Die 29. Olympischen Spiele 2008 zu Peking (Teil 1)

Dabei sein ist alles? Dazu ein paar Gedanken.

Sie sind nun seit ein paar Tagen vorbei, die Spiele. Sie waren beeindruckend, prachtvoll, perfekt organisiert.

Die Eröffnungsfeier war ein Gang durch die chinesische Geschichte, bei dem man die vielen Errungenschaften Revue passieren ließ. Merkwürdigerweise fehlten die letzten hundert Jahre. Von der Qing-Dynastie, die 1911 ihr Ende fand sprang man, fast schamhaft, direkt in die Gegenwart. Alles, worauf man noch vor zwanzig Jahren so mächtig stolz war, wurde jetzt komplett ausgeklammert.

Ein besonderes Highlight war für mich der Aufmarsch der Athleten, nach Ländern sortiert. Auf den Ehrenplätzen saßen Scharen von Staatsoberhäuptern, die ihre Sportler begrüßten; so auch George Dabbelju Bush. Als seine US-Helden einmarschierten sah man ihn stehend mit der Hand auf dem Herzen. So gehört es sich und so sieht man es gern. Als allerdings die winzige Delegation der ebenso winzigen Insel Guam einmarschierte, erwischte die Kameraregie ihn gelangweilt beim Nasenbohren. Das war keineswegs Mißachtung von ihm. Weit gefehlt! Er wußte schlichtweg nicht, daß er auch deren Staatsoberhaupt war!!! Ich wußte es. Und ich sitze noch nicht mal im Mannheimer Stadtrat! God bless America.

Die Massendarbietungen wurden in ihrer Perfektion und Präzision nur noch von der Eröffnungsfeier in Berlin 1936 übertroffen. Knapp! Aber das war ja auch die SA. Das macht mir etwas Angst.

Zum Glück hat die Präsentation Londons bei der Abschlußfeier gezeigt, daß wir 2012 wohl keine Roboterparaden zu befürchten haben werden. Londons Oberbürgermeister Boris Johnson kam zur Übergabe der olympischen Fahne ungekämmt, mit offenem, zerknittertem Jackett und den Händen in den Taschen. Er blinzelte verlegen ins grelle Flutlicht, als ob man ihn gerade noch rechtzeitig von der Couch seiner Kumpels gezogen hätte, auf der er nach der feuchtfröhlichen Willkommensparty eingenickt war. Das läßt hoffen!

Die Schwimmwettbewerbe wurden mir durch die neue Kleiderordnung gründlich verdorben. Selbst wenn die Teilnehmer auf den Startblöcken standen, erschloß sich das Geschlecht des Athleten nur durch einen Blick auf die Anzeigetafel. Die Weltrekorde purzelten in solcher Fülle, als sei das Schwimmen erst vor drei Jahren erfunden worden. Es soll mir bitteschön keiner erzählen, das läge an den neuen Anzügen. Eine Staffel hat den Weltrekord gar um ganze sechs Sekunden verbessert. Waren zuvor in dieser Disziplin nur Nichtschwimmer am Start?

Der Medaillenspiegel spricht, richtig gelesen, eine sehr deutliche Sprache. Während alle (!) anderen Nationen etwa gleich viele Gold-, Silber- und Bronzemedaillen erringen konnten, hatte China mehr Goldmedaillen als Bronze- und Silbermedaillen zusammen. Das läßt nur den Schluß zu, dass man lediglich den vermeintlich sicheren Sieger zum Wettkampf zugelassen hat, während der zweit- oder gar drittbeste Chinese mit Schimpf und Schande aus dem olympischen Vorbereitungslager gejagt wurde. Schon der Gewinner einer Silbermedaille wird als Versager betrachtet. Olympischer Geist?

(Fortsetzung in Teil 2)

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