen über Ängste: Wenn man Probleme verschweigt, isoliert sich derjenige – das belastet beide Partner.

Druck erzeugen: Den anderen sexuell „zurückfordern“ oder Erwartungen aufzwingen verschlimmert oft seelischen Stress.

Allein auf Medikamente setzen: Medikamente helfen in vielen Fällen, aber allein reichen sie nicht immer aus. Ergänzende Therapien und Gespräche sind nötig.

Ignorieren der Partnerschaft: Die Partnerin oder der Partner leidet oft mit – ihre/seine Gefühle und Bedürfnisse dürfen nicht außen vor bleiben. 

Überempfindlichkeit auf Leistung: Wenn nur Leistung im Fokus steht (Penis steif oder nicht), gerät die Intimität aus dem Blick.

Nach Prostatakrebs: Wie beeinflusst sich das Sexleben der Partnerin oder des Partners?

Studien zeigen: Die Partnerinnen leiden oft unter der neuen Situation – nicht selten stärker emotional als der Tumorpatient selbst. 

Typische Probleme sind:

  • Angst, abgelehnt zu werden oder „nicht mehr geliebt“ zu werden
  • Gefühl, weniger attraktiv zu sein
  • Unzufriedenheit mit Einschränkungen
  • Frust oder Trauer über das, was verloren scheint
  • Überforderung durch die Pflege- oder Krankheitsrolle

Für viele Paare verändert sich das sexuelle Zusammensein – weniger auf Penetration ausgerichtet, mehr auf Nähe, Zärtlichkeit, alternative Formen der Intimität.

Als Partnerin oder Partner ist es hilfreich:

  • Offen zu reden: Gefühle teilen, ohne Vorwurf, mit Verständnis
  • Gemeinsam Lösungen suchen: Therapieangebote, Sexualberatung, medizinische Hilfe
  • Intimität neu definieren: Küsse, Massagen, Kuscheln oder sanfte Berührungen
  • Geduldig sein: Heilungsprozesse, Rückfällen oder Therapiezyklen brauchen Zeit

Strategien und Hilfen: Wie kann man das Sexualleben neu gestalten?

Medizinische und therapeutische Unterstützung

  • Medikamente wie PDE-5-Hemmer (z. B. Viagra)
  • Vakuumpumpen
  • Erektile Implantate
  • Physiotherapie und Beckenbodentraining
  • Sexualtherapie oder Paarberatung

Diese Angebote ergänzen sich oft – die Kombination kann wirksamer sein als eine einzelne Maßnahme. 

Bewegung und Lebensstil

Körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung und kann Erektionsstörungen lindern. 

Auch Gewichtskontrolle, gesunde Ernährung und Verzicht auf Nikotin oder übermäßigen Alkohol helfen.

Kommunikation und Paarstrategie

  • Offene Gespräche ohne Schuldzuweisungen
  • Neudefinition von Intimität (z. B. andere sexuelle Praktiken, sanfte Berührungen)
  • Gemeinsame Therapie oder Beratung
  • Geduld mit Rückschlägen

Besonderer Blick auf Senioren

Im Alter verändern sich körperliche Reserven, Hormone und Heilungseffekte. Senioren profitieren besonders von einem sensiblen Herangehen:

  • Realistische Erwartungen an Erektionsfähigkeit
  • Fokus auf Nähe statt Leistung
  • Schonende Behandlungsformen (nervschonende Operationen)
  • Integration körperlicher Aktivität in den Alltag

Fragen und Antworten kompakt

Was sollte man bei Prostatakrebs nicht tun?
Schweigen über Probleme, unrealistische Erwartungen, Versuch, Leistung zu erzwingen, und Ignorieren der Partnerschaft.

Was hat die Prostata mit Sexualität zu tun?
Sie liefert einen Teil des Ejakulats, liegt in direkter Nähe zu Nervenbahnen, die eine Erektion ermöglichen, und ist Teil des Körpersystems der männlichen Sexualfunktion.

Kann man nach einer Prostata-OP noch ejakulieren?
Nicht im gewohnten Sinn – sichtbares Ejakulat ist oft nicht mehr möglich. Orgasmen sind aber weiterhin möglich.

Prostata Hilfe Deutschland – eine Anlaufstelle

Die Organisation Prostata Hilfe Deutschland informiert Betroffene und Partner über Prostatakrebs, Nebenwirkungen und Hilfsangebote. Sie veröffentlicht Beiträge zu sexuellen Themen nach Prostatakrebs, inklusive Ratschlägen zum Umgang mit Erektionsstörungen. 

Fazit

Sexualität nach Prostatakrebs erlebt viele Veränderungen – körperlich, emotional und partnerschaftlich. Gerade für Senioren ist die Anpassung oft schwierig, aber keine Unmöglichkeit. Durch Offenheit, medizinische Hilfe, Therapie und ein neues Verständnis von Intimität lässt sich das gemeinsame Leben weiterhin erfüllend gestalten. 

Weiterführende Informationen und Hilfsangebote

Medizinische Informationen und Aufklärung

Prostata Hilfe Deutschland
 – Informationen zu Diagnose, Behandlungsmöglichkeiten und Sexualität nach Prostatakrebs.

Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)
 – Medizinische Leitlinien, aktuelle Forschung und Patientenratgeber.

Krebsinformationsdienst (DKFZ)
 – Wissenschaftlich geprüfte Informationen zu Diagnose, Therapie und Nachsorge.

Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)
 – Fachärztliche Informationen zu Prostata-Operation, erektiler Dysfunktion und Beckenbodentraining.

Beratung, Austausch und Selbsthilfe

Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS)
 – Selbsthilfegruppen und Erfahrungsaustausch für Betroffene und Partnerinnen.

Deutsche Krebshilfe
 – Kostenlose Beratung, Broschüren und Unterstützungsangebote.

Leben mit Prostatakrebs
 – Erfahrungsberichte, psychologische Begleitung und Alltagstipps.

Onko Internetportal
 – Informationen zu Lebensqualität, Sexualität und Partnerschaft nach Krebs.

Therapie, Rehabilitation und Lebensqualität

AOK Gesundheitsmagazin – Leben ohne Prostata
 – Aufklärung zu körperlichen Veränderungen nach einer Prostatektomie.

Westdeutsches Prostatazentrum Köln
 – Informationen zu modernen Operationsmethoden und Nachsorge.

Deutsche Rentenversicherung – Reha bei Krebserkrankungen
 – Hinweise zur medizinischen Rehabilitation nach Krebs.

Psychologische und partnerschaftliche Unterstützung

Psychoonkologische Beratungsstellen (DKG)
 – Hilfe bei seelischen Belastungen nach einer Krebsdiagnose.

Familienportal des Bundes
 – Informationen für Angehörige und Partnerinnen von Krebspatienten.

TelefonSeelsorge Deutschland
 – Kostenfreie und anonyme Unterstützung rund um die Uhr.

Bewegung und Rehabilitation

Beckenbodentraining nach Prostata-OP (DKG)
 – Anleitungen und Tipps zum gezielten Training nach der Operation.

Sport und Krebs – Deutsche Sporthochschule Köln
 – Empfehlungen für körperliche Aktivität in der Krebsnachsorge.

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