von Helli

Schlaflos in der Eifel

10. März 2009 in Weblogs

Schlaflos in der Eifel (Eifel-Rosi)

Der frische Mikrofaser-Bettbezug duftete nach Vanille-Weichspüler, die Luxus-Kaltschaummatratze schmiegte sich jeder Körperbewegung an und das Kopfkissen hatte die optimale Dicke. Und doch wälzte sich Karin wieder einmal von einer Seite zur anderen und konnte partout nicht einschlafen. Dabei waren ihr doch schon auf der Couch vor dem Fernseher die Augenlider zugefallen. Mit einem Auge linste sie durch die Ritzen der locker heruntergelassenen Jalousie, ob es eventuell der Vollmond war, der sie vom Schlaf abhielt. Kein Mond war zu sehen. Kein Auto fuhr vorbei, kein Flugzeug war zu hören. Verdammt, dachte sie, morgen früh muss ich früh aufstehen, ich muss jetzt schlafen.

Sie versuchte, sich zu entspannen. Legte sich auf den Rücken, ließ sämtliche Muskeln locker, atmete tief ein und aus. Nichts. Ihr fiel ein, dass sie vergessen hatte, Tinas Jeans aus dem Trockner zu nehmen und dass es am Morgen mit Sicherheit empörende Aufschreie geben würde, wenn ihre Tochter ihre Lieblingshose verknittert würde anziehen müssen.Mit einer halben Drehung nach rechts versuchte Karin, in einer bequemen Seitenlage Schlaf zu finden und vernahm gleichzeitig Kurts lautes regelmäßiges Schnaufen. FFFfff. Vorboten einer nächtlichen Ruhestörung, auf die Karin förmlich wartete.Oh nein, dachte sie, drehte sich zur anderen Seite und knüllte sich ihr Kopfkissen so unter den Kopf, dass ihr unteres Ohr fest darin hineinkuschelte. Mit dem anderen Ohr aber hörte sie kurz darauf ein lauter werdendes RRRrrh. Dass Kurt aber auch immer dann schnarchen musste, wenn sie nicht schlafen konnte. Vorsichtig griff sie mit der freien Hand nach hinten und zupfte ganz vorsichtig an seiner Bettdecke.

Wenn sie doch nur so schlafen könnte wie er. Sie beneidete ihn um die Fähigkeit, innerhalb kürzester Zeit in seligen Schlaf zu fallen. Wenn Karin abends aus dem Bad leise und barfüßig ins Schlafzimmer tappte, dann lag er längst unter der Bettdecke und schlief. Karin hätte ihm gerne noch einen Gutenachtkuss gegeben, sich ein wenig an ihn gekuschelt oder ein paar schlaftrunkene Worte mit ihm gesprochen, so wie früher, in den ersten Jahren ihrer Ehe. Doch in letzter Zeit verfiel er immer öfter dermaßen schnell in den Tiefschlaf, dass er es kaum schaffte, das letzte Bein unter die Bettdecke zu bringen.Ja, Kurt jedenfalls konnte schlafen. Nur leider nicht besonders leise. Früher hatte Kurt nur geschnarcht, wenn er ein paar Gläser Bier zuviel getrunken hatte. Doch mit zunehmendem Alter schnarchte Kurt immer öfter, immer länger und immer lauter. Und Karin litt.

Nicht hinhören, dachte sie, an etwas Schönes denken. Ich will jetzt einschlafen. Stattdessen aber schienen Karins Gedanken in ihrem Gehirn gerade wilde gymnastische Übungen zu vollführen und überhaupt nichts von Ruhe zu halten. Vom vergessenen Blumengießen über Tims schlechte Mathenoten, Tinas pubertäre Antihaltung bis hin zur familiären Finanzplanung ging ihr alles durch den Kopf. Nur der Schlaf wollte sie nicht übermannen. Als sie sich schließlich vorstellte, bei sich selbst ein Knöpfchen auf "off" zu stellen, geriet sie schließlich in ein leichtes Hinüberschummern, dass jedoch abrupt von einem lauten "GRRgrr" unterbrochen wurde."Verdammt" murmelte sie und stieß ihren Arm nun ziemlich unwirsch zu der Seite, auf der ihr liebster aller Ehemänner fröhlich weitersägte. Sie schüttelte ihn, woraufhin er irgendetwas brummelte, sich herumdrehte und weiterschlief. Ein paar Minuten herrschte Ruhe. Karin war wieder hellwach. Hin und her gerissen zwischen zunehmender Wut und dem verständnisvollen Bewusstsein, dass ja auch Kurt seinen wohlverdienten Schlaf brauchte, versuchte sie, sich in einen yogaähnlichen Zustand zu versetzen und Geduld zu üben.Nun war es nicht so, dass Kurt dauernd schnarchte. Es gab auch Phasen, in denen er ganz ruhig und tief ein und aus atmete. Karin lag neben ihm und wartete. Sie wartete sowohl darauf, dass sich der Schlaf einstellte als auch darauf, dass Kurt wieder schnarchte.Nach einer halben Stunde, in der sie in regelmäßigen Abständen die weiterwandernden Zahlen des digitalen Radioweckers beobachtete und auf das das mit Sicherheit bald wieder einsetzende Schnarchgeräusch wartete, war es dann soweit. HRHRhrhr! Karin versetzte ihrem röhrenden Ehemann einen solchen Knuff, dass er abrupt für kurze Zeit aus seinem Tiefschlaf aufwachte und - ohne es wirklich wahrzunehmen - fragte: "Was ist?"Dann drehte er sich wieder herum und schwebte binnen weniger Minuten erneut in den seligsten Gefilden.Es war mal wieder eine Nacht, wie sie Karin in letzter Zeit oft durchlitt.Hatte sie es trotz aller Widrigkeiten geschafft, endlich einzuschlafen, dann tauchte in aller Regelmäßigkeit das gleiche Problem mitten in der Nacht noch einmal auf, wenn sie auf Grund eines plötzlichen überlauten CHrchrchr erschrocken hochfuhr. Und wenn sie dann schon einmal wach war, musste sie eben noch aufs Klo und befand sich dann endgültig im Wachzustand. Ins warme Bett zurückgekehrt, ging das ganze Spielchen auf Neue los. Sie war sauer.

Wenn sich Karin morgens beim Frühstück beschwerte: "Oh Mann Kurt, was hast du heute Nacht wieder Holz gesägt!", dann antwortete er ganz entrüstet: "Ich? Geschnarcht? Das kann nicht sein! Ich hab´ nichts gehört."

Karin hatte das Problem bereits in allen Einzelheiten mit ihren Freundinnen besprochen, die ähnliche Erfahrungen mit ihren Männern hatten. Die Ratschläge, sich ein Anti-Schnarch-Kissen anzuschaffen oder sich Mittelchen aus der Apotheke zu besorgen, hatte sie bisher aus dem Grund noch nicht berücksichtigt, weil sie nicht daran glaubte, das so etwas helfen könnte. Den Tipp, zu pfeifen, konnte sie kaum umsetzen, weil sie selbst viel zu müde war, mitten in der Nacht ihre Lippen zu spitzen und ihnen Pfeiftöne zu entlocken. Ohrstöpsel hatte sie sich angeschafft. Sie hasste aber dieses dumpfe Nach-innen-hören und konnte nicht umhin, trotzdem noch zu horchen, ob Kurt immer noch schnarchte. Ihm die Nase zuzuhalten scheiterte meistens daran, dass sie diese im Dunkeln nicht fand und eine Nasenklammer anzulegen, weigerte sich Kurt strikt.Dem Tipp ihrer Freundin Walburga, doch einfach in getrennten Zimmern zu schlafen, wollte Karin partout noch nicht folgen. Was war denn das für eine Ehe, wenn man nicht einmal mehr zusammen schlafen konnte? Nun ja.

Vor kurzem plagte Karin eine leichte Erkältung. Sie hatte Schnupfen und bekam schlecht Luft durch die Nase. Als sie nachts durch ein gewohntes Geräusch wach wurde, wollte sie Kurt gerade einen Schubs versetzen. Doch unerwartet nahm sie wahr, dass das Geräusch aus ihrem eigenen Rachen kam. Sie konnte es nicht fassen, was sich dort gerade ohne ihren Willen und ohne Bewusstsein in ihren Atemwegen abgespielt hatte und hoffte inständig, dass sie Kurt nicht geweckt hatte.Am nächsten Morgen beim Frühstück sagte Kurt mit einem breiten, schadenfrohen, aber auch verständnisvollen Lächeln: "Übrigens, du hast heute Nacht geschnarcht".

Ein Text von: Eifel-Rosi

von Helli

Generationenprobleme

10. März 2009 in Weblogs

Generationenprobleme (Eifel-Rosi)

"Hey Oma, cooles Outfit" Tina musterte ihre Oma, die mit Opa zum sonntäglichen Mittagessen angereist war. Die Blümchenbluse, die aussah wie ein Relikt aus den fünfziger Jahren, weckte Tinas Interesse. Oma Anita jedoch erkannte nur aus den Blicken ihrer Enkelin, was sie sagen wollte.
"Na Tom, mein Junge, wie geht´s denn so, was macht die Schule?" Opa Anton klopfte seinem Enkel zur Begrüßung auf die Schulter. "Alles easy, Opa."
"Tja, der Tom ist voll beleuchtet, Opi, hat er wohl von dir was?" bemerkte Tina mit einem kleinen Stich Eifersucht in der Stimme.

Opa Anton verstand nur Bahnhof und hätte hier nicht sein Sohn Kurt eingegriffen und seine Eltern zum Essen an den schön gedeckten Sonntagstisch gebeten, hätte er mit dem Blick auf Toms Ohrringe, die mittels Gel steil in die Luft stehenden Haare und das knatschgelbe T-Shirt nur noch mit dem Kopf schütteln können. Ganz zu schweigen von der Hose, deren Po-Teil viel zu weit geraten schien und im Schnitt so tief herunterhing, dass von Toms kleinen Pobacken mindestens vier hineingepasst hätten. Auf dem Weg zum Esstisch machte Anton seinen Enkel dann noch aufmerksam: "Tom, deine Schnürsenkel sind offen. Fall nicht drüber!"

"Das ist heute so, Vater" klärte Kurt ihn auf. "Ich verstehe zwar auch nicht, wieso man so herumlatschen kann, aber … na ja. Und was die Kinder dir eben sagen wollten war, dass Tom die Schule leicht fällt und dass er die Intelligenz vielleicht von dir geerbt hat."
"Em - von mir etwa nicht?" wandte er sich leicht beleidigt an seine Tochter, die eine Duftmischung aus Duschzeug, Haarspray und Parfüm hinter sich her zog. Und das zum Essen.

Karin erschien, um ihre Schwiegereltern zu begrüßen. Sie hoffte inständig, zumindest die erste Hälfte des aufwändig gekochten Mittagsessens ohne die üblichen Konfrontationen zu überstehen. Ohne, dass die Kinder am Essen herummäkelten und ohne dass ihre Schwiegereltern missbilligend den Kopf schütteln würden, beleidigt wären oder an den Erziehungsmethoden der jüngeren Generation etwas auszusetzen hätten. Jedes Mal, wenn sie zu Besuch kamen, hatte Karin den Eindruck, auf einem gefällten glitschigen Baumstamm zu balancieren und mit ziemlicher Sicherheit irgendwann nach einer Seite hin auszurutschen. Entweder waren es die Schwiegereltern, die angesichts der jungen Generation die Welt nicht mehr verstanden oder aber ihre Kinder, die sich in ihrer jugendlich-pubertären Art gegen alles abgrenzten, was "alt" war und keine Ahnung hatte."Karin, hmm, riecht aber schon gut aus der Küche" Schwiegermutter Anita schien gut gelaunt zu sein. "Hättest dir wegen uns nicht so viel Arbeit zu machen brauchen".

Als Karin sich wieder in die Küche verzog und Kurt zur Feier des Tages eine Flasche Wein entkorkte, versuchte Opa Anton das Gespräch mit seinen Enkeln wieder aufzunehmen. "Und du Tina? Warst du gestern Abend tanzen?""Nee, bin nur n´ bisschen mit meinen Freundinnen rumgecruist. Wir haben ne coole Location entdeckt, mit super Mucke, ziemlich groovie! Hatten mega fun, aber irgendwann kamen so n´ paar Prolls, die haben uns so vollgetextet, dann haben wir uns verpisst."

Außer dem letzten Wort, auf das hin sie zuckte und geringschätzig den Mund zusammenkniff, hatte Oma Anita kaum etwas mitbekommen.
"Hey" bemerkte Tom noch dazu, ihr hättet mal sehen sollen, wie abgefahren die Tina aufgemotzt war. Voll krass, ey."

Karin brachte die Suppe. Rindfleischsuppe mit Sago, untergehobenem Ei, schön in der Suppenterrine mit Petersilie überstreut. Omas Lieblingssuppe.
"Iih Mama, das Grünzeug hättest du auch knicken können. Und diese runden Dinger hier sehen aus wie Froschlaich, igitt."Karin verdrehte die Augen, gab ihrer Tochter unter dem Tisch einen kleinen Tritt gegen das Schienbein und rechnete jetzt schon damit, dass ihre Schwiegermutter später wieder von schlecht erzogenen Kindern reden würde.Beim Hauptgang mit Rinderbraten, Kartoffeln und frischem Spargel stocherte Tom nur angewidert in einer einzigen Kartoffel und einer dicken Stange Spargel herum.
"Schmeckt es dir nicht, Kind?" fragte Oma Anita, während sie kritisch prüfte, ob sich der Spargel auch wirklich gut schneiden ließ und Karin ihn auch ordentlich geschält hatte."Nee, tote Tiere ess ich nicht und auf so´n unterirdisches Weißzeugs hier habe ich auch keinen Bock. Ich hätte jetzt höllisch Lust auf ne Mafiatorte."
"Was ist das denn?" Oma Anitas Gesichtsausdruck verriet eine zumindest leichte Irritation."Pizza" übersetzte Kurt, der täglich neue Vokabeln aus der Sprache seiner Kinder dazu lernte."Aha".
Die Tatsache, dass man nun schon innerhalb der Familie einen Übersetzer benötigte, machte auch Opa Anton zu schaffen. Ganz in Gedanken versunken führte er weiterhin äußerst gesittet seine Gabel zum Mund und hörte nur mit einem Ohr hin, als Karin versuchte, ein wenig verständliche Konversation zu machen.Vor dem Nachtisch bat Tina: "Habt ihr was dagegen, wenn ich die Fliege mache? Muss mal n bisschen chillen.""Ich auch" meldete sich Tom, "muss mir noch ein Hammer Spiel runterladen aus dem Net und nachher geh ich noch zu Mike zum Chatten."
Plötzlich lächelte Opa Anton verschmitzt. "Ja geht nur "Kids" sagte er. "Äh - eigentlich wollte ich euch ja noch…em, nach dem megageilen Essen und nem hammer Nachtisch noch ein bisschen Knete, Benunze, Kohle da lassen. Ohne Scheiß. Aber wenn ihr keinen Bock habt…"
Wie angegossen blieben Tom und Tina mit offenen Mündern auf ihren Stühlen sitzen.
"Opa, alles in Ordnung?"

Ein Text von: Eifel-Rosi

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