ili_schieli
Der Preis des Ruhms - Eine kleine Satire
13. August 2009 in Weblogs
Der Preis des Ruhms - Eine kleine Satire (boustrophedon)
Wieder einmal ist ein Stück abgespielt. Es ist immer traurig, wenn es vorbei ist. Und bald schon vermisst man die Wogen des Applauses, die einem förmlich von der Bühne direkt in die Garderobe spülen.
Gut, gut, acht oder neun Vorhänge müssen schon sein, da muß man durch, da muß man eben immer und immer wieder raus. Dann aber kommen schon die Reinemachefrauen und fegen die Berge von Blumen, Schlüpfer und Teddybären von der Bühne. Ein oder zwei Transparente mit der Aufschrift "Matthias, ich will ein Kind von Dir" sind auch meist dabei. Nun gut, so ist eben der Alltag.
Auf dem Weg in die Umkleideräume verebben langsam die wütenden Stimmen der Frauen, denen die Security gewohnt durchsetzungskräftig den Weg durch die Korridore versperrt.Ich werfe noch ein gutes Dutzend Autogrammkarten in die Menge, quasi als Trost, und wende mich dann schnell ab. Ich kann diese fiesen Schlägereien um diese Karten einfach nicht ab.
Ich setze mich, etwas ermattet, vor meine Spiegel und schminke mich ab. Immer wieder klopft es und der Hausmeister bringt jedesmal ein paar Bouquets herein und bittet mich noch um ein Autogramm, für seine Enkel, wie er sagt.
Als sich die Tür wieder hinter ihm schließt, nehme ich noch schnell ein Näschen Schnee. Ich will schließlich nachher nicht schlappmachen, auf der Party bei Ochsenknechts. Mal sehen, ob die Ferres heute wieder nackt auf dem Tisch tanzt, wenn die Bowle leer ist, höhöhö!
Die Maske hat mich heute mal wieder so richtig vollgekleistert mit Grundierung W5. Als ob ich das nötig hätte! Man kriegt das Zeug mit den Feuchttüchern kaum wieder raus aus den Poren.
Hasi, mein öliger Agent, kommt herein ohne zu klopfen und ruft mir zu, daß die Stretch-Limo da sei. Gut! Ich lege noch die letzten Goldkettchen an, noch etwas Gel ins Haar und dann los. Fast hätte ich die Sonnenbrille vergessen. Ohne geht es nicht, Du weißt ja wie das ist.
Ich schreite dynamisch durch die schwach erleuchteten Korridore, die Bühnenarbeiter und Roadies nicken mir ehrfürchtig zu, mit jedem Schritt nähere ich mich dem Bühnenausgang. Da ist er schon. Ich atme tief durch, nehme mich zusammen, der Wachmann ruft "Er kommt!" und öffnet mir schwungvoll die Tür. Dieses Geschrei!!!
Zwischen mir und der Limo liegen nur etwa zehn oder zwölf Meter und doch braucht es die geballte Kraft der Security, um mir die Menge der kreischenden Teenies und deren Mütter vom Leibe zu halten. Ekelhaft! Ich lächle ihnen zu und denke mir während ich mich in die weichen Elefantenhodenlederpolster fallen lasse:
Wäre ich doch nur Fleischer geworden, wie der Herr bei der Berufsberatung damals vorgeschlagen hat.
DAS wäre ein Leben!
Ein Text von: boustrophedon
Die Olympischen Spiele 2008 zu Peking
29. September 2008 in Weblogs
Die Olympischen Spiele 2008 zu Peking (boustrophedon)
Dabei sein ist alles? Dazu ein paar Gedanken.Sie sind nun seit ein paar Tagen vorbei, die Spiele. Sie waren beeindruckend, prachtvoll, perfekt organisiert.
Die Eröffnungsfeier war ein Gang durch die chinesische Geschichte, bei dem man die vielen Errungenschaften Revue passieren ließ. Merkwürdigerweise fehlten die letzten hundert Jahre. Von der Qing-Dynastie, die 1911 ihr Ende fand, sprang man, fast schamhaft, direkt in die Gegenwart. Alles, worauf man noch vor zwanzig Jahren so mächtig stolz war, wurde jetzt komplett ausgeklammert.
Ein besonderes Highlight war für mich der Aufmarsch der Athleten, nach Ländern sortiert. Auf den Ehrenplätzen saßen Scharen von Staatsoberhäuptern, die ihre Sportler begrüßten; so auch George Dabbelju Bush. Als seine US-Helden einmarschierten sah man ihn stehend mit der Hand auf dem Herzen. So gehört es sich und so sieht man es gern. Als allerdings die winzige Delegation der ebenso winzigen Insel Guam einmarschierte, erwischte ihn die Kameraregie gelangweilt beim Nasenbohren. Das war keineswegs Mißachtung von ihm. Weit gefehlt! Er wußte schlichtweg nicht, daß er auch das Staatsoberhaupt von Guam war!!! Ich wußte es, und ich bin nicht der Präsident der Vereinigten Staaten. Ich sitze noch nicht mal im Ludwigshafener Stadtrat! God bless America.
Die Massendarbietungen wurden in ihrer Perfektion und Präzision nur noch von der Eröffnungsfeier in Berlin 1936 übertroffen. Knapp! Aber das war ja auch die SA. Das macht mir etwas Angst.
Zum Glück hat die Präsentation Londons bei der Abschlußfeier gezeigt, daß wir 2012 wohl keine Roboterparaden zu befürchten haben werden. Londons Oberbürgermeister Boris Johnson kam zur Übergabe der olympischen Fahne ungekämmt, mit offenem, zerknittertem Jackett und den Händen in den Taschen. Er blinzelte verlegen ins grelle Flutlicht, als ob man ihn gerade noch rechtzeitig von der Couch seiner Kumpels gezogen hätte, auf der er nach der feuchtfröhlichen Willkommensparty eingenickt war. Das läßt hoffen!
Die Schwimmwettbewerbe wurden mir durch die neue Kleiderordnung gründlich verdorben. Selbst wenn die Teilnehmer auf den Startblöcken standen, erschloß sich das Geschlecht des Athleten nur durch einen Blick auf die Anzeigetafel. Die Weltrekorde purzelten in solcher Fülle, als sei das Schwimmen erst vor drei Jahren erfunden worden. Es soll mir bitteschön keiner erzählen, das läge an den neuen Anzügen. Eine Staffel hat den Weltrekord gar um ganze sechs Sekunden verbessert. Waren zuvor in dieser Disziplin nur Nichtschwimmer am Start?
Der Medaillenspiegel spricht, richtig gelesen, eine sehr deutliche Sprache. Während alle (!) anderen Nationen etwa gleich viele Gold-, Silber- und Bronzemedaillen erringen konnten, hatte China mehr Goldmedaillen als Bronze- und Silbermedaillen zusammen. Das läßt nur den Schluß zu, dass man lediglich den vermeintlich sicheren Sieger zum Wettkampf zugelassen hat, während der zweit- oder gar drittbeste Chinese mit Schimpf und Schande aus dem olympischen Vorbereitungslager gejagt wurde. Schon der Gewinner einer Silbermedaille wird als Versager betrachtet. Olympischer Geist?
Das Dopingproblem ist, scheint mir, endgültig gelöst. Von über 8000 Proben wurde nur etwa ein Dutzend positiv getestet. Die Tatsache, daß die Weltrekorde bei diesen Olympischen Spielen purzelten wie die Springer vom Turm muß dann eben andere Gründe haben. Die Dopingexperten sind nun aber nicht allesamt dämlich, zumindest nicht dämlicher als ich. Auch ihnen wird gedämmert sein, daß da noch etwas zu entdecken ist. Aber was? Solange man nichts Greifbares in den Händen hält, hält man wenigstens den Mund. Nach anabolen Steroiden, Erythropoetin und Testosteron tippe ich diesmal auf körpereigene Botenstoffe.
Pierre de Coubertin rotiert schon lange im Grab. Jetzt, glaube ich, hat er noch ein paar Umdrehungen zugelegt.
Als der chinesische Hürdenläufer Liu Xiang wegen Verletzungspech seinen Start abbrechen mußte, war das eine nationale Katastrophe. Sein Trainer Sun Haiping entschuldigte sich auf einer Pressekonferenz unter Tränen in einer Weise, die mich sofort an die Tränen der "ertappten Volksschädlinge und Rechtsabweichler" erinnerte, die auf diese Weise vor einigen Jahrzehnten vor den Tribunalen der Roten Garden eine Einlieferung ins Arbeitslager abzuwenden versuchten. Ich weiß wovon ich rede!
Wie kann es sein, dass auf dem Jackett jedes Reiters fett der Name des Ausrüsters prangte, wo doch bei den Olympischen Spielen jegliche Werbung untersagt ist. Hoch zu Roß sieht man offenbar über manches hinweg. Diesmal rotiert Avery Brundage. (Wikipedia hilft!)
Den Athleten und Offiziellen zur Seite stand eine Armee von geklonten Püppis mit Zahnpastalächeln. Aber seien wir ehrlich, das ist bei jeder Olympiade so. In München hat sich ein solches Püppi sogar einen König geangelt.
Einige Sportarten habe ich mit besonderem Interesse verfolgt:
- Das Synchronschwimmen, weil ich das so unbeschreiblich albern finde. Allein die Nasenklammern und dann dieses ewig gequält-kranke Zwangslächeln über und unter Wasser, während die Füße in der Luft zappeln.
- Tae-kwon-do, wo türkische Schläger in deutschen Trikots schreien, treten und sich schlagen mit Schlägern anderer Nationen.
- Das Kinderturnen, wo sich 11-jährige Chinesinnen mit 16-jährigem Pass mit anderen retardierten Hormonmangelpatientinnen aus anderen Staaten messen. Bravo, patpatpat, Zuckerchen!
- BMX, wo erwachsene Männer auf Kinderfahrrädchen über eine bucklige Carrera-Bahn strampeln.
- Das Turmspringen, wo es manchen Wettkämpfern gelingt, nach elffachem Salto und achtfacher Schraube (gehechtet) ins Becken einzutauchen, ohne daß die Wasseroberfläche es bemerkt.
Ich habe früher selbst Gewichtheben gemacht. Nichts dolles, aber immerhin. Mit meiner Bestleistung wäre ich auf diesen Olympischen Spielen fünfzehnter geworden! - Allerdings nur in der Klasse der Frauen bis 48 Kilo Körpergewicht.
Ein Text von boustrophedon